fink Restaurant & Suites, Brixen/IT
Foto: fink Restaurant & Suites
Vom alten Gasthaus fink in der Altstadt von Brixen blieben nur die tragenden Mauern und Gewölbe aus Mittelalter und Renaissance. Sie geben dem neuen Restaurant fink und den darüberliegenden Suiten ihren einzigartigen Charakter. Die Architekten Stefan Gamper und das Büro Asaggio beschränkten sich beim Umbau schlicht auf Kalkputz, Holz, Terrazzo und Schwarzstahl.
Sehr edel
Vor der Metzgerei Thomas Fink bilden sich oft Menschentrauben. Sie liegt in der „Kleinen Laube“, einer engen Gasse in der verwinkelten Altstadt von Brixen. Die Familie Fink betreibt die Metzgerei in vierter Generation, ihr gehört das Haus und sein Nachbargebäude. Das dortige Restaurant „fink“ mit den neun Suiten in den oberen Geschossen hat gerade einen fundamentalen Umbau hinter sich. Es ist ganz neu und war ein Wagnis.
Das Hotel fink umfasst zwei benachbarte Häuser: Dieses stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Die Gassen der Altstadt von Brixen sind besonders eng, daher haben die Häuser in den oberen Geschossen polygonale Erker
Foto: fink Restaurant & Suites
Einladend breiten sich 18 schöne, schlichte, aufmerksam gedeckte Tische und Holzstühle bis auf die Arkaden und das davorliegende Kopfsteinpflaster aus. Bänke lehnen sich an die Pfeiler und schmiegen sich an die vier mobilen Pflanztröge aus Holz. Ganz selbstverständlich geben sie Gästen die Wahl zwischen Sessel und Bank, die Tische lassen sich rasch zusammenstellen, die schwarzen kleinen Lampen blenden nicht und sind leicht zu verschieben. Es sind diese aufmerksamen Details, die das „fink“ ausmachen.
Paarlauf
Schon der Großvater und die Eltern von Florian Fink, der es gemeinsam mit seiner Frau Petra führt, hatten hier ein beliebtes, bodenständiges Gasthaus betrieben. Nach und nach kamen Bar, Café, Bäckerei dazu. Gattin Petra stammt aus einer Hoteliersfamilie, sie arbeitete im elterlichen Fünf-Sterne-Ressort „Forestis“ in den Dolomiten, während ihr Mann im „fink“ kochte. Die Idee, das Restaurant grundlegend neu zu positionieren und in den Stockwerken darüber ein Hotel der oberen Preisklasse zu errichten, wurde während der Pandemie geboren. „Wir hatten Zeit zum Nachdenken“, sagt die erfahrene Hoteliére. „Wir wollten gemeinsam etwas Neues machen, bei dem wir uns beide verwirklichen können.“ Das Paar beauftragte die Architekten Stefan Gamper mit der Planung des Umbaus und das Architekturbüro Asaggio mit dem Interieur. Ein Dreamteam für diese Bauaufgabe: der Klausner Architekt Gamper hat viel Erfahrung im Umgang mit historischem Bestand, die Architekten von Asaggio haben unter anderem beim „Forestis“ ihre sichere Hand für schlichtes, schönes Design bewiesen.
Eine Nurglasfassade unter dem gotischen Kreuzgratgewölbe sorgt dafür, dass man schon von der Straße
aus durch die Arkaden hindurch ins
Restaurant sieht
Foto: fink Restaurant & Suites
Im Vorgängerlokal waren Architekturmoden der unterschiedlichsten Dekaden zu einem eigenwilligen Stilkonglomerat verwachsen. Hin und wieder drang der Selchgeruch aus der Metzgerei herüber. „Lüftung und Kühlung hingen zusammen“, erklärt Architekt Gamper. „Wir mussten eine technische Grundsanierung machen und alles erneuern.“ Davon sollte die Substanz möglichst unberührt bleiben. Rohre konnten also nicht überall geführt, die Statik musste verstärkt werden.
