Wehmütig in Herford

Jan Hoet verabschiedet sich aus dem Marta; seine Freunde machen das Programm

Wehmütig stimmt es einen, wenn man dran denkt: Ende November ist es so weit, Jan Hoet, künstlerischer Direktor und künstlerischer Spiritus Rektor des Marta in Herford geht. Ob nun freiwillig oder nicht, ob vor der Zeit oder gerade zur Zeit, er wird fehlen. Denn Herford ist keine Stadt, die Glanz übrig hätte, im Gegenteil, das verschlafene Städtchen in OWL (=Ostwestfalen Lippe) hat jeden Funken Glamour nötig. Das hat der 72-jährige Belgier in den acht Jahren seit der Eröffnung des Marta erleben müssen im tagtäglichen Kampf gegen die Verwalter pragmatischer Provinzialität. Hoet deutet das Abseits seines Hauses immerhin positiv, mit seiner Abschiedsschau "Loss of Control" will er nach eigenen Angaben "beweisen, was in Herford möglich ist".

Was aber war möglich, wenn die Etats knapper wurden als erwartet, wenn die Finanzierungen schwieriger, die ideelle Unterstützung sich auf Reaktionen eines kleinen Freundeskreis beschränkte? Es war viel möglich, großartige Ausstellungen, die bundesweit Beachtung fanden. Aber immer war ihnen ein Mangel, der große Grad von Improvisation und zwanghaft auferlegter Beschränkung inne. Im Outback der Mainstreamkultur jedoch ist, so jedenfalls Hoet, Outsiderkunst möglich: "Ich glaube, Herford ist inzwischen reif für, Outsiderkunst."

Wer dem trotz aller auch körperlicher Anstrengungen bis zum Schluss wie unter Strom stehenden Mann die Hand zum Abschied wenigstens reichen möchte, kann das am 22. November machen, dann wird Hoet durch den Bürgermeister der Stadt und ihren größten Mäzen Wemhöner verabschiedet; mit einem riesigen Kunst- und Musikprogramm, das mehr Besucher locken könnte, als die zur Zeit laufende, rund 400 Werke umfassende Ausstellung (bis 25. Januar 2009) wird locken können. Mit dabei sind u. a. die belgische Solistin und Kammermusikerin Thérèse Malengreau, der in Osnabrück lebende Künstler Jakob Bartnik, der Pianist Frank Höngen, der japanische Künstler Tatsumi Orimoto, einst Assistent Nam June Paiks, Marina Abramovic sowie, zur großen Freude und Überraschung des Autoren, der selten in Deutschland live zu erlebende Saxophongott und Freejazzer Anthony Braxton.

Was Jan Hoet nach Herford macht? Er wird nach Belgien zurückkehren, vielleicht kurz verschnaufen um sich dann, wieder einmal, vor einen großen Karren spannen lassen, den es auf eine Höhe hinaufzuziehen gilt. Und den hier oben in Balance zu halten, seinen Nachfolgern das Meiste abverlangen wird. Be. K.

Hier als PDF anliegend das ganze wunderbare Programm einer Verabschiedungsfeier in Herford, 21. bis 23. November 2008

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