Staab Architekten zweimal in Kassel
Fast zeitgleich wurden das Besucherzentrum Herkules und die Neue Galerie in Kassel eröffnet 22.01.2018Volker Staab bezeichnete es als Zufall. Man könnte es auch Überzeugungskraft nennen. Jedenfalls durfte er der Museumslandschaft Hessen Kassel zwei wichtige Architekturen schenken, die beide in diesen Tagen eröffnet wurden: Das Besucherzentrum am Herkules hoch über Kassel, sowie die Neue Galerie, mittendrin in der Stadt und doch ebenfalls in erhöhter Lage.
Das Besucherzentrum auf dem Herkulesplateau im Bergpark Wilhelmshöhe benötigte zwei Jahre Bauzeit und kostete 4,6 Mio. € (darin enthalten sind rund eine Mio. € für die Erneuerung der Wasserzuleitung und des Entwässerungskanals zur Versorgung aller Gebäude auf dem Herkulesplateau sowie die Kosten für die Ausstattung des Gebäudes). Die Neue Galerie brauchte ein paar Jahre länger und verbrauchte vom Gesamtetat der Landesbaukulturinitiative für Kassel runde 20 Mio. €. Außer, dass beide Bauten zeitgleich fertig gestellt wurden für den gleichen Bauherren und dass sie beide eine grundsolide bis erfreulich überdurchschnittliche Qualität haben, außer, dass beide musealen Zwecken dienen und dezidiert mit ihrer Umgebung sprechen, außer, dass beide sich einer skulpturalen Herangehensweise verdanken – das eine ist als übergroßer, geschnitzter Findling zu interpretieren, das andere als höhlende Werkarbeit im Bestandsgehäuse – und beiden die Treppenleidenschaft des Architekten widerspiegeln, außer diesen und weiteren Verwandtschaften haben die beiden nichts gemein.
Der Neubau auf dem Plateau mit Herkulesstatue und wunderbarer Landschaft ringsum (Golfplatz in der Nähe, irgendwo werden Schlepplifte angeboten, Schafe weiden und uralter Eichenbestand erinnert an ältere Kulturlandschaften jenseits des Kanals), stand ursprünglich in der Haupt(sicht)achse des Kassler Wahrzeichens. Was natürlich nicht geht, wenn sich die Stadt Kassel mit der Wilhelmshöhe um Aufnahme in die Weltkulturerbeliste bemüht; die ICOMOS-Vertreter jedenfalls ließen den Bau auf die andere Straßenseite verschieben, was ein paar Änderungen im Entwurf nach sich zog.
Die Betonoberfläche des mit rund 550 m² Nutzfläche nicht gerade kleinen Pavillonbaus ist deutlich strukturiert. Im Inneren folgt das Bodenniveau dem aufsteigenden Gelände draußen: Eine große Treppe innen dient zugleich als Zuschauerrang für Film- oder andere Vorführungen.
Das Gebäude ist natürlich energieeffizient konzipiert. Beheizt wird es mittels Wärmepumpe und Erdwärmesonden, womit man jährlich mehr als zehn Tonnen Kohlendioxid einsparen möchte. Zentraler Entwurfgedanke neben der stilistischen Interpretation eines Findlings war die Setzung der großen Panoramafenster, die zum einen den im Osten liegenden Herkules in Szene setzen, zum anderen Ausblicke in die Landschaft gewähren. Dass das Besucherzentrum derart massiv geraten ist, erklärt sich schon aus dem Blick auf den – in dieser Jahreszeit allerdings fast leeren – Parkplatz, dessen Größe am die Besuchermassen ablesen kann, die vom Frühjahr bis Herbst diesen Ort bevölkern. Über die Winterzeit ist der Neubau allein am Wochenende für Besucher geöffnet, der Herkules in Sichtweite wird voraussichtlich ab 2013 saniert sein. Fürs erste. Be. K.
Öffnungszeiten:
April bis Oktober
Di - So 10 - 17 Uhr
November bis März
Sa + So 10- 16 Uhr
Besucher erhalten in dem Gebäude nicht nur Informationen über den Herkules. Das Zentrum bietet auch Wissenswertes rund um den Bergpark, seine Botanik und zur Kunstgeschichte. Auf einer Kinoleinwand laufen Videos über den Bergpark mit seinen Wasserkünsten und der Löwenburg. Text- und Bildtafeln informieren über die Geschichte des Parks, der Wasserkünste und der Herkulesfigur. Ein Teil der Informationen wird aber auch außen und damit außerhalb der Öffnungszeiten gezeigt.
Kassel und das Weltkulturerbe
Das Besucherzentrum ist Teil der Neuordnung der Museumslandschaft Hessen Kassel, die mit einem Kostenvolumen von 200 Millionen Euro zu den größten Kulturinvestitionsprojekten in Deutschland gehört. Mit diesem Projekt hat sich die Stadt Kassel für die Aufnahme in das UNESCO-Weltkulturerbe beworben; der entsprechende Antrag ist im März 2011 von der Kultusministerkonferenz angenommen worden. Die Stadt hofft, dass die Aufnahme in die Weltkulturerbeliste im Jahr 2013 erfolgt. Dann wird die Stadt 1100 Jahre alt.