Hans Gericke (1912-2014)
Der gebürtige Magdeburger und ehemalige Berliner Chefarchitekt starb am 15. Februar 2014 22.01.2018Am Samstag, dem 15.02.2014, ist der einflussreiche DDR-Architekt und Stadtplaner Prof. Hans Gericke im Alter von 101 Jahren gestorben. Der ehemalige Chefarchitekt von Berlin plante den Wiederaufbau des Forum Fridericianum und das Stadtzentrum von Ost-Berlin. Zeit seines Lebens prägte er das Bauwesen in der DDR auch als Hochschullehrer und durch theoretische Arbeiten. Am Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung (IRS) wird sein wissenschaftlicher Nachlass kompetent archiviert und der bau- und zeitgeschichtlichen Forschung zur Verfügung gestellt.
Die Mitarbeiter der Historischen Forschungsstelle des IRS bedauern den Verlust eines großen Architekten und Stadtplaners, der für die Wissenschaftliche Sammlung und die Forschung zur Baugeschichte der DDR sowohl menschlich als auch fachlich ein sehr wertvoller Partner war.
Hans Gericke wurde am 27. Juli 1912 in Magdeburg geboren und studierte von 1931 bis 1937 Architektur an der TH Hannover. Während des Krieges arbeitete er als Architekt auf Sylt, in Brüssel und in Italien. Nach 1945 war er zunächst freiberuflich in Naumburg/Saale tätig und für das Land Sachsen-Anhalt als „Vertrauensarchitekt“ für die Bodenreform verantwortlich. 1951 wurde Gericke in Berlin persönlicher Referent des Ministers für Aufbau Lothar Bolz und kurze Zeit später Stadtrat für Aufbau im Magistrat von Ost-Berlin. Während dieser Zeit war er mit der Koordinierung wichtiger Bauvorhaben in der DDR beschäftigt und auch weiterhin als Architekt tätig. So plante er gemeinsam mit Erich Kuhnert das Parteihaus der NDPD in der Berliner Mohrenstraße. Gericke beeinflusste die Entwicklung des Bauwesens der 50er und 60er Jahre jedoch vor allem durch seine theoretischen Arbeiten. Nachdem er von 1953 bis 1958 als stellvertretender Direktor dem Institut für Theorie und Geschichte der Baukunst der Deutschen Bauakademie vorgestanden hatte, war er von 1958 bis 1965 Chefarchitekt von Berlin. Gericke war auch maßgeblich am Aufbau des Bundes deutscher Architekten (seit 1974 BdA der DDR) beteiligt und von der Gründung 1952 bis 1986 dessen Vizepräsident. In dieser Eigenschaft vertrat er die DDR auf vielen internationalen Tagungen, beispielsweise als langjähriger Delegierter des BdA im Internationalen Architektenverband. Für die Berliner Zentrumsplanung erhielt er 1961 gemeinsam mit Dorothea Tscheschner und Peter Schweizer den Goethepreis der Stadt Berlin, außerdem wurden ihm der Vaterländische Verdienstorden der DDR und die Schinkelmedaille verliehen.
Zur Arbeit des IRS-Archives mit Gerickes Nachlass
Im Archiv der Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS werden die Nachlässe von einigen der bedeutendsten Architekten der DDR aufbewahrt und systematisch erschlossen. In den letzten Jahren hat das Institut sukzessive die persönlichen Arbeitsmaterialien von Hans Gericke übernommen – Wortmeldungen, Aufsätze, Fotografien, Pläne und Urkunden. „Die Unterlagen haben uns gezeigt, dass Gericke einer der wenigen Architekten war, die das Baugeschehen in der gesamten DDR-Zeit maßgeblich beeinflussten“, sagt der IRS-Sonderbeauftragte für Vor- und Nachlässe, Alexander Obeth. So war Gericke bis 1986 Vizepräsident des Bundes Deutscher Architekten der DDR (BdA). Zugleich war er bereits in den 1950er Jahren als Baustadtrat von Berlin maßgeblich an der Gestaltung des historischen Zentrums beteiligt, indem er einen Magistratsbeschluss zum weitgehend originalgetreuen Wiederaufbau des Forum Fridericianum erwirkte.
Von 1958 bis 1961 arbeitete er – nun als Chefarchitekt Berlins – an einem Gesamtplan für das Stadtzentrum der Hauptstadt. Insbesondere im Bereich zwischen heutigem Alexanderplatz und Spree trägt Berlin noch immer Gerickes Handschrift.
Von großer wissenschaftlicher Relevanz sind auch die unzähligen Manuskripte und Schriftstücke in Gerickes Nachlass. Sowohl in der Tagespresse als auch in Fachzeitschriften veröffentlichte der Architekt kritische Beiträge zu aktuellen Fragen von Städtebau und Architektur. So schrieb er 1960 einen Kommentar zu einem Ideenwettbewerb zum Marx-Engels-Platz: „Das Leben selbst schreibt uns Stadtplanern vor, den Städtebau als humanistische Aufgabe zu begreifen, die mehr ist als nur die Mechanisierung der vielfältigen Funktionen der Stadt. Noch ist neben der unzulänglichen Behandlung der Einkaufsfunktion und Wohnfunktion um das Zentrum der Marx-Engels-Platz als das eigentliche Forum zu stark als Repräsentativplatz ausgebildet und zu isoliert behandelt.“ Eine im Detail kritische Auseinandersetzung mit den Bauten der Stalinallee für die Bauakademie wurde 1955 nicht veröffentlicht.