Piet Hein Eek Hotel, Eindhoven/NL
»Das Material mit Respekt zu behandeln und es respektvoll zu verwenden, seine Qualitäten zu zeigen und seinen Wert zu schätzen, ist für mich die nachhaltigste und wirtschaftlichste Art und Weise zu produzieren.« Piet Hein Eek, Designer
Foto: Thomas Mayer
Im sogenannten Strijp R befand sich eines der drei Philips Industriegebiete in Eindhoven, die zwischen 1920 und 1950 errichtet wurden, wobei im Strijp R, im Gegensatz zum Strijp S und Strijp T in erster Instanz Radios und Fernseher produziert wurden. Mit dem Kauf der bereits seit Jahren leerstehenden und ungenutzten Industriehallen und dem Umzug nach Eindhoven, mitten ins Herz der jährlich im Oktober stattfindenden Dutch Design Week (DDW), begann 2010 für den Möbeldesigner und Möbelbauer Piet Hein Eek ein neuer Unternehmens- und Produktionsschritt, der der steigenden Nachfrage und der sich stetig vergrößernden Kollektion des Unternehmens gerecht werden musste.
Die Art und Weise wie der Designer entwirft – von der Skizze direkt in die Produktionswerkstatt – und seiner Wertschätzung der gebrauchten Materialien und Objekte (Hölzer, Metalle, Möbel, Fenster, Schallplatten, Lampen, etc.) macht das Hotel, das mit eben diesen Objekten ausgestattet ist, zu einem Pilotprojekt und Unikum. Der Erfolg der Firma entspricht, wie Piet Hein Eek betont, dem Wunsch der Käufer, zu wissen, wo die Produkte, die sie erwerben, herkommen und wie sie produziert werden. „Alt-und-gebraucht-aussehend“ ist bei Piet Hein Eek nicht einfach ein aufgeklebtes Etikett, sondern alles entsteht tatsächlich durch die Wiederverwendung alter Hölzer, Eisen- und Stahlelemente.
Der Aufzugturm wirbt mit seiner Beleuchtung für das neue Hotel auf dem ehemaligen Philips Gelände
Foto: Thomas Mayer
Ein sehr persönliches Projekt
Im Gespräch mit Piet Hein stellt sich heraus, dass das im November 2021 eröffnete Hotel mit seinen 13 Zimmern ein sehr persönliches Projekt ist. Nicht nur die Idee, die leerstehende ehemaligen Lagerfläche im 2. Obergeschoss in ein Hotel zu verwandeln, sondern auch die gesamten Einrichtungsgegenstände und das Zimmerdesign stammen aus seiner (Ideen-)Werkstatt. Stühle, Betten, Nachtschränke, Einbauschränke und die Badezimmermöbel bis hin zu den Türgriffen, Leuchten und Steckdosen sind von ihm entworfen oder wurden von ihm an Designerkolleg:innen in Auftrag gegeben. Zusammen mit den verschiedenen, neu gestalteten und öffentlich zugänglichen Gemeinschaftsräumen im ersten Obergeschoss kann das Hotel auch als Showcase des Möbeldesigners und -bauers gesehen werden.
Die Rezeption im 1. Obergeschoss bietet Platz für das Nötigste und nicht mehr
Foto: Thomas Mayer
Alles unter einem Dach
Die Idee, in den Produktions- und Ausstellungshallen auch ein Hotel unterzubringen – sie entstand etwa 2015 –, entwickelte sich aus dem Wunsch heraus, das bereits Bestehende, also Bar, Büro, Shop und Sekretariat, durch ein kleines Hotel rentabel zu machen. Mit den Umbauarbeiten begann die Firma Anfang 2020, also mit dem Beginn der Coronakrise. Nach rund 18 Monaten Bauzeit konnte das Hotel dann im Herbst 2021 offiziell in Betrieb genommen werden. Es ist im 2. Obergeschoss des Hallenkomplexes untergebracht. Seine Sichtbarkeit wird durch den hohen Aufzugturm an der Gebäudeecke, die beleuchteten „HOTEL“-Kuben und durch eine von Jan van der Ploeg entworfene farbige Grafik auf der weitgehend geschlossenen, westseitigen Backsteinfassade des Erschließungsturms noch verstärkt. Im Zuge der Umbauarbeiten entschloss man sich, das bereits bestehende Restaurant umzugestalten und vom Erdgeschoss ins 1. Obergeschoss zu verlegen und damit zweckmäßig mit der neuen Hotellobby und einer ersten großen Dachterrasse von ca. 190 m² zu verbinden. Auf dieser Ebene befinden sich auch die Ausstellungsräume (die so genannte wonderkamer), ein großes Sitzungszimmer und ein Studio, das mit dem Sitzungszimmer über eine große, in der Mauer versteckte Drehtür tagsüber verbunden werden kann.
