Modulares Bauen mit vorgefertigten Sanitärwänden und -schächten
Fachkräftemangel, Zeitdruck und sprunghafte Kostenentwicklungen lassen das modulare Bauen mit vorgefertigten Baugruppen auch im Hotelbereich immer mehr an Bedeutung gewinnen. Der Einsatz industriell vorgefertigter Sanitärwände und -schächte zahlt sich nicht nur bei Neubauten aus, sondern auch bei der Sanierung und der funktionalen Umnutzung von Gebäuden. Die modularen Systeme bewähren sich als Baubeschleuniger und steigern die Sicherheit im Planungs- und Bauprozess ganz erheblich.
Text: Olaf Löchte
Im achtgeschossigen Hotel- und Apartmentgebäude Flowers in der Essener Innenstadt wurden die Bäder der 150 Hotelzimmer binnen kurzer Zeit installiert und fertiggestellt
Foto: Roland Borgmann Fotografie
Es liegt auf der Hand, dass die Vorteile des modularen Bauens mit der Größe des Objekts immer stärker zum Tragen kommen. Der Faktor Zeit ist bei Hotelprojekten oft besonders kritisch. Neubaumaßnahmen haben sehr enge Zeitpläne und fixe Eröffnungstermine. Bei Hotelsanierungen werden Gebäude ganz oder teilweise geschlossen, je nach Grundriss. Jeder Verzug im Zeitplan kollidiert unmittelbar mit weit im Voraus bestätigten Buchungen. Deshalb lautet gerade hier die Prämisse „Schnell und Reibungslos“. Besonders bei sich wiederholenden und relativ regelmäßigen Grundrissen können vorgefertige Sanitärwände und -schächte ihre Effizienzvorteile voll ausspielen. Wo früher Installateur:innen und Trockenbau-er:innen Hand in Hand und in engen Bädern Sanitärwände und -schächte aus hunderten von Einzelteilen zusammengebaut haben, kommen diese heute komplett vorgefertigt auf die Baustelle. An Ort und Stelle werden sie nur noch ausgerichtet, am Baukörper fixiert und die Rohrleitungen miteinander verbunden. Je komplexer die architektonischen Ansprüche und je höher die funktionale Ausstattung der Sanitärwände und -schächte, desto vorteilhafter ist der Kostenvergleich zur konventionellen Bauweise.
Besonders bei gleichförmigen Grundrissen zahlt sich der Zeitvorteil vorgefertigter Sanitärwände aus. Beim Hotel- und Apartmentgebäude Flowers wurden die Sanitärwände in einem Stück mittels eines Krans in das jeweilige Bad transportiert, ausgerichtet und mit dem Baukörper verknüpft. Die baulichen Gegebenheiten bei der Anlieferungssituation sollten schon bei der Planung berücksichtigt werden
Foto: TECE
Welche Varianten von vorgefertigten Sanitärwänden gibt es?
Üblicherweise werden Sanitärwände als halb- oder raumhohe Vorwände vor einer bereits erstellten Massiv- oder Trockenbauwand installiert. In vielen Fällen bietet sich allerdings zu dieser Bauweise eine lohnenswerte Alternative: die Installation einer raumhohen Sanitärwand als eigentliche Zwischenwand. Das reduziert nicht nur den Bauaufwand und die Flächenlast, sondern gibt auch wertvollen Bauraum frei. Werden z. B. in einem Hotel zwei benachbarte Bäder auf diese Weise über eine raumhohe Sanitär-Zwischenwand erstellt, so reduziert sich die übliche Bautiefe (Vorwand + Zwischenwand + Vorwand) von ca. 55 cm auf ca. 33–43 cm, je nach Anordnung der Sanitäreinrichtungsgegenstände. Wer regelmäßig die Raumaufteilung mit Dusche, Waschtisch und WC für ein Hotelbad entwirft, der weiß, dass jeder Zentimeter zusätzliche Raumtiefe die Badplanung
enorm erleichtert. Darüber hinaus reduziert diese Variante die Investitionskosten der technischen Gebäudeausrüstung erheblich, da die beiden Hotelzimmer über einen gemeinsamen Installationsstrang versorgt werden können. Diese Variante bietet sich aber auch, unter Beachtung der jeweiligen Schallschutzanforderungen, als Zwischenwand zum Wohn- und Schlafraum eines Boardinghauses sowie von Microapartments an.
Schacht mit teilhoher Vorwand
Abb.: TECE
Raumhohe Vorwand
Abb.: TECE
Sanitärwand als Trennwand
Abb.: TECE
Versetzte Schachtwände mit Sanitärwand als Kreuz
Abb.: TECE
Welche Lösungen gibt es es beim Brandschutz und Schallschutz?
