Warum verschrauben, wenn auch kleben geht?
„Geschraubt, statt geklebt“, diese Aufforderung/Feststellung meint auch eine fortschrittliche Baumethode, die vielerlei Ansprüchen an nachhaltigem Bauen zu folgen scheint. Scheint?
Zirkuläres Bauen, Cradle to Cradle, Bauteilwiederwendung, Graue Energie, alles das und anderes mehr sind Begriffe, die ein zeitgemäßes Bauen beschreiben. Die Trennfähigkeit des Baumaterialmixes, die sich in der homogenen, konstruktions- und ausbaugerechten Materialität widerspiegelt, ist zur wesentlichen Kategorie in der Bewertung nachhaltiger Bauweisen geworden. Kleben? Darf man das noch? Es scheint so und im konkreten Fall kommt die Nachricht über Forschungen zum Kleben gar von der FNR, der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. Die steuert als Projektträger des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft ein Forschungsvorhaben, dass an der TU Berlin – Fakultät VI – Institut f. Bauingenieurwesen – FG Entwerfen und Konstruieren Verbundstrukturen – Prof. Dr.-Ing. Schmidt angesiedelt ist und das die Hochschule mit einem Holzbauunternehmen sowie Industriepartnern gemeinsam durchführt.
Die FNR hat nun eine Pressemeldung herausgeschickt mit dem Titel: „Kleben statt Schrauben: Holz und Beton in Verbunddecken kosteneffizient verbinden.“ Im Kern geht es in dem Forschungsvorhaben darum, Geschossdecken als Fertigbauteile so zu produzieren, dass Beton und Brettschichtholz, Brettsperrholz oder Konstruktionsvollholz mittels einer Nass-in-Nass-Verklebung zu einer konsistenten Einheit verbunden werden. Das heißt, der frische Beton wird im Werk direkt auf die noch feuchte Klebstoffschicht aufgegossen. Damit sich dieser dann aber auch – im Idealfall untrennbar – mit dem Holz verbinden kann, liegt ein Forschungsschwerpunkt auf der Suche nach dem perfekten Kleber, der sowohl statische Implikationen bewältigt, aber auch Themen aus dem Brand- oder Schallschutz.
Ein zentrales Anliegen treibt dabei die Auftraggeber:innen und damit die Forscher:innen: Es soll ein Bauteil entwickelt werden, das in der Herstellung extrem wirtschaftlich ist (was sich auch in der Mengenproduktion widerspiegelt, die den versprochenen Wohnungsneubau vorantreiben soll) und darüber hinaus noch argumentierbar, weil man mit ihm Ressourcen und CO2 einsparen möchte. Tatsächlich, so die Studie, spart man etwa zwei Drittel der Betonmenge, die man ansonsten für solcherart Deckenteile verbrauchen würde, allerdings ersetzen nun Holz plus Kleber den Beton. Womit sich die versprochene Einsparung schon verringert. Wesentlicher Denkfehler im Ganzen ist allerdings, dass der Kleber (ein einfacher, marktgängiger Epoxidharz) ansich Sondermüll darstellt; dass seine Aufgabe, eine kraftschlüssige, dauerhafte Verbindung herzustellen der Forderung nach kreislauffähigen Baumaterialien nicht entspricht oder diese zumindest kaum erfüllt; dass seine Verarbeitung in geschlossenen Räumen nur über aktiven oder passiven Atemschutz möglich ist. Nicht zuletzt ist der Gedanke, ein Bauteil günstiger zu machen, damit es in größerer Menge zur Anwendung kommen kann, grundsätz kontraproduktiv bezogen auf das hehre Ziel einer umfassenden Bauwende. Die soll Material (Ressourcen) sparen, auch am Bauteil, aber vor allem in Summe!
Damit muss dieses Forschungsunternehmen als einer von vielen Versuchen betrachtet werden, das Bauen effizienter zu machen, damit wir weiter bauen können (und dürfen!). Vielleicht sollten wir einmal nicht mehr auf die Intelligenz eines Systems schauen, sondern auf die Klugheit seiner Entwickler:innen. Be. K.