Dort wo sich im Aufzugturm zuvor ein großer Lastenaufzug mit Fluchttreppe befand, lockt heute eine kleine Bar mit dazugehöriger Dachterrasse von ca. 55 m² die Gäste. Durch die neu hinzugefügten, horizontalen Stahlrahmenfenster und die entlang der Außenwände angeordneten hölzernen Tresen erhalten die Barbesucher einen guten Überblick über das in ein Wohnviertel umgebaute, ehemalige Philips-Gelände.
Von der Dachterrasse im 1. Obergeschoss aus können Gäste über das ehemalige Philipsgelände schauen. Die explosive Skulptur stammt vom mexikanischen Künstler Daniel Ruanova
Foto: Thomas Mayer
Lichtdurchflutete Hotelzimmer
Im 2. Obergeschoss befinden sich die 13 Hotelzimmer, die jeweils von einem anderen Künstler gestaltet sind. Grundrisse, Lage und Größe der Gästezimmer wurden durch die vorhandene Stahlbetonkonstruktion und die Achsabstände der Stützen bestimmt. Der zentrale Gang bildet sozusagen das Rückgrat, von dem aus die nord- oder südseitig orientierten Zimmer betreten werden können.
Transparenz wird durch die breiten und hohen Fenster- und Türverglasungen, aber auch durch die verglasten Zwischenwände erzeugt, die im gesamten Gebäude wiederzufinden sind. Die Rahmen und Verglasungen, ebenso wie die Scharniere und Fenstermechanismen wurden im Zuge der anfänglichen Instandsetzungsarbeiten aus den zum Abriss freigegeben Industriehallen der anderen Produktionswerkstätten entfernt, gesammelt, restauriert und in den Werkstätten von Piet Hein Eek wieder eingebaut.
Das große Sitzungszimmer im 1. Obergeschoss ist über eine große Drehtür mit dem Studio verbunden
Foto: Thomas Mayer
Auch in den beinahe 4 m hohen Hotelzimmern wurden die großformatigen Fenster konserviert und restauriert und mit Isoliergläsern thermisch verbessert. Durch diese großen Fens-teröffnungen entsteht ein spannender Kontrast zwischen dem Tageslicht (Helligkeit, Leichtigkeit, etc.) und den in dunklen Farben getauchten Zimmern sowie der massiven Inneneinrichtung. Besonders deutlich wird dieser Kontrast im Gang, der mit dunklen, breiten und rohen, wiederverwerteten Holzbrettern verschalt wurde und der durch die originalen, industrieartigen Fensterfronten an beiden Flurenden natürlich belichtet wird.
Jedes Zimmer hat seine eigene Grundfarbe. Die Betten, Nachtkästchen, Leuchten und Einbauschränke stammen aus der eigenen Kollektion oder sind restaurierte Möbelstücke, die Piet Hein Eek gesammelt hat. Selbst die Abdeckungen der Stecker und Lichtschalter, sowie die Sockelleisten aus Kupfer, Messing oder Edelstahl und die Leuchten der Schlaf- und Badezimmer wurden mit wenigen Ausnahmen selbst entworfen. Zur Gestaltung der Kunstwerke der einzelnen Räume – Gemälde oder Objekte – wählte Piet Hein Eek wiederum Künstler, die in der Galerie – der „wonderkamer“ – ausstellen, oder die zum Teil Atelierräume in der Anlage mieten: der bildende Künstler Sjimmie Veenhuis, der Maler und Grafiker Jan van der Ploeg, der japanische Fotograf Tokihiro Sato oder der mexikanische Künstler Daniel Ruanova. Ihre exklusiven und großformatigen Werke sind ebenso zu sehen wie die vom Maler Marc Mulders, dem Architekt und Fotografen Willem van den Hoed und den Skulpturen vom bildenden Künstler Tom Claassen.
