Unvoreingenommenheit! Kinder und Jugendliche und die Baukultur
Ein Baukulturprojekt aus Berlin präsentiert neue Sichten auf alte Schlossfronten 22.01.2018Wenn es darauf ankommt, haben die Erwachsenen dann doch einma die Kinder im Visier. Extrem und extrem professionell praktizieren das seit Jahrzehnten die Werbung und die Industrie, die – offenbar schlauer als der Rest der Gesellschaft – klar erkannt hat, dass man früh Einfluss nehmen muss, wenn man später Absätze/Rückflüsse erwarten möchte. Mittlerweile haben solche Gegenwarts-/Zukunftszusammenhänge auch die Architekten- und Kulturverbände, Pädagogen und natürlich die Politik erkannt. Sie kümmern sich um Kinder, um ihnen beispielsweise die „richtige“ Baukultur näher zu bringen.
So auch beispielsweise die „kleinen baumeister“. Die „kleinen baumeister“, das sind die Architekturhistorikerin Jessica Waldera und Dipl. Ing. Innenarch. BDIA , Dipl. Ing. Arch. BDB Johannes Waldera. Beide haben es sich vorgenommen, in einem weitgestrickten Netzwerk relevanter Beteiligter das Interesse und die Faszination für Baukultur bei Schülern und Kindergartenkindern zu wecken. In vielen altersspezifischen Programmen, Expeditionen oder Experimenten begeben sich sich gemeinsam auf Forschungsreisen in Stadtgeschichte, Architektur oder Design. Dabei sind wesentliche Ziele die Herausbildung eines kritischen Blicks auf die gebaute Umgebung oder das Aneignen von Fachwissen im Sinne des forschenden Lernens.
Stadtschloss.Forscher! Die Idee
Der Wiederaufbau des Berliner Stadtschloss und seine Nutzung als Humboldt-Forum lassen Schülerinnen und Schüler für 2,5 Jahre (von der 7.- 9. Jahrgangsstufe des Berliner Willi-Graf-Gymnasiums) auf Entdeckungsreise durch Vergangenheit und Zukunft eines zentralen Ortes dieses Landes gehen. Baupläne, Vermessungen, Filme, Collagen und Interviews mit den Entscheidungsträgern fließen in die Errichtung einer multimedialen Wissensbibliothek ein.
Die Schüler lernen, sich aktiv zu diesem Thema zu positionieren, sich in einer aktuellen kulturpolitischen und öffentlichen Diskussion eine eigene Meinung zu bilden, eigene Fragestellungen zu entwickeln und eigenständig nach Lösungen zu suchen, diese zu dokumentieren und weiterzugeben. Erste Forschungsideen werden im Laufe der Zeit verworfen, neue Wege beschritten und viele Fragen gestellt: Was sprach für und was gegen den Wiederaufbau des Stadtschlosses als Humboldt-Forum? Warum gab und gibt es eine so hitzige Diskussion darüber? Was wäre eine zeitgemäße und angemessene Rekonstruktion des Berliner Stadtschloss?
Wichtig bei allen diesen Arbeitsschritten ist den Projektleitern, die Schüler aus der Schule hinaus zu holen, sie an fachspezifische Orte, wie zum Beispiel Architekturgalerien, Orte und Ausstellungen zu führen, ihren schulisch festgefahrenen „Kultur-Begriff“ zu erweitern. Das Projekt gibt mit seiner Idee „Stadtschloss“ den Rahmen beziehungsweise Ausgangspunkt vor, von welchem aus die Schüler sich auf den Weg machen. Eigenverantwortliches Handeln ist ebenso eine wichtige zu erlernende Kompetenz, wie wissenschaftliche Arbeit kennen zu lernen.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die Schüler haben eigene Sichten und eigene Standpunkte formuliert, haben – ohne größere Umstände – mit Franco Stella, mit Christoph Sattler gesprochen, mit der Berliner Senatsbaudirektorin Lüscher, mit Johannes Kuehn oder dem Klassenfreund, dem Teampartner diskutiert. Sie haben ein paar noch nicht verhandelte Aspekte aufgetan, insbesondere aber den Standpunkt des unvoreingenommenen Betrachters innegehabt. Mehr geht wohl nicht. Be. K.
Die Projektdokumentation mit allen Interview in diesem Film.