Baurechtliche Anforderungen an Brand- und Schallschutz werden im Modulbau quasi systematisch erfüllt. So lässt sich der Komplex aus Anforderungen, Normierungen und Baukoordination für den Sanitärbereich effizient bearbeiten. Nach einer Detailbetrachtung – auf dem Papier oder vor Ort – entscheiden sich die Projektbeteiligten für eine der beiden brandschutztechnischen Lösungen des Systemanbieters. Bei TECE handelt es sich dabei entweder um die klassifizierte TECEsystem-Brandschutzlösung im Deckenschottprinzip oder die Installationsschachtlösung in Verbindung mit einer maschinell eingebrachten Einblasdämmung aus nichtbrennbarem, mineralischem Dämmgranulat, wobei die Sanitärwände nach der Beplankung von einem zertifizierten Unternehmen mit einer Einblasdämmung verfüllt werden.
Die wirtschaftlichste Lösung hängt von den örtlichen Gegebenheiten und dem notwendigen Bauumfang ab. Es ist deshalb wichtig, dass die Beteiligten den besten Weg frühzeitig gemeinsam erarbeiten, um die Planungen abzustimmen und eine sinnvolle „Taktplanung“ für die Ausführungsarbeiten festzulegen. So kann man bei Bestandsgebäuden auf der Basis der örtlichen Gegebenheiten wie der Bauteilkonstruktionen (z. B. Holz- oder Betondecken, Wand- und Deckenstärken), den Platz- und Raumverhältnissen (Größe der Versorgungsschächte und Deckendurchbrüche) sowie deren Belegung mit TGA-Installationen flexibel reagieren, um die baurechtlichen Schutzziele des Brandschutzes sicherzustellen.
Ähnliches gilt beim Schallschutz. Die praxisgerechte Systemlösung richtet sich nach den geschuldeten Schallschutzanforderungen nach DIN 4109 bzw. VDI 4100 und ist auch im Systembau stets ein Bündel vieler Einzelmaßnahmen, die erst im Zusammenspiel ihre volle Wirkung entfalten. Deshalb sollte jede projektspezifische Bausituation in ihrer Gesamtheit betrachtet werden, verbunden mit einer sorgfältigen Planung und fachgerechten Ausführung.
Sanitär-Trennwände: Detaillierte Fertigungszeichnungen für jede individuelle Badsituation bilden die Handlungsgrundlage für den Fachhandwerker vor Ort. Im vorliegenden Entwurf wurden die Bäder so geplant, dass sie aneinandergrenzen und geschossweise übereinanderstehen. Die raumhohen vorgefertigten Sanitärwände dienen
dabei gleichzeitig als Versorgungsschächte
Abb.: TECE
Wie sieht der Zeitvorteil in der Praxis genau aus?
Stefan Wagener, Geschäftsführer der modulbauservice GmbH (Hamburg), verweist am Beispiel eines Neubauprojekts bei Berlin auf die hohen Taktraten: „Wir bekommen hier pro Lieferung die Schächte und halbhohen Vorwände für 18 Bäder. Für deren Aufstellung benötigen wir nur zweieinhalb Tage, dann sind die 18 Bäder bereit für die Beplankung.“ Ähnliche Erfahrungen zeigen sich auch bei Sanierungsprojekten mittlerer Größe von Michael Hüppe. Der Architekt, der den Umbau des arthotels bakker auf Borkum mit 45 Bädern betreute, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Für einen bestimmten Zeitraum hätten wir bei einer konventionellen Bauweise die dreifache Manpower benötigt.“ Am Beispiel eines Sanierungsprojektes mit 48 Wohneinheiten, zwei Steigsträngen, zwei halbhohen Wandvarianten und vier Schachtvarianten (Heizung, Trinkwasser, Abwasser und Lüftung) zeigen vergleichende Kalkulationen eine Gesamtzeitersparnis von 51 Prozent im Vergleich zur konventionellen Bauweise.
Raumtrennwände müssen Schall- und Brandschutzanforderungen erfüllen. Den Eignungsnachweis für den Schallschutz hat TECE beim Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP) in Stuttgart erbracht. Die brandschutztechnische Ertüchtigung wird durch die maschinell eingebrachte Einblasdämmtechnik sichergestellt. Die brandschutztechnische Verantwortung einschließlich Erstellung der baurechtlich notwendigen Dokumentation übernimmt die zertifizierte Fachfirma für die Einblasdämmtechnik durch die Übereinstimmungserklärung
Abb: TECE
Wie läuft der Planungsprozess ab?
Um möglichst viele Vorteile des modularen Bauens mit vorgefertigten Sanitärwänden und -schächten zu nutzen, sollten diese bei der
Vor-, Entwurfs- und Genehmigungsplanung
(Leistungsphase 2 bis 4 nach HOAI) in Leistungsphase 2 oder 3 in Betracht gezogen werden.
– Erstellung des Anforderungsprofils: In jedem Fall bewährt sich die frühzeitige Beteiligung des Systemanbieters. Zusammen mit Architekt:in und TGA-Planer:in werden die individuellen Anforderungen des Projekts aufgenommen und baurechtliche Fragestellungen projektbezogen geklärt. So entsteht ein abgestimmtes, individuelles Konzept für die gewünschten Sanitärwände und -schächte. Bei Bedarf wird bereits in dieser Phase ein Prototyp erstellt. Die Beteiligung eines Systemanbieters in dieser frühen Phase ist wichtig, weil z. B. auch Sanitärwände als Trennwände noch berücksichtigt werden können.
