Prachtbibliothek für jedermann Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum, Berlin

Ob nun Zentrale Bibliothek der Humboldt-Universität oder Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum – beides steht in großen Lettern auf der klar gerasterten Steinfassade –, der Neubau in Berlin-Mitte am Bahndamm entlang, zwischen Geschwister-Scholl- und Planckstraße, macht neugierig auf seinen Inhalt. Der gut  34 m aufragende, 100 m lange und zum nördlich anliegenden Bestand in der Höhe gestaffelte und in drei Volumen gegliederte Bau stammt aus der Entwurfswerkstatt des Berliner Büros Max Dudler. Die riesige, ersten Absichtserklärungen nach allen öffentlich zugängliche Bibliothek mit knapp 3 km Regallänge, die für sich in Anspruch nimmt, größte zu sein unter den Freihändigen in Deutschland, überzeugt durch ihr kompaktes Volumen, die trotz aller Monumentalität nachvollziehbar gegliederte Fassade sowie ihre innere, dem Funktionalismus geschuldete klare Struktur.

Vom Bahndamm weiter abgerückt als nötig, bietet der Bau einen neugeschaffenen öffentlichen Raum in einer Stadtkulturlandschaft von einmalig hoher Dichte. Das diesen Platz begleitenden, zweigeschosse hohe und daher tageslichthelle Foyer erweitert das Öffentliche ins Innere. Die großenteils öffenbaren Fenstertüren sollen - wenn die Witterung es erlaubt - tagsüber offenstehen; womit die Architekten dem Platz eine Pseudokolonnade beigesellten.

Der Übergang aus dem hohen Foyer in den beinahe gebäudehohen wie zugleich recht schmalen Treppenraum geschieht unspektakulär. Denn zunächst möchte man geradeaus laufen und wenigstens einen Blick werfen in den zentralen Lesesaal. Der große, durch ein Glasdach beleuchtete Raum mit seinen Leseterrassen ist von fünf Etagen her zugänglich. Zwischen die edel mit Holz verkleidete, ein Bücherregal evozierende Struktur der tragenden wie nichttragenden Pfeiler gefasst, bildet der hohe wie doch sehr geschlossen wirkende Raum das Zentrum. Gedeckelt ist er über eine liegende Glasfassade, die den Raum trotz seiner Tiefe sowie der Verschattung durch den südwärtig anliegenden Bücherriegel gleichmäßig mäßig hell macht. Wer mehr Licht braucht, kann die Leselampen einschalten, die wie das meiste Mobiliar auch, aus Architektenhand kommt. Ihre grün marmorierte Kunstglasplatte, die das Leselicht diffus nach oben abstrahlt, ist der Rest einer ersten Fassadenkonzeption; im Nachhinein gesehen, erscheint diese Lösung als die bessere.

Dem Gebäude (Fassade, Deckenmasse etc.) liegt das Achsmaß der Regale als Raster zugrunde, über die Regale wird die Klimatisierung des Baus vorgenommen. Die Bibliothek überzeugt durch ihr riesiges Angebot individueller Arbeitsplätze, trotz aller Größe intime Raumsituationen, die gute Orientierbarkeit auf allen Ebenen. Und sie überrascht durch den Umstand, dass hier nur ein Untergeschoss vorhanden ist, Archiv- oder Lagerräume alle oberirdisch angeordnet wurden. Der Grund hierfür ist der schwierige Boden, die Nähe zum hochsensiblen Bahndamm und nicht zuletzt das Konzept der Bibliothek, neue Bücher nur aufzustellen, wenn alte verschwinden. Gerade letzteres macht - wenn von Fachleuten gesteuert - Sinn, und erleichtert das Studium, das in schlecht sortierten Bibliotheken schon mal Jahre längern dauern kann! Be. K.

Weitere Informationen unter www.maxdudler.de sowie www.grimm-zentrum.hu-berlin.de

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