Verführen und Verkaufen! –Gedanken zum Hospitality Design

Corinna Kretschmar-Joehnk & Peter Joehnk zum Thema „Hotel”

Das Hospitality Design, also all das, was Räume für Gäste schöner und behaglicher machen soll, hat in den letzten Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Hausdame einen gewagten Entwurf der Innenarchitekten mit dem Kommentar kippen konnte, dass sie zum Putzen drei Minuten länger bräuchte. Auch heute werden selten weiße Teppiche und Klavierlack eingesetzt, aber bei den Entscheidern in Hotellerie und Gastronomie hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass für den Gast und nicht für die Haus-dame gebaut wird. Allerdings bleiben drei Minuten immer noch drei Minuten. Bei 200 Hotelzimmern sind das 600 Minuten am Tag, und das bedeutet eine zusätzliche Reinigungskraft. Setzt man den Renovierungsturnus eines Hotelzimmers mit 10 Jahren an, dann multiplizieren sich die drei Minuten auf 36 500 zusätzliche Stunden. Dennoch: Wichtiger als die Zimmer zu putzen, ist zunächst einmal, Gäste in die Zimmer zu bekommen – denn wenn die nicht kommen, braucht auch nicht gereinigt zu werden.


Hospitality Design ist angewandtes Marketing

Die Zeichen der Zeit stehen auf Wandel. Ein Wandel, der Hospitality Design als Teil des Marketings begreift. Denn eine Innenarchitektur, die für glückliche Gesichter am Frühstückstisch sorgt, muss zuallererst dem Fisch schmecken und dann dem Angler. Hospitality Design bedeutet nicht nur cooles Ambiente, sondern je nach Betreiber, je nach Hotelmarke und je nach Gästestruktur, das am besten passende Design. Das Fitting ist entscheidend, die Übereinstimmung von Markenkern und avisierter Fremdwahrnehmung. Hospitality Design kann dabei alles sein, nur nicht langweilig: Themenorientiert, stadtspezifisch, bodenständig, wild, elegant, distinguiert, modern, sachlich, klar. Und wie gesagt: Nur nie nicht verführen.


Return on Hospitality Design Investment

Was bedeutet das für die Arbeit der Gestalter? Im Kern heißt es, Zielgruppen im Blick zu haben, das eigene Profil zu erkennen und zu schärfen und kommunikationsstrategisch durchdacht zu planen. Die Gestalter von Räumen können sich in diesem Zusammenhang viel von der Arbeitsweise der Werbeagenturen abschauen. Denn je mehr Hotelbetten dem Gast zur Verfügung stehen, desto wichtiger werden eine klare Positionierung und eine perfekt inszenierte Kommunikation. Am Ende des Tages geht es darum, dem Betreiber die Chance auf ein volles Haus zu geben und dem Investor die Chance auf eine Verzinsung seiner Investition zu ermöglichen. Kurzum: Der Return on Hospitality Design Investment muss stimmen.


Atmosphäre. Individualität. Charakter

Hospitality Design, das nicht verkauft, macht keinen Sinn. Offensichtlich fühlen sich einige Designer und Architekten als Künstler, ohne dies aber wirklich zu sein. Denn Künstler haben das Privileg, ihre Kreativität frei von Zielen und Zwängen anderer auszuüben und sind nur sich selbst Rechenschaft schuldig. Architekten, Innenarchitekten und Designer schulden ihrem Auftraggeber hingegen ein Werk, welches sie mit fremdem Geld schaffen und das daher möglichst erfolgreich sein sollte. Abgehobene Kopfgeburten führen fast zwangsläufig zu kalten, gefühllosen Räumen, in denen sich Gäste selten wohl fühlen. Hospitality Design aber ist ein Werkzeug, um eine stimmige Raumatmosphäre zu schaffen. Und es hängt am Geschick des Designers, diese Atmosphäre so zu erspüren, dass sie zum Objekt und zum Gast passt. Je mehr Betten da draußen feilgeboten werden – und es werden immer mehr – desto wichtiger wird es, den individuellen Charakter eines Hotels herauszuarbeiten. Und: Je stärker das Hotel auf die Persönlichkeit seiner Gäste eingeht, desto erfolgreicher wird es sein. Das war schon immer so, und das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben.

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