– Konfiguration: Der Systemanbieter konfiguriert für die modularen Sanitärwände und -schächte alle Baugruppen. Damit entfällt für die Fachplaner:innen die komplexe Detailarbeit der Massenermittlung – von der Schallschutz-Rohrschelle bis zum letzten Meter der Tragwerkskonstruktion.
– Ausschreibung: Alle notwendigen Unterlagen und Leistungsbeschreibungen erstellt der Systemanbieter für jeden Wandtyp und übergibt sie an die Fachplaner:innen. Man unterscheidet in Wandtypen und den jeweils individuellen Sanitärwänden, die auf dieser Basis vorgefertigt werden. Ein Wandtyp kann z. B. „Schacht mit halbhoher Vorwand rechts“ sein, der 40-mal vorgesehen ist. Die Ausführung der Sanitärwände dieses Typs ist dann insbesondere bei den Steigleitungen individuell. So hat eine Schachtwand im Erdgeschoss natürlich andere Rohrleitungsdimensionen als im 12. Obergeschoss. Aus den unterschiedlichen Wandtypen resultieren also viele individuelle Sanitärwände.
– In der Angebotsphase werden i. d. R. nur die unterschiedlichen Wandtypen ausgeschrieben. Da sich die darauf basierenden, individuellen Sanitärwände kostenmäßig kaum unterscheiden, kann auf dieser Basis auch gut pauschaliert angeboten werden.
– Nach Auftragsvergabe beginnt der Systemanbieter mit der Fertigungsplanung jeder einzelnen Sanitärwand. Dazu benötigt er vom Architekturbüro die finale Werksplanung, Gebäudeschnitte und die Bad-Detailplanung sowie die TGA-Fachplanung. Darüber hinaus bietet TECE bei Bedarf eine örtliche Auf-
maßunterstützung an. Hierbei überprüft die verantwortliche Anwendungstechniker:in von TECE gemeinsam mit den Fachhandwerk-er:innen die wichtigsten Rohbaumaße wie z. B. Raumabmessungen und Durchbrüche, die Zuwegung zu den Aufstellungsorten sowie die Anlieferungs- und Entladeverhältnisse.
– Nach finaler Prüfung der Fertigungsplanung und schriftlicher Produktionsfreigabe durch die Fachhandwerker:innen beginnt die Fertigung der Sanitärwände und -schächte. Der begleitende Anwendungstechniker ist bei der ersten Anlieferung vor Ort und weist die Monteur:innen des Handwerkers ein. Im weiteren Verlauf des Projekts hält er engen Kontakt zur Baustelle, um z. B. Änderungswünsche frühzeitig in die Produktion einfließen zu lassen.
Durch den Einsatz vorgefertigter Installationswände können 30-40 % der Arbeitszeit auf der Baustelle gegenüber konventioneller Bauweise gespart werden. Stefan Wagener, Geschäftsführer der modulbauservice GmbH: „Anstelle von vier bis sechs Leuten benötigen wir nur zwei Monteure zum Aufstellen.“
Foto: Bettina Meckel-Wolf
Wie sieht der Kostenvergleich zu konventionellem Bauen aus?
Da bei den vorgefertigten Sanitärwänden und -schächten im Prinzip das gleiche Material verbaut wird wie in „loser“ Bauweise mit Einzelteilen, ist der Materialaufwand auf gleichem Niveau. Hinzu kommen die Kosten für die Vorfertigung im Werk, die auf der Baustelle als Arbeitsaufwand entfallen. Hier ergeben sich grundsätzlich Vorteile, weil der industrielle Prozess deutlich effizienter ist als die Baustellenfertigung. Kürzere Wege, seriell wiederkehrende Arbeitsschritte oder die einfachere Materialvorhaltung sprechen für die Vorfertigung. Zudem entfällt das tägliche Einrüsten des jeweiligen Arbeitsplatzes. Entscheidend ist aber in der Angebotsphase, wie das anbietende Installationsunternehmen seinen Arbeitsaufwand kalkuliert. Wer erstmalig ein Angebot für die Installation von vorgefertigten Sanitärwänden kalkuliert, schätzt den Arbeitsaufwand erfahrungsgemäß höher als mit dem System vertraute Anwender:innen.
Autor Olaf Löchte ist Brandschutz-Experte und Technischer Leiter Anwendungstechnik Systembau bei TECE, einem global tätigen Hersteller von Sanitär- und Installationssystemen.
Autor Olaf Löchte ist Brandschutz-Experte und Technischer Leiter Anwendungstechnik Systembau bei TECE, einem global tätigen Hersteller von Sanitär- und Installationssystemen.
www.tece.com
Foto: TECE