Außendämmung am Backsteindenkmal

Eine nachträglich an einem Backsteindenkmal außen angebrachte Dämmung ist eine Provokation – in Hamburg jedoch Fakt. Wohl deshalb führte die 36. Pressefahrt des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz zu eben diesem Thema in die Hansestadt an der Elbe. Mit kollegialen Grüßen aus der Bauverlagsfachzeitschrift "Bauhandwerk"

In Hamburg werden unter den Augen des Denkmalschutzes Backsteinbauten von außen gedämmt – nicht irgendwelche, sondern solche, die das Amt selbst als schützenswert eingestuft hat. Dabei sollte man doch meinen, dass zur energetischen Sanierung von denkmalgeschützten Backsteingebäuden eine Innendämmung das Mittel der Wahl wäre. Wie sonst kann die Optik der Ziegelfassade erhalten bleiben? Aber es gibt wirtschaftliche und auch technische Gründe, die für eine Dämmung von außen sprechen. 

Die Hamburger Dulsberg-Siedlung mit ihren Laubenganghäusern 

In Hamburg gehört die ab 1921 erbaute Dulsberg-Siedlung zu den wichtigen Backsteinensembles aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Unter den vielen damals in der Stadt entstandenen Wohnsiedlungen ist sie die größte. Für den Gesamtentwurf zeichnete der damalige Hamburger Baudirektor Fritz Schumacher verantwortlich. Herausragende Beispiele für das Neue Bauen jener Jahre sind die innerhalb der Siedlung Ende der 1920er Jahre nach Entwürfen von P. und H. Frank entstandenen Laubenganghäuser. Das markante Element der Häuser sind natürlich die Laubengänge der drei- bis fünfgeschossigen, flach abschließenden Gebäude, die als Gemeinschaftsterrassen bogenförmig jeweils um eines der Kopfenden der Häuser laufen. Gebaut hat man sie damals in einer Mischkonstruktion aus Mauerwerk und Stahlträgern, die gleichzeitig die Tragkonstruktion für die auskragenden Laubengänge bildet. Diese Konstruktion ist nun maßgeblich für die Schäden an der Backsteinfassade verantwortlich.


Energetische Sanierung mit einem WDVS mit Klinkerimitatoptik

Ein Gebäude an der Schlettstadter Straße wurde bereits klassisch durch einen Fugenmörteltausch saniert. Die Backsteinfassaden sämtlicher Blocks wurden vor Jahren hydrophobiert. Dies half jedoch auf lange Sicht alles nicht. So wurden die Laubenganghäuser zum Pilotprojekt, das die Möglichkeiten einer auch energetischen Sanierung der Backsteinfassaden von außen aufzeigt, denn nach einer reinen Innendämmung würde weiter Feuchtigkeit in die Fassade eindringen. Zudem müssen bei einer Dämmung von außen die Bewohner während der Sanierung, die bis zu einem Jahr dauern kann, ihre Wohnungen nicht verlassen – ein wichtiges Argument für den Eigentümer. Aber bleibt dabei nicht der Denkmalschutz auf der Strecke?

An den Laubenganghäusern der Dulsberg-Siedlung wurde und wird gezeigt, welche Möglichkeiten es gibt: So setzten die Handwerker vor die alte Backsteinfassade der Gebäude an der Elsässer Straße 15-19 als zweite wasserführende Schicht ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) mit Klinkerimitatoptik als damals einzige finanziell tragbare Variante. An den Laubengängen brachten sie Niederschlagsabweiser aus einer Stahl-Glas-Konstruktion an. Die schadensträchtigen, als Architekturdetails aber äußerst wichtigen Rundbalkone auf der Südseite wurden mit Fenstern geschlossen. Der oberste Balkon bekam eine auskragende Dachkonstruktion, die zusätzlich den Regen von der Fassade abhält.

