Lieber Ortsumgehungen, gar Autobahnen?

Bundesbauminister Ramsauer spricht in der Schloss-Debatte klare Worte

So langsam aber sicher gerät die Katze, die der Deutsche Bundestag vor Jahr und Tag aus dem Sack gelassen hatte, auf dem wärmer werdenden Steindach des noch zu rekonstruierenden Stadtschlosses in Berlin ins vorsichtige wie unsichere Vor und Zurück. Der oberste Stellvertreter des obersten Bauherren Deutschlands, der Bundesbauminister Peter Ramsauer CSU, kam heute mit zwei Äußerungen zum Thema in die weitere Pressegesprächslandschaft (will sagen: alle online-Medien haben es fleißig und in immer gleicher Wortwahl kopiert). Heute jedenfalls hat Herr Ramsauer die längst kolportierte Befürchtung, dass es für den Aufbau des Berliner Schlosses hinter gefälschten Barockfassaden zu wenige Spendenwillige in Deutschland gäbe, als seine eigene öffentlich gemacht. Und macht höchst pragmatisch seine Skepsis an einem Schlossbauteil fest, das mit dem späteren Humboldt-Forum nutzungstechnisch gar nichts zu tun hat, der Kuppel: „Der Betrag, den die Kuppel kostet, entspricht zehn Ortsumgehungen, oder acht Kilometern vierspuriger Autobahn. Dreimal dürfen Sie raten, welche Alternative die meisten Abgeordneten besser finden." Populismus, oder doch eher die schiere Erkenntnis einer Sachlage?

Nach des Ministers Einschätzung – und vieler weiterer Experten, die allerdings als Verleumder von der Rekonstrukteursvereinsmannschaft auch anwaltlich angegangen wurden – wird das Spendenaufkommen einfach nicht ausreichen, um beispielsweise die historische Kuppel zu bauen. Von den eingeplanten 80 Millionen € für eine fadenscheinige Fassadenrekonstruktion, so Ramsauer, seien binnen drei Jahren gerade mal eine Million zusammengekommen: „Das macht mich nicht übermäßig euphorisch, dass zusätzliche 50 oder 100 Millionen Euro für die historische Kuppel oder für echten Stuck und Bildhauerarbeiten in den historischen Innenhöfen zusammenkommen", sagte er dem Tagesspiegel in der heutigen Montagsausgabe (1. März). Bisher waren für die Kuppel immer nur ca. 15 Millionen € Mehrkosten im Gespräch. 

Das „Wer mehr Geld für das Schloss haben wolle, müsse sagen, woher es kommen soll“ scheint dem Minister eine Art von baukulturellem Mantra zu sein; und das ist bis heute ohne Antwort geblieben, die Steinmetze des Fördervereins Berliner Schloss e.V. mit dem Geschäftsführer und Spiritus Rector Wilhelm von Boddien arbeiten tagtäglich und ohne irgendwelche Zweifel an ihrem präzisen Tun an der Fassadenschmuckfälschung als gäbe es kein Morgen. Und offenbar auch kein Gestern, gemeinhin „Geschichte“ genannt.

Und dann ließ Ramsauer, der nach eigenem Bekunden „schon viel gebaut" habe in seinem Leben und sich „immer durchgesetzt“ habe, auch noch eine Warnung an den planenden Architekten Franco Stelle in die Mikrophone: Der Bauherr bestimme, wie gebaut werde, nicht der Architekt.

„Ich will keinen Krach. Und Franco Stella möchte ebenfalls keinen Streit." Nachdem das klargestellt wurde, schob der Minister den Baubeginn für das Schloss wieder einmal in die Zukunft; nach dem Herbst 2010 soll Ramsauer zufolge jetzt erst im Sommer 2011 mit ersten Arbeiten begonnen werden. Mit der Eröffnung rechnet er Ende 2017 – „vorausgesetzt, alles verläuft exakt nach Plan". Wonach das alles nicht klingt. Be. K.

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