Endlich aus Fehlern lernen
Stellungnahme des BDA Landesverbandes Niedersachsen zu den Beschlüssen der Baukommission des Landtages 22.01.2018Vom Umgang mit unserem Baukulturellen Erbe oder - Warum lernt niemand aus vergangenen Fehlern? Vorstand und Mitglieder des BDA Niedersachsen haben sich auf einer Mitgliederversammlung zum Thema Landtagsneubau intensiv über die historischen Zusammenhänge, den Siegerentwurf zum Niedersächsischen Landtag aus dem Jahr 2002, die Standortuntersuchungen, die neuen Anforderungen aus dem Raumprogramm und über die Entscheidungen der Baukommission unterrichten lassen. Die Informationen sind ernüchternd. War es 1962 die Wasserkunst, die dem Zeitgeist offensichtlich nicht mehr entsprach, den damals politisch Handelnden im Wege stand und nach 64 Jahren ihres Daseins einfach abgerissen wurde, so soll heute auf der Grundlage einer Standortanalyse, die üblicherweise einem städtebaulichen Wettbewerb vorausgeht, kurzerhand von anderen Entscheidungsträgern ein Bauwerk schon nach 46 Jahren abgerissen werden, weil es vermeintlich ebenfalls an einer falschen Stelle steht und heutigen Anforderungen nicht entspricht.
Wie bei der Wasserkunst handelt es sich hierbei nicht um ein beliebiges Gebäude. Es wurde 1962 auf der Grundlage eines Architektenwettbewerbes errichtet, in dem auch Politiker als Preisrichter mit entschieden. Dem Architekten Dieter Oesterlen ist es mit seiner Lösung zu verdanken, dass das Leineschloss erhalten blieb. Die Proportionen seines ergänzenden Neubaus gaben dem Portikus das entsprechende Gegengewicht zum historischen Schlossflügel. In diesem Gebäude wurde Niedersächsische Geschichte geschrieben. Das Gebäude ist ein Zeitdokument der Nachkriegsmoderne und nicht ohne Grund Baudenkmal und BDA Preisträger. Sollen wir heute wieder zulassen, dass zwei Generationen weiter gefragt wird, warum wir einen Abriss nicht verhindert haben?
Wie ein Baudenkmal weiterentwickelt wird, wie es heutige Anforderungen erfüllen kann, hat gerade der Siegerentwurf des internationalen Wettbewerbs von 2002 aufgezeigt. Der BDA kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sowohl die Baukommission des Landtages als auch die derzeitigen Abgeordneten diesen Entwurf gar nicht kennen. Wurde überprüft, ob die zusätzlichen neuen Anforderungen nicht auch in diesen Entwurf zu integrieren sind? Das Gebäude steht als Symbol des Wiederaufbaus der jungen Demokratie in Niedersachsen und als Werk der Baukunst unter Denkmalschutz. Dieses Haus, ohne öffentliche Debatte, abzureißen, wäre ein Affront gegen die Gesellschaft und alle privaten Denkmaleigentümer. Dem Bemühen der Denkmalpflege, Zeittypisches zu erhalten, wäre der Boden entzogen. Das neue Raumprogramm, nahezu identisch mit dem Raumprogramm von 2002, lässt sich in der Oesterlenschen Gebäudehülle unterbringen. Die neue Sitzordnung, Tageslicht, Transparenz und eine zeitgemäße Technik sind problemlos machbar. Die zwischenzeitlich erfolgte Fassadensanierung wäre nicht vergeudet.
Dass städtebauliche Missstände rings um das Landtagsareal bestehen, hat gerade der BDA festgestellt. So hat z.B. ein im Jahre 2005 veranstalteter Workshop der Bezirksgruppe Hannover dieses thematisiert und Lösungen aufgezeigt. Im Rahmen der lobenswerten Initiative Hannover City 2020 der Stadt Hannover könnte ein städtebaulicher Wettbewerb Lösungen aufzeigen, um an diesem wichtigen Ort die Nachkriegsmoderne weiterzudenken und mit dem nötigen Respekt weiter zu entwickeln.
Der BDA fordert einen ernsthaften Umgang mit dem baukulturellen Erbe des Wiederaufbaus. Er bietet sich an, den Dialog mit den Entscheidungsträgern zu führen, um die oben gestellten Fragen zu klären. Sollte dieser Dialog zu keiner einvernehmlichen Lösung führen, kann dies nur in einem offenen Wettbewerb unter Einbeziehung des jetzigen Plenarsaalgebäudes und des städtebaulichen Umfeldes abschließend geklärt werden.
Der BDA Niedersachsen fordert den weitestgehenden Erhalt des Oesterlensche Plenarsaals und die Überarbeitung des prämierten Wettbewerbsentwurfs aus dem Jahr 2002 mit den neuen Anforderungen des Landtages. Der BDA erwartet, dass der Landtag als Vertretung aller Bürger dieses Landes zur Überzeugung gelangt, den geschichtsträchtigen und baukulturell bedeutsamen Plenarsaal in seinen wesentlichen Teilen zu erhalten.
Ansprechpartner: Roman Graf, BDA, Landesverband Niedersachsen e.V., Alleehof 4, 30167 Hannover
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