Einladend präsentieren sich die schönen, schlicht, aber aufmerksam gedeckten Tische mit Holzstühlen und Bänken. Die schwarzen kleinen Lampen blenden nicht und sind leicht zu verschieben
Foto: Isabella Marboe
Respekt vor dem Bestand
Oberste Prämisse beim Umbau war der Respekt vor dem historischen Bestand. Das Haus mit der Fleischerei stammt aus 1774, das angrenzende aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Beide stehen unter Ensembleschutz. Die Architekten behandelten den gesamten Bestand so, als ob er unter Denkmalschutz stünde. Er wurde auf seine Grundstruktur zurückgeführt, dabei kamen hinter Gipskartondecken alte Gewölbe – teils mit Fresken - zum Vorschein, einige Räume waren spürbar höher. Die Bischofsstadt Brixen hat viele Kirchen und Klöster, es könnte auch eines in diesem Haus einquartiert gewesen sein. Die Klarheit und Ruhe der Gestaltung nimmt darauf Bezug. Florian Fink erneuert die Südtiroler Küche und Rezepte von Hildegard von Bingen, die Zutaten kommen aus Klostergärten und von bekannten Lieferanten.
Die polygonalen Erker sind charakteristisch für Brixen und werden zu einem High-Light der Suiten. Ihre Fenster öffnen den Raum, holen Licht herein und erweitern die Perspektive
Foto: fink Restaurant & Suites
„Die Bar stand vorher in der Mitte dieses tiefen Gastraums, wir wollten ihn nach außen öffnen,“ so Architekt Gamper. Nun sorgt eine Nurglasfassade unter dem gotischen Kreuzgratgewölbe dafür, dass man schon von der Straße aus durch die Arkaden hindurch ins Restaurant sehen kann, wo eine Holzbank bis ans Ende des Raums entlangläuft. Der Metallrahmen des Fensters ist verdeckt eingeputzt, man sieht nur einen Hauch davon – eine Herausforderung. „Es muss schall-, und wärmetechnisch funktionieren, der Rahmen viele Kräfte abfangen, dazu kommt die Setzung des Gewölbes. Das braucht ein gewisses Spiel“, erklärt Stefan Gantner. Schall ist gerade in Hotels und Restaurants besonders wichtig.
Das Hauptthema bei der Einrichtung ist die Ruhe, die Materialität ist konsequent reduziert: Böden und Möbel sind aus Eichenholz, Wände mit gespachteltem Kalkputz verputzt, in den Nassräumen liegt Terrazzo
Foto: fink Restaurant & Suites
„Unser Hauptthema war die Ruhe“, so Michael Silbernagl vom Team Asaggio. „Wir haben alles auf sehr wenige Materialien und klare Linien reduziert.“ Böden und Möbel sind aus Eichenholz, Wände mit gespachteltem Kalkputz verputzt. In Rezeption, Restaurant und Nassräumen liegt Terrazzo. Alle Lampen, die Beine des Beistelltisches, die Absturzsicherung über dem Handlauf, der sich so angenehm anfasst, sind aus Schwarzstahl. Zur guten Akus-tik tragen Schallpaneele in Nischen und Möbeln bei. Ein Großteil der oft frei im Raum stehenden Einrichtung ist selbst entworfen: die Lampen, der vielseitige Kasten in den Suiten, der Raumteiler, Badezimmer und Kleiderschrank mit Minibar in einem ist, das Bett mit den umlaufenden Ablagebrettern, die Tische und Sessel im Restaurant. Sie sind eine entschlackte Version der typischen Südtiroler „Herzerlstühle.“ Diese sind aus Massivholz, sehr, sehr robust, mit Zapfenverbindungen verbunden und über Jahrhunderte bewährt. Einzig das namensgebende Herzerl wurde durch einen Türbogen ersetzt: eine motivische Form, die sich auch bei allen Zimmertüren und Spiegeln findet.
