Albert Speer (1934-2017)
Ein Nachruf auf einen großen Städteplaner 22.01.2018Wie hat der Mann gelitten! Und wie sehr empfindlich war er, wenn die Rede auf seinen Vater kam, den anderen Albert Speer, der Hitlers Lieblingsbaumeister war, sein Rüstungsminister und auch Stellvertreter. Der Sohn, Albert Speer, der am vergangenen Freitag (15. September) nach einem Treppensturz einer Lungenembolie erlegen ist, hatte noch viel vor. Auch wenn der 83-Jährige sich Ende 2016 als einer der Geschäftsführer von AS+P zurückgezogen hatte. Den Generationswechsel, den AS+P damit abgeschlossen hatte, leitete der Gründer frühzeitig ein und gestaltete ihn maßgeblich mit. In sämtlichen aktuellen Nachrufen erscheint nun hinter dem Namen ein "junior", so als wollte jeder Nachruf damit sagen, dass es sich hier um den Sohn, und nicht den Nationalsozialisten Albert Speer, handle. Ja um wen denn sonst?!
Schon der Großvater hieß Albert Speer und er wie auch sein Vater waren Architekten. Dieser Last (und Freude) einer Herkunft konnte Albert Speer von AS+P nicht entgehen, aber er wehrte sich ganz grundsätzlich gegen jeden Verdacht bereits im Voraus. Tatsächlich ist das Meiste von dem, was er und sein Team bis heute realisierten und planten immer auch ein Statement für das Plurale, gegen die Öde und zersetzende Wirkung des Monumentalen gewesen.
1934 in Berlin geboren und im Schatten von Hitlers Berghof am Obersalzberg aufgewachsen, hatte er sich nach Schreinerlehre, Abendschulabitur und einem Studium der Architektur in München auf die Planung ganzer Städte und Regionen weltweit konzentriert. Über 25 Jahre war er Lehrstuhlinhaber für Stadt- und Regionalplanung an der TU Kaiserslautern und in dieser Funktion prägte er viele spätere Kollegen schon während des Studiums. 1964 gründete er sein eigenes Architektur- und Stadtplanungsbüro, das er zusammen mit Partnern und Kollegen zu einem international erfolgreichen Unternehmen weiterentwickelte. 2007 gründeten AS+P Albert Speer + Partner GmbH eine Hunderprozent-Tochtergesellschaft in Shanghai, heute beschäftigt AS+P an den Standorten Frankfurt und Shanghai über 200 Mitarbeiter.
Seit 1970 war Albert Speer Mitglied der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung. 1995 gründete er die Albert Speer-Stiftung, die sich der Förderung und Ausbildung des Architekten- und Planernachwuchses widmet. 2004 wurde er mit dem Großen Architekturpreis des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine e.V. ausgezeichnet. Seit 2008 war er Mitglied im Kuratorium Nationale Stadtentwicklungspolitik. Albert Speer wurde mit der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt, dem Großen Architekturpreis und dem Verdienstkreuz am Bande ausgezeichnet. 2011 erhielt er die Ehrenprofessur der TU München.
Zu seinen wichtigsten Projekten zählen die Masterpläne für mehrere neue Städte in China, für die EXPO 2000 in Hannover und die erfolgreiche Bewerbung zur FIFA Fußball-Weltmeisterschaft TM 2022 in Katar. Er entwarf unter anderem die Diplomatenstadt im saudi-arabischen Riad und Konzepte für die Innenstadt der nigerianischen Hauptstadt Abuja. In Ägypten arbeitete er seit 2010 am strategischen Masterplan für die Stadt Alexandria. In Deutschland entwickelte er den Masterplan für die Innenstadt von Köln und die Denkschrift „Frankfurt für alle“ als strategische Stadtentwicklungsstudie mit dem Zielhorizont 2030. 2013 wurde die Unternehmenszentrale der Fraport AG am Frankfurter Flughafen und aktuell eines der zahlreichen Passivhaus-Geschosswohnungsbauprojekte „Lyoner Carrée“ fertiggestellt. 2012 bis 2014 bearbeitet das Büro unter anderem den zukunftsweisenden Masterplan und das Innovationshandbuch für die InnovationCity Ruhr | Modellstadt Bottrop. 2019 wird der Neubau für die Konzernzentrale HeidelbergCement bezugsfertig sein.
Dass sich das Büro AS+P vielfach mit großen Planungen auf der grünen Wiese befassen konnte, die zudem von oder in Staaten beauftragt waren, die man nicht als demokratisch ansehen kann, ergaben schon mal heftige Kritiken, denen sich Bürogründer und Büro immer wieder ausgesetzt sahen. Dass dabei das Herkommen Speers eine für ihn immer nachteilige Rolle spielte, liegt auf der Hand. Dass zu diesen Kritikern auch der Autor dieses Nachrufs gehört, musste dieser vor Jahren einmal so erleben: Nach dem Abdruck einer Kritik an Albert Speers Masterplanung im historischen Bejiing im Rahmen der Olympia 2008 Planung rief dieser höchst zornig an und erläuterte dem Redakteur die Unterschiede zwischen der Planung seines Vaters für Berlin und seiner im Herzen Beijings.
Später war das alles wieder vergessen, man sprach wieder miteinander. Denn das war Albert Speer vor allem: ein kluger Kopf und willensstarker Macher, dem Prinzipienreiterei ein Graus war. Jetzt ist mit ihm eine starke Stimme für das großartige Bauen made in Germany verloren gegangen. Be. K.