So tot wie ein toter Fisch

Warum die Elbphilharmonie trotz allem das Beste für Hamburg ist/sein wird

Ob sie jemals fertig wird? Aber ja. Vielleicht nicht Ende 2014 mit dann vier Jahren Verspätung, vielleicht auch nicht zu den Kosten, die im Augenblick diejenigen erreichen, die ein Schloss in Berlin zurzeit noch kosten soll: eine halbe Milliarde Euro. Denn einerseits möchte die Freie und Hansestadt Hamburg an die Musikkulturweltspitze aufschließen, andererseits möchte sie ihren derzeitig zweiten Platz im Ranking der bedeutendsten europäischen Häfen gerne verbessern ... oder doch zumindest halten.

Wie das geschehen soll? Die Hamburger wollen die Elbe vertiefen, nur um wenige Meter, doch zu Kosten, die die für das Musikhaus locker übersteigen. Zwar wird die Hansestadt von den vielleicht 600 Mio. Euro "nur" knapp die Hälfte tragen müssen, doch auch 250 Mio. Euro sind ein Wort, das längst nicht zuende gesprochen ist. Fahrrinnenvertiefung oder zügiges Weiterbauen am Musentempel auf Kaispeicher? Im Hamburger Senat streiten sich die Parteien über das Ausbauprojekt wie sich die Stadt und Hochtief über das Musikhausprojekt stritten. Oder sollte man sagen, noch streiten? Vor Gericht hat man sich ja aufs Weiterbauen einigen können, doch die Architekten der Philharmonie, Herzog & de Meuron, ließen wieder einmal ihren Ärger aufblitzen. Pierre de Meuron gegenüber dem Stern:"Wir legen massiv drauf." [...] "Bei der langjährigen Erfahrung von Hochtief", so der Architekt im Stern weiter, "hätte ich erwartet, dass sie das Projekt trotzdem bauen wollen und sich dafür fair und integer einsetzen. Aus unserer Sicht nutzen sie die Situation aus. Wir brauchen jetzt Fachleute, die bauen, und nicht noch mehr Juristen."

Und jetzt kam auch noch heraus, dass das Projekt 2006 gar nicht so sicher gewesen sei. Nach Auskunft des ehemaligen Koordinators des Bauprojektes, dem 2008 aus diesem Amt verabschiedeten Hartmut Wegener, liegt der Hauptgrund für die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie bei der vorschnellen Vergabe des Bauauftrags an Hochtief auf der Basis noch unfertiger Architektenpläne. Gegenüber dem stern berichtete Wegener, die Stadt habe 2006 den Auftrag so eilig vergeben, um eine politische Diskussion über das Prestigeprojekt zu vermeiden. Wäre noch mehr Zeit zwischen Ausschreibung und Baubeginn verstrichen, so Wegener, hätte Hochtief seine Unterlieferanten verloren.

"Es war damals eine der Weichenstellungen, an der das Projekt hätte abstürzen können", sagte Wegener dem stern. "Hätte man noch einmal eine Ausschreibung machen müssen, wäre sie in die politische Diskussion der Bürgerschaftswahl 2008 geraten. Das Projekt wäre tot wie ein toter Fisch gewesen", so Wegener.

Wie tot ein toter Fisch ist, kann jeder selbst einschätzen, der Stadt allerdings wäre damit etwas entgangen, das sie so ohne weiteres nicht ersatzweise hätte bestellen können: internationale Aufmerksamkeit, vielleicht einmal eine Architekturikone vergleichbar der damals ebenfalls skandalisierten Sydney Opera und nicht zuletzt ein Architekturprojekt, dass dem Neubauviertel HafenCity soetwas wie eine Identität geben könnte. Denn eine solche hat die Riesenbaustelle bis heute nicht aufbieten können. Be. K.

Noch mehr Bilder und Text finden Sie hier: Elbphilharmonie von innen Ein Besuch auf der vielleicht umstrittensten wie faszinierensten Baustelle

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