Mitten im Massenhaften
Zwei Jahre vor seinem Tod im November 2023 erschienen zwei ziemlich massige Bände zum Werk des Architekten, Städteplaners, Zeichners und Bildhauers sowie unermüdlichen Autoren Rob Krier. Der gebürtige Luxemburger hat in diesen beiden Bände in einer Art Arbeitsbiografie sein schon vielfach veröffentliches Werk noch einmal zusammengetragen. Hatte er selbst schon den Überblick verloren?
Ältere Texte von Friedrich Achleitner, der, mit dem Hinweis auf den begrenzten Raum, der einem Vorwort zur Verfügung steht, die Arbeit Kriers auch als konstanten Reibungspunkt im Diskurs zusammenfasst; der längere Text Kenneth Frampton, „Krier in Context“ versucht sich da schon mehr an einer Einordnung des Werks in den größeren Zusammenhang der Baugeschichte. Aber: Beide Texte sind schon etwa 40 Jahre alt. Kam nichts dazu? Nichts Freundliches? Ein kurzer Text, im zweiten Band, von Michael Graves, „The figural City“ ist von 2003, einzig ein Beitrag Kriers selbst, − in der er seine Motivation für die Publikation erläutert, was im Wesentlichen eine Art Abrechnung ist mit dem Baugeschäft, dessen Mechanismen der Architekt eher kritisch als hoffnungsvoll betrachtet, − allein dieser Text ist naturgemäß neueren Datums (2015) und noch nicht publiziert.
Das Eigentliche aber sind die 3 000 Abbildungen, die selten längere Textbeigaben haben und häufig für sich stehen. Architektur- und Städtebauprojekte und Realisierungen, dazwischen immer Zeichnungen menschlicher Torsi und Fotos oder Zeichnungen von Skulpturen, die einen großen Teil des Werks ausmachen.
Wie aber mit „The Work“ arbeiten? Die Bände seien, so ist auf der Verlagsseite zu lesen, auch für den interessierten Laien zugänglich. Was einerseits stimmen mag – viele Bilder, ein schier endloser Bilderstrom –, andererseits jedoch ein Interesse an Architektur und Skulptur voraussetzt, das wohl mehr sein sollte, als die Freude an Farben und Formen, Malerie und Zeichenkunst. Denn natürlich offenbart sich dem an Postmoderne und Städtebautheorie geschulten Auge eine ganz eigene Welt, die singulär in Westeuropa dasteht, wobei das Singuläre eben leider in dieser Publikation im Massenhaften auf der Strecke bleibt.
Was hätte man gewonnen, wäre ein Kunsthistoriker, ein Freudianer, ein Achleitner 4.0 eingeladen gewesen, die hier offenliegenden Fäden aufzugreifen und zu einem Ganzen zu formen! Rob Krier hat uns sein Werk vorsortiert zwischen vier Buchdeckel gepackt und dann wohl gedacht: Und jetzt seid ihr dran! Ja, jetzt sind wir wohl dran, den Krier (den einen von beiden) neu zu entdecken. Ob wir das in den beiden Bänden schaffen? In jedem Fall erhalten wir eine Ahnung davon, was sein könnte, hätten wir mehr Mut zu sagen: Lieber Egon Eiermann, ein Architekt kann eben doch auch ein Maler und ein Bildhauer sein! Und nicht selten würde das dem gebauten Werk auch mehr als nur gut tun, es würde es sogar bereichern, es weiter, offener machen und damit langlebiger. Und – das wohl auch – uns teurer. Was meint: näher dem Herzen. Be. K.