„Wohnen ist überall alles“
zum Thema „Urbanes Wohnen“
Was ist Wohnen? Ist Wohnen, sich in einer Wohnung, in einem Haus oder in einer Stadt aufzuhalten? Ist Wohnen zu Hause essen, im Restaurant essen, auf der Straße improvisiert essen – im Wohnzimmer lesen, im Park lesen –, zu Hause fernsehen, im Kino Filme anschauen, zu Hause arbeiten, im Büro arbeiten oder in der U-Bahn arbeiten? Wohnen findet übergangslos und irgendwie überall statt. Wohnen hat mit sich befinden, wahrnehmen, reflektieren und zusammenleben zu tun.
Was ist urban? Urban sind städtische Situationen – „urban“ assoziiert Begriffe wie Verflechtung, Vernetzung, Rückzug, Bewegung – physisch und psychisch, formal und funktional. Urban hat zu tun mit Ballung, Mischung unterschiedlicher Atmosphären, unterschiedlicher Nutzungen und sozialer Interaktion. Oft geht es um vielschichtige Veränderungen und Auseinandersetzung mit Mängeln.
Insofern ist urbanes Wohnen ein sehr komplexes, auch uferloses Thema. Aussagen dazu können daher nur fragmentarisch und subjektiv sein. Städte haben global – unabhängig von ihrer Größe – politisch, soziologisch und physisch eine große Eigendynamik; städtebauliches, planerisches Wollen kommt eher eingeschränkt zur Entfaltung. Wenn aber, dann sind die Themen des planerischen Alltags unter anderem die Erhaltung authentischer, auch historischer Strukturen und Identitäten, die Weiterentwicklung sämtlicher Segmente des Wohnungsbaus von grundversorgt bis sehr hochwertig, die Gestaltung des
öffentlichen Raums und die Vernetzung aller Bereiche.
Neben der Kultivierung dieser fundamentalen Alltagsthemen, zu denen bei jeder Planungsaufgabe Stellung genommen werden sollte, haben für uns Projekte und Themen einen besonderen Reiz, bei denen Überlagerung, Verfremdung und Transformation eine Rolle spielen. Gemeint sind Projekte, die mit der Verwischung von Grenzen, Verschränkungen, Schichtungen und Gleichzeitigkeit zu tun haben. So haben wir Projekte geplant, bei denen ein Kirchplatz auch Sport- und Spielplatz sein kann, die Eingangshalle eines Amtes auch Ausstellungsraum sein kann, oder ein Wohnhaus in innerstädtischer Lage sich in besonderer Weise zur Nachbarschaft abgrenzt und gleichzeitig öffnet.
Projekte anderer, die uns in diesem Zusammenhang gefallen, weil sie die Möglichkeiten des Städtischen zeigen, sind etwa Parkhäuser mit multiplen funktionalen Überlagerungen, Raumblasen-Küchen im städtischen Raum, die Umwandlung von Supermärkten in Wohnhäuser, parasitäre Dachaufbauten oder visionäre Raumstrukturen im größeren Maßstab. Im ganz bescheidenen Maßstab finden vielfältige Funktionsverwischungen auch immer wieder in Gründerzeitwohnungen statt.
Oft sind ja die authentischen und interessanten städtebaulichen Situationen die, bei denen sich durch Zeit und pures Leben wirklich vielschichtige, lebenswerte Qualitäten mit großer Authentizität entwickeln. Dies im Planungsprozess zu behandeln und damit zu arbeiten, ist sehr vielversprechend. Letztlich geht es dabei auch um die Ambivalenz aus Determination und Offenheit, aus vorgegebener Planung und möglicher sozialer Teilhabe als wesentlichem Element urbanen Lebens.
Die Architekten
Claudia Meixner, Studium TH Darmstadt und an der Universita degli Studi/ Florenz (DAAD Stipendium), seit 1987 Zeichnung und Malerei - div. Austellungen und Beteiligungen, Lehrtätigkeit an der TH Darmstadt, zahlreiche Auszeichungen. Florian Schlüter, Studium TH Darmstadt und an der Universita degli Studi/ Florenz (DAAD Stipendium), Lehrtätigkeit an der TH Darmstadt und Gesamthochschule Siegen, zahlreiche Auszeichnungen. Martin Wendt, Studium FH Frankfurt a. M., zahlreiche Auszeichnungen; alle drei seit 1997 in der Bürogemeinschaft in Frankfurt a. M. www.meixner-schlueter-wendt.de