Das Restaurant befand sich vor dem Umbau zum Hotel im Erdgeschoss des Gebäudes, was wenig zweckmäßig erschien. Zusammen mit der Hotellobby, der Rezeption und der Dachterrasse bildet es jetzt eine Einheit
Foto: Thomas Mayer
Die Arbeiten für die technischen Gebäudeausstattung in Form von Fußbodenheizungen in den individuell gestalteten Badezimmern, den raumseitig nachisolierten Außenmauern, des nachisolierten Flachdachs sowie des Heiz- und Kühlsystems für die Zimmer wirken angesichts der exklusiven Verarbeitung und der Fülle an Kunstwerken fast nebensächlich. Ganz im Sinne seiner Unternehmens- und Designphilosophie lässt Piet Hein Eek nun die Dächer des gesamten Komplexes mit Solarzellen ausstatten und stellt das gesamte Heizsystem auf Holzöfen für Briketts um, die sie in den Werkstätten aus dem Holzabfall selbst pressen.
Wie Piet Hein Eek zugibt, fehlt ihm aufgrund der Coronaeinschränkungen noch die nötige Erfahrung bezüglich der Rentabilität des Hotels. Sicher ist, dass sein Enthusiasmus und sein Ideenreichtum etwas geschaffen haben, was in dieser Form einzigartig ist.
Der Gang vor den Hotelzimmern wurde mit breiten und rohen, wiederverwerteten Holzbrettern verschalt, die eine eigene Geschichte erzählen
Foto: Thomas Mayer
Text: Michael Koller, Marseille
Die großformatigen
Fenster in den 4 m hohen Hotelzimmern stammen aus dem Abbruch anderer Produktionshallen. Sie wurden restauriert und mit Isoliergläsern thermisch ausgewertet
Foto: Thomas Mayer
Jedes Zimmer wurde individuell gestaltet, in dem eine eigene Grundfarbe den Ton angibt, der durch eine
Auswahl von Objekten und Gemälden ergänzt wird. Die Betten, Nachtkästchen, Leuchten und Einbauschränke stammen aus der eigenen Kollektion oder sind restaurierte Möbelstücke, die Piet Hein Eek gesammelt hat
Foto: Thomas Mayer
Alle Badezimmer wurden individuell und mit unterschiedlichen Möbeln, Fliesen, Armaturen und Leuchten eingerichtet
Foto: Thomas Mayer
Grundriss 2.Obergeschoss, M 1 : 400
Grundriss Hotelzimmer, M 1 : 150
Skizze: Piet Hein Eek
Projektdaten
Objekt: Hotel Piet Hein Eek
Standort: Beeldbuisring 201, 5651 HA Eindhoven/NL
Architektur, Innenarchitektur: Piet Hein Eek & Iggie Dekkers (Eek en Dekkers BV), Eindhoven/NL,
www.piet.heineek.nl
Nutzer: Het Hotel van Piet Hein Eek
Bauleitung: De Productie van Piet Hein Eek BV
Eröffnung: Oktober 2021
Anzahl Zimmer: 13
Preis pro Übernachtung: ca. 140 €
www.hotelpietheineek.nl
Hersteller
Betten: Auping, www.auping.com
Teppiche: Best Wool Carpets BV, www.bestwoolcarpets.com
Heiz- und Kühlsystem: Jaga Deutschland GmbH, www.jaga.com
Bettwäsche: YUMEKO BV,
www.yumeko.de