Pina Bausch zu Ehren? Ein Wettbewerb
Ja, Wuppertal hat mehr als seine Schwebebahn und Pina Bausch zu bieten, aber das könnte dann auch jede andere Stadt von sich sagen, die Ersteres nun eben nicht vorweisen kann. Die gut 13 km lange Schwebebahn – damals und in Zukunft möglicherweise die realisierte Vision eines innerstädtischen Mobilitätsangebots – hat mehr als 130 Jahre auf dem Buckel. Pina Bausch, die international wahrgenommene und einflussreiche Kultfigur eines postmodernen Ausdruckstanzstils hat uns 2009 mit 69 Jahren viel zu früh für immer verlassen. Seitdem ist viel passiert; ihr Erbe – im Wesentlichen ihre Stücke – ist höchst lebendig, im Ausland mehr noch als in ihrer Heimat.
Es gibt mittlerweile eine Pina Bausch Stiftung mit Sitz in Wuppertal und große Pläne, die nun Realität zu werden scheinen. Stiftung, Stadt, Land, Bund und weitere Mitstreiterinnen arbeiten seit mehr als 10 Jahren an dem Projekt eines „Pina Bausch Zentrums“, das dem bereits seit 2013 geschlossen dastehenden Schauspielhaus angeglie-dert werden soll. Der wunderbare, aber von der Stadt schändlich im Stich gelassene Bau von Gerhard Graubner – seit 2000 unter Denkmalschutz –, sollte zwischenzeitlich abgerissen werden. In seinem Foyer arbeiteten bis zum Schluss noch Schaupielerinnen und eine Intendanz, und brachten mit 40 Premieren mehr als 400 Aufführungen auf die Bühne.
Im April 2022 lobte die Stadt dann, im Rahmen eines VgV-Verfahrens, einen zweiphasigen Wettbewerb nach RPW 2013 aus – mit 25 Teilnehmern in der 1. Phase (zehn eingeladene Büros, 15 Bewerberinnen). In der Auslobung ist zu lesen: „Die neue Kultureinrichtung Pina Bausch Zentrum soll ein exponierter, zeitgenössischer, zur breiten Teilhabe einladender, offener Ort für Wuppertal u. die Kulturlandschaft in Nordrhein-Westfalen mit einem hohen Anspruch an Ökologie u. Nachhaltigkeit werden. Die zentrale Herausforderung für die Ästhetik des Neubaus liegt in dieser Öffnung u. den Verbindungsachsen, innerhalb des Bauwerks sowie in die Stadt. Es soll in seiner zukünftigen Nutzung u. Neuausrichtung ein nachhaltiges Zeichen des Selbstverständnisses der Stadtgesellschaft u. ihrer Perspektiven setzen u. zugleich nationale u. internationale Strahlkraft entwickeln.“ Das Bauvolumen liegt bei ca. 15 800 m² BGF; die sind zu verteilen auf das marode Schauspielhaus, seinen ersten Anbau, den denkmalgeschützten Sopp‘schen Pavillon und auf den Neubau. Geplante Fertigstellung der Baumaßnahme soll sein Ende 2027. Kosten darf das Ganze 67 Mio. € (brutto, Stand 2020, KG 200 bis 700, DIN 276).
Wenn das Verhandlungsverfahren beendet ist, werden wir sehen, wohin die Reise geht. Die beiden deutschen Beiträge scheinen ein wenig in der Vergangenheit geblieben zu sein. Theater der Zukunft – von heute betrachtet – sieht weniger bieder aus.
Die geforderte „Die Küche“ als einer der zentralen Orte im Ensemble, haben allein die US-Amerikaner in ihren Grundriss geschrieben. Die Kollegen haben den „Pina Platz“ oder „Shared Space“ offensichtlich lust- und ideenlos auf das Papier notiert. Wie formulierte es der Leiter des Tanztheaters, Boris Charmatz, noch in einem anderen Zusammenhang: „Die Tänzer brauchen frischen Wind, sie brauchen jemanden, der die Fenster aufreißt und die Türen öffnet. Sie müssen spüren, dass sie 2023 tanzen […].“ Wird schwierig, in diesem sehr schwierigen Projekt! Be. K.