EU Vertragsverletzungsverfahren gefährdet die Existenz kleiner und junger Architektur- und Ingenieurbüros
Statement des Bund Deutscher Baumeister BDB zum Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Auftragswertberechnung der EU-Kommission 07.02.2019Statement BDB: „Die EU-Kommission hat gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren im Zusammenhang mit der Auftragswertberechnung bei Planungsleistungen eingeleitet. Sie möchte, dass die Auftragswerte für solche Leistungen künftig zusammengerechnet werden. Der BDB sieht hier einen Angriff auf die deutsche Bürostruktur mit vielen kleinen und mittelständischen Büros und somit die Existenz dieser und junger Büros bedroht!
Sollte es tatsächlich zu einer Addition aller Werte der für die Umsetzung eines Bauvorhabens erforderlichen Planungsleistungen kommen, würde dies zur Folge haben, dass selbst für kleine Vorhaben komplexe und bürokratisch aufwändige EU-weite Vergabeverfahren durchgeführt werden müssten. Der BDB sieht dadurch den Bestand der kleinen und jungen Büros in Deutschland in ihrer Existenz gefährdet, denn sie erfüllen häufig nicht die Voraussetzungen für solche Verfahren. Neben der mittelständischen Wirtschaft bereitet die Reform auch den öffentlichen Auftraggebern, vor allem kleineren Gemeinden, Sorgen. Für diese würde die Umsetzung ein größerer Aufwand, höhere Kosten und Verzögerungen bei Ausschreibungen bedeuten.
'Der BDB sieht in diesem Verfahren erneut den Versuch der EU-Kommission, den deutschen Mittelstand entscheidend zu schwächen. Dies folgt einer langen Linie einer offenbaren Strategie, die mit dem Angriff auf die HOAI angefangen hat', so der BDB-Präsident Hans Georg Wagner.
In Deutschland greift bislang die Regelung des § 3 Abs. 7 Satz 2 Vergabeverordnung (VgV), nach der mehrere Lose bei Planungsleistungen nur dann zusammenzurechnen sind, wenn es sich um gleichartige Leistungen handelt. Die EU-Kommission vertritt jedoch die Ansicht, dass alle Lose der Planungsleistungen eines Projektes generell zusammengerechnet werden müssen. Somit wird der vorgegebene Schwellenwert häufiger überschritten als bei der bisherigen deutschen Auslegung und eine EU-Weite Ausschreibung müsste erfolgen.
Wird der EU-Kommission Recht zugesprochen ist die Befürchtung groß, dass dies die Planerkultur Deutschlands auf den Kopf stellen könnte. Bei EU-weiten Ausschreibungen von Projekten in Deutschland müssen Planungsbüros höhere und kostenintensive Vorgaben erfüllen: Kleine und junge Planungsbüros, die noch nicht die in EU-weiten Wettbewerbskriterien vorgegebenen Referenzprojekte vorweisen können, wären bei solchen Ausschreibungen benachteiligt und hätten keine Chance mehr auf einen Zuschlag."
Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure e.V. im Februar 2019