Bachelor oder Master?
Podiumsdiskussion zur Studienstrukturreform am 14. Mai 2009, Frankfurt/Main 22.01.2018Wenn dies das Ergebnis der gleichnamigen Podiumsdiskussion sein sollte, hätte die Studienstrukturreform ihr Ziel zumindest im Bereich der Bauingenieurausbildung leider verfehlt. Im Rahmen dieser von den Bildungsministerien verordneten Reform werden derzeit alle Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen auf das 2-gestufte System von 6 semestrigen Bachelor- und 4 semestrigen Masterstudiengängen umgestellt. Die europaweite Vereinheitlichung sollte den Absolventen nur Vorteile bringen: Auslandsaufenthalte sollten vereinfacht und die Abschlüsse international anerkannt sein. Nun scheint das Gegenteil einzutreten. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie wirft den Hochschulen vor, ein verschultes Lehrsystem einzuführen und das Studium auf Kosten der wichtigen Projekt- und Praxisphasen zu verkürzen.
Nun will der Verband der Deutschen Bauwirtschaft den Bachelorabsolventen sogar die Berufsbefähigung als „Ingenieur“ absprechen und droht, den 6 semestrigen Bachelorabschluss qualifikationsmäßig und tariflich dem Abschluss „Staatlich geprüfter Techniker“ gleichzusetzen.
Prof. Dr.-Ing. Hans-Georg Reinke,befürchtet „…dass die deutsche Bauwirtschaft hier eventuell in Unkenntnis unserer Studienprogramme argumentiert.“ Der gesamte Lehrstoff des alten Diplomstudienganges sei in gestraffter Form in das Studienprogramm des Bachelorstudiengangs eingeflossen. Tragisch wäre eine Degradierung zum Techniker nicht nur für die Bachelorstudierenden, die sich vertrauensvoll in die neuen Studiengänge eingeschrieben haben. „Die Bauindustrie sucht schon heute händeringend nach Nachwuchs. Wenn sie unseren gut ausgebildeten Bachelors die Berufsbefähigung abspricht, gräbt sie sich mittelfristig das Wasser völlig ab!“ erläutert Prof. Reinke. Denn trotz Wirtschaftskrise herrscht in diesem Berufssegment zur Zeit Vollbeschäftigung und in den nächsten Jahren wird der Bedarf an jungen, generalistisch ausgebildeten Ingenieurinnen und Ingenieuren weiter steigen.
Prof. Reymendt, Dekan des Fachbereichs Architektur·Bauingenieurwesen·Geomatik, gibt zu bedenken, dass diese Kontroverse zwischen Hochschulen und Bauwirtschaft das Ansehen des ganzen Berufsstandes beschädigen könnte. „Der deutsche Ingenieur ist ein bekanntes Markenzeichen. Wenn unsere eigene Bauwirtschaft die neuen Bachelorabsolventen nicht als vollwertige Ingenieure anerkennt, bedeutet dies quasi den Tod eines weltweiten Exportschlagers!“ behauptet er.
Die Qualifikation der neuen Masterstudiengänge, die an den Universitäten und Fachhochschulen angeboten werden, wird dagegen eher akzeptiert. Hochschulen und Bauwirtschaft verfolgen das gemeinsame Ziel, viele Bachelorabsolventinnen und -absolventen zu motivieren, ihr Wissen durch einen weiterführenden Masterstudiengang in einem Spezialgebiet zu vertiefen und sich dadurch für spezialisierte leitende Aufgaben zu qualifizieren. Hier wiederum werden die Vorgaben der Bildungsministereien, nur 30 % der Bachelorabsolventen den Zugang zu einem Masterstudiengang zu gewähren, sehr kritisch gesehen.
Umso wichtiger ist nun also zunächst eine umfassende Information aller Beteiligten. Die Bauwirtschaft muss über die Studieninhalte der neuen Studiengänge und die Qualifikation der Absolventen in Kenntnis gesetzt werden und die Studierenden brauchen verlässliche Aussagen über spätere berufliche Anforderungen und Chancen.
In einer Podiumsdiskussion sollen Bauunternehmer, Ingenieure und Vertreter öffentlicher Verwaltungen, Vertreter der Kammern und Hochschulvertreter ihre Standpunkte austauschen. Die Diskussion soll aber nicht nur Informationsdefizite ausgleichen, sondern auch Möglichkeiten zur Annäherung eröffnen. Ziel ist eine gemeinsame und schnelle Lösung, denn schon im nächsten Wintersemester wird die Fachhochschule Frankfurt die ersten Bachelorabsolventen in ihr Berufsleben als Bauingenieurinnen und Bauingenieure entlassen.
Veranstaltung: Podiumsdiskussion Bachelor = Techniker, Master = Karriere?
Ort: Fachhochschule Frankfurt, Nibelungenplatz 1, Audimax Gebäude 4, 60318 Frankfurt/Main
Zeit: 14. Mai 2009, 18 Uhr
Weitere Informationen: Die Teilnahme ist kostenlos.
Kontakt: Dipl.-Ing. Cornelia Rauscher
Tel. 069 / 15332276
Email: rauscher@fb1.fh-frankfurt.de
Internet: www.fh-frankfurt.de
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