Städtebauliche Dominanz

Zoofenster, Berlin

Das "Zoofenster", Berlin, von Mäckler Architekten steht kurz vor seiner Eröffnung

In einem lang zurückliegenden Gespräch mit Christoph Mäckler sagte dieser, er wisse um die Verantwortung des Architekten, wenn dieser Stadt gestalte; und reagierte damit auf die Frage, ob Hochhäuser - wie beispielsweise sein Tower185 in Frankfurt am Main oder auch sein OpernTurm in Sichtweite nicht auch etwas dominantes hätten, etwas, das den öffentlichen Raum über alle Maßen (Maßstäbe) hinaus beherrsche. Und ob das nicht bereits dem Typus Hochhaus geschuldet sei.

Nein, dem sei nicht so, wenn denn der Architekt sich an ein paar einfach Regeln halte. Dann könne ein Hochhaus mit mehr als hundert Metern Höhe durchaus Bestandteil der europäischen Stadt sein. Und damit waren wir beim Sockel der von Mäckler geplanten, imposant und - in Frankfurt weniger, weil hier quasi en famille - dominant aufragenden Hochbauten angelangt. Der Sockel, dem Mäckler im Zusammenhang mit dem OpernTurm den schönen Namen "Podium" gab, müsse, so der Architekt, dem öffentlichen Raum das zurückgeben, was der Turm insgesamt ihm genommen hat. Unten, dort, wo die Türme in den Straßenraum hineinreichen, müsse der Turm gleichsam geerdet werden über eine möglichst weite Öffnung. Beim Tower 185 sollten das sein, ein Restaurant, beim OpernTurm ist es zur Zeit eine Einrichtungskette der gehobenen Klasse.

Das Zoofenster – ein Hochhausensemble

Die Erdung funktioniert mäßig, auch, weil die tatsächlichen Verklammerungen der Gebäude mit dem Straßenraum jeweils nur in eine Richtung weisen. Zudem ist die dort angebotene Nutzung dem Mietniveau entsprechend nur dem vorbehalten, der dieses (Gesellschafts-)Niveau überhaupt erreicht. Immerhin sind die Architekturen LEED-Gold oder besser zertifiziert, auch das ein Hebel, über welchen heutzutage öffentlicher Raum umwandelbar ist. In Berlin steht jetzt ein Hochhaus vor seiner Eröffnung, das allerdings eher ein Ensemble darstellt, ein Ensemble aus unterschiedlichsten Volumina, die in Größe, in der Gestaltung und Nutzung ihre ganz eigene Ausprägung gefunden haben. Das so genannte "Zoofenster", dessen überdimensionales "Fenster" auf der Ostseite des Hauptturmes aber nur so gerade entlang der südlichen Zoogeländekante ausgerichtet ist, ist 118 m hoch, hat 33 oberirdische Geschosse und soll etwa 200 Mio. € gekostet haben. Es setzt sich zusammen aus einem in zwei Elemente geteilten Turmschaft, dessen niedrigeres sich gleichsam auf der anderen Seite des höheren als Gebäudescheibe fortsetzt. