Niedersachsen reformiert LBO
Auch wenn der Bund immer wieder Entwarnung gibt: Verbände, Industrie, aber auch die Landesregierungen sehen dringenden Handlungsbedarf in der stagnierenden Baubranche. Die Klagen einer Vielzahl der hier Involvierten richtet sich gegen den Vorschriftenwust, der vor allem in den Landesbauordnungen (LBO) in jedem Bundesland variierende Hemmnisse in Planungs- und Genehmigungsverfahren aufwirft.
Hier war die LBO 2012 gefordert: „Stadtkrone“, Wohnraum auf Parkhaus (Cityförster, Hannover). Geht das demnächst einfacher?
Foto: Benedikt Kraft
Niedersachsen möchte nun mit dem seit Monaten andauernden Gerede Schluss machen und hat sich die landeseigene LBO vorgenommen. Unter dem Motto „Der Staat muss loslassen“ (Landesbauminister Olaf Lies von der SPD) hatte das rot-grüne Landeskabinett im April einen Gesetzesentwurf vorgelegt, dem die Architektenkammer Niedersachsen schon mal zustimmte. Kammerpräsident Robert Marlow: „Wir unterstützen den vorliegenden Gesetzentwurf, da er sowohl das Potenzial bietet, das Bauen im Bestand erheblich zu erleichtern und die Baukosten – auch im Neubau – deutlich zu senken als auch vor dem Hintergrund des Klimaschutzes die richtige Vorgabe zur Weiternutzung von Bestandsgebäuden darstellt.“ Dass man „an einigen Stellen noch Nachbesserungsbedarf sowie bislang noch ungenutztes Potenzial für weitere Vereinfachungen“ sieht, ist nachvollziehbar, schaut man in den mehr als 40-seitigen Änderungsantrag.
Aber der könnte noch umfangreicher sein, zielte der aktuelle Reformvorstoß des federführenden Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung zur Änderung der LBO von 2012 nicht vor allem „auf die „Erleichterung der Schaffung von Wohnraum“. Die Novelle zielt auf eine Reduktion der Auflagen, so beispielsweise den Wegfall des sonst obligaten Aufzugs bei bestimmten Umbauten oder die Streichung der Parkplatzpflicht. Grenzabstände für Neubauten werden verringert. Hervorzuheben wäre noch der neue
§ 85a LBO, der das Bauen im Bestand erleichtern könnte, da mit seiner Anwendung vorhandene Bauteile nicht mehr auf Neubaustandard ertüchtigt werden müssten. Insbesondere die Neufassung des § 85 a macht aus Sicht der Feuerwehren (uneinheitlicher Baubestand führt zu unzuverlässiger Risikobewertung) Probleme. Auch die Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung sieht Gefahren dann, wenn der Baustandard des Bestandes auch für die Aufstockungs- und Umbaumaßnahmen gilt. Hier würde sich die Frage stellen, ob damit ein ausreichender Brand- und Schallschutz gesichert werden könne.
Der Reformprozess ist angestoßen, der aus dem Süden der Republik gesetzte Impuls „Gebäudetyp E“ hat im Norden offenbar ersten, praktisch relevanten Widerhall gefunden. Für den Landesvorsitzenden des BDA Niedersachsen, Dilek Ruf, ist die Initiative ein „umfassender Ansatz für den Abbau überzogener Bauvorschriften“, wie es ihn bisher in keinem anderen Bundesland gibt. „Ich glaube“, so Dilek Ruf in der Wirtschaftswoche, dass „dieser Gesetzentwurf aus Niedersachsen […] eine Blaupause für ganz Deutschland [wird]. Da steckt ohne Übertreibung ein Paradigmenwechsel drin.“ Wenn nicht gar eine Zeitenwende. Nun könnten andere nach- und vorbeiziehen. Länderkonkurrenz belebt das Geschäft! Be. K.