Erdrückend detailliert

Eigentlich liegen die beiden Bände schon seit 1992 bei Nicolai vor, sie sind vergriffen, aber antiquarisch noch zu haben. Jetzt, irgendwie in der anhaltenden Stille der Diskussion um den Wiederaufbau des Berliner Schlosses, bringt der Berliner Verlag eine einbändige Ausgabe auf den Markt.

Der erste Band zur Geschichte des Schlosses zu Berlin erschien in den 30er Jahren (in zwei Teilbänden), der zweite Teil wurde posthum 1992 mit dem ersten veröffentlicht. Ein Jahr, bevor Wilhelm von Boddien seine Schlossattrappe aufbauen durfte. Wer den zweiten Text-/Bildteil dem Verlag zum Druck überließ? Herr von Boddien! Honi soit qui mal y pense.

Dem Verlag ist der schwergewichtige Foliant „für alle aktuellen Diskussionen über den Neubau des Berliner Stadtschlosses eine unverzichtbare Grundlage“, was sich dem Rezensenten sofort erschließt. Dass die Darstellung der langen Baugeschichte aus der Sicht des Direktors der königlichen Schlossbaukommission unter Wilhelm II. heutigen historischen Erkenntnismitteln nicht mehr genügt, dürfte auf der Hand liegen. Die „detaillierte Beschreibung von Ausstattung und Einrichtung der zahlreichen Schlossräume, mit über 500 Plänen, Zeichnungen und gestochen scharfen Fotografien“ allerdings ergibt den Eindruck, dass eine Rekonstruktion, die erstens in wenigen Jahren erstellt werden soll und zweitens so gut wie nichts kosten darf, der reine Wahnsinn ist; die hier gezeigten Bilder und Zeichnungen offenbaren jedenfalls die erdrückende Komplexität der unmöglich zu erweckenden Schlossleiche. Auch meinen Dank, Herr von Boddien! Be. K.

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