Viele Möbel der oft frei im Raum stehenden Einrichtungen sind eigens entworfen: Die Lampen, das Bett mit den umlaufenden Ablagebrettern, der vielseitige Kasten in den Suiten, der Raumteiler, Badezimmer und Kleiderschrank mit Minibar in einem ist
Foto: fink Restaurant & Suites
Kein Zimmer gleich
Die Gassen der Altstadt von Brixen sind besonders eng, daher haben die Häuser in den oberen Geschossen polygonale Erker, deren Fenster den Raum öffnen und erweitern. „Diese Erker bringen Licht von allen Seiten in den Raum“, sagt Gamper. Als großzügige Sitz- und Lesenischen werden sie zu einem wesentlichen Gestaltungselement der Suiten. „Hier kann man den ganzen Tag sitzen und das Geschehen in den historischen Gassen der Altstadt betrachten“, sagt Silbernagl. Besser noch: auch lümmeln und liegen. Die Nische ist mit einem matten schlammgrünen Stoff gepolstert, eine pflegeleichte Mischung aus Wolle und Samt, sehr bequem. „Die Eckdetails der aneinanderstoßenden Fenster schlank zu gestalten, war ein Problem“, sagt Ganter. Es wurde mit einem Stahlprofil von 30 x 30 mm souverän gelöst.
Die Decken des angrenzenden Nachbarhauses liegen um einige Stufen tiefer
Foto: fink Restaurant & Suites
Der Bogen als Zitat der historischen Gewölbe begegnet einem immer wieder – in Türen, Spiegeln und sogar auf der Speisekarte
Foto: fink Restaurant & Suites
Kein Zimmer ist gleich. Der erste Stock – das Piano Nobile – ist höher als der darüberliegende, dafür sind die Räume dort schon heller und der Horizont weiter. Die Decken des angrenzenden Nachbarhauses liegen um einige Stufen tiefer. Schlichtheit erfordert viel Disziplin, jedes Detail, das aus dem Rahmen fällt, irritiert und stört die angestrebte Ruhe. Im ganzen Haus gibt es keine Sockelleiste, Lüftungsschlitze wurden in Möbel integriert und erzeugen keine Zugluft. Die Vorhänge sind absolute Verdunkler, damit man gut schlafen kann. Außerdem dämpfen sie den Schall. Alle Türen sitzen bündig im Kalkputz, alle Rahmen sind eingeputzt, die bogenförmigen Spiegel leicht von der Wand abgesetzt. Ein subtiles Bekenntnis zu ihrer ephemeren Existenz als Zitat.
Projektdaten
Objekt: fink
Standort: Kleine Lauben 4, Brixen/IT
Typologie: Hotel & Restaurant
Bauherrin: Familie Fink
Nutzerin: Familie Fink
Architektur und Bauleitung: Architekt Stefan Gamper, www.gamper.biz
Bauzeit: 01.2023 – 08.2023
Eröffnung: 08:2023
Anzahl der Zimmer: 9
Preis pro Übernachtung: Suiten ab 600 €
Fachplanung
Tragwerksplanung: Ing. Benno Graus, www.studiograus.it
TGA-Planung: Studio Kontakt,
www.studio-contact.it
Lichtplanung: Elektro Huber,
www.elektrohuber.it
Innenarchitektur: ASAGGIO Architecture GmbH, www.asaggio.it
Akustik: NiRA Consulting,
www.niraconsulting.com
Baustellenleitung: ASAGGIO Management GmbH, www.asaggio.it
Hersteller
Beleuchtung: Viabizzuno,
www.viabizzuno.com
Terrazzoböden: Foschini Pavimenti, www.foschinipavimenti.com
Fenster: Wolf Fenster AG,
www.wolf-fenster.it
Möbel: Frener Design,
www.frener-design.com
Sanitär: Gessi, www.gessi.com;
GSI, www.gsiceramica.it
Türen: Gruber Türen,
www.gruber-tueren.com