Energetische Sanierung mit einer Klinkervorsatzschale

Da die Detailausbildung bei dieser Variante weder für den Denkmalschutz noch für den Eigentümer befriedigend war, mauerten die Handwerker vor die alte Backsteinfassade des benachbarten Blocks in der Schlettstadter Straße 3-5 eine echte Klinkerschale. Finanziell war dies nur mit Mitteln der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt möglich. Die Dämmung steckt zwischen der alten und der neuen Mauerschale. Die Fenster befestigten die Handwerker mit einer Kragkonstruktion in der Ziegelvorsatzschale, wodurch im Gegensatz zur WDVS-Variante nach außen nur eine minimale Fensterlaibung entsteht, was wiederum dem Original entspricht. Zudem bildet sich auch kein Höhenversatz zwischen gedämmter Außenwand und Laubengangmauer, wie er bei der WDVS-Variante leider unvermeidlich war. Darüber hinaus konnte glücklicherweise auch auf das auskragende Dach über der südlichen, auch hier mit Fenstern geschlossenen Rotunde verzichtet werden. Beide Blocks – wie alle übrigen natürlich auch – leiden unter den systemimmanenten technischen Zwängen und damit der Fehlerträchtigkeit der Entstehungszeit und dem nachträglichen Sanierungsfehler durch Hydrophobierung. Damit gilt nun für alle Blocks: Eine zweite wasserführende Schicht muss trotz Denkmalschutz her. Die Frage welche Variante man wählt (WDVS oder Ziegelvorsatzschale) hängt von den finanziellen Mitteln beziehungsweise von den Fördermöglichkeiten ab.

Energetische Sanierung der Blockrandbebauung

Innerhalb des Ensembles Dulsberg-Süd und im Osten der Siedlung hat man damals im Gegensatz zur übrigen Zeilenbebauung eine einfache geschlossene Blockrandbebauung als doppelten, in sich geschachtelten Block auf rechteckigem Grundriss errichtet. Gestalterisch sind die vier- und fünfgeschossigen, mit Klinkern verblendeten Gebäude grundsätzlich dem Neuen Bauen verpflichtet (Flachdach, Horizontalbetonung, schmale, durchlaufende Gesimse usw.). Ebenfalls zeittypisch wird der horizontalen Fassadengliederung mit einer kastenartig vortretenden Treppenhausverglasung ein vertikaler Rhythmus verpasst.Für die Sanierung der Gebäude wurde ein WDVS gewählt. Dies hatte mehrere Gründe: Auch hier war die Durchfeuchtung der Außenwand nach Niederschlägen die Hauptursache für die Mängel und Schäden. Daher hatte man bereits vor der Sanierung die stählernen Fensterstürze beinahe an allen Fenstern ausgetauscht. Hydrophobierungen an Teilflächen der Fassade und Anstrichsysteme hatten auch hier nicht den gewünschten Erfolg gezeigt. Die Schäden konnten so weder behoben noch auf lange Sicht vermieden werden.

Daher untersuchte man die Gebäude erst einmal gründlich. Dabei kam heraus, dass diese im Krieg beschädigt und nach dessen Ende in weiten Teilen wiederaufgebaut worden waren. Außerdem hatte man die Häuser wegen der damaligen Wohnungsnot um ein Geschoss aufgestockt. Diese zusätzliche Etage führte im Erdgeschoss zur Rissbildung im Mauerwerk. Den Grund für die Beulen im Mauerwerk fand man schließlich darin, dass bei einem Mauerwerksaufbau von 36,5 cm nur eine vordere und eine raumseitige Schale gemauert und der verbleibende Zwischenraum in der Mitte mit Schutt aufgefüllt worden waren und daher für eine Einblasdämmung nicht zur Verfügung stand. Es war klar, dass man das Mauerwerk nicht dauerhaft regendicht bekommen würde.

Also wurden die beiden Mauerwerksschalen vernadelt und die zweite wasserführende Schicht mit einem WDVS hergestellt. Die Schäden aus der vorangegangenen falschen Sanierung haben hier in Kombination mit der falschen technischen Erstellung beim Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg also zur Aufbringung eines WDVS auf denkmalgeschützten Ziegelbauten geführt – mit all seinen gestalterischen Schwachpunkten in der Detailausführung. Diese treten vor allem dort besonders unerfreulich zutage, wo das neue WDVS mit seiner Ziegelimitatoptik baubedingt auf erhalten gebliebene Mauerreste des unter der Dämmung verborgenen Originals trifft.


Von Thomas Wieckhorst, Redakteur Bauhandwerk

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