Ein verrückter Blick
Zu Kengo Kuma werden regelmäßig Monografien herausgebracht; der japanische Architekt mit internationalem Renommée hat seine Fans, berechtigterweise. Nun liegt mit einem Querformat – nach dem Großformat bei Taschen (2021) – wieder eine Überblickspublikation vor, die allerdings den Fokus auf die Kunst der Fotografin Erieta Attali legt, die mit Kengo Kuma seit mehr als 20 Jahren zusammenarbeitet. Ich sollte schreiben, „kongenial zusammenarbeitet“, denn das, was sie abbildet, fängt das Besondere der Architektenarbeit perfekt ein: das Verschmelzen von Innen und Außen, die Vermittlung ganzheitlicher Raumwahrnehmung und -erfahrung prinzipiell.
Panoramen, Fassadendetails, Raumfolgen, Tragwerk oder Oberflächen, dazwischen, immer unvermittelt, grandiose Landschaften, die das Ende der Welt sein könnten, wenn man noch dran glaubte. Wir sehen Kengo Kumas Werk, aber anders. Selten ist das die klassische Architekturdokumentation, häufig schauen wir in einen Alltag, auf eine Architektur, die belebt, im Gebrauch ist und dennoch vor unseren Augen ruht: Schaut mich an!
Dazwischen, wie zufällig und eher grafisches Element als reiner, informierender Text, Anmerkungen Kumas zu seiner Architektur. Am Ende ein Text von Barry Bergdoll, der das Landschaftsthema Kumas beleuchtet, die Zusammenarbeit mit der Fotografin und sein ganz eigenes, persönliches Erleben von beiden in der Vergangenheit. Eine klassische Werkmonografie haben wir damit nicht, eher einen ganz neuen (und tatsächlich um einige noch nicht publizierte Arbeiten angereicherten), um viele Grade aus dem gewohnten Raster verrückten Blick auf Architektur der Sonderklasse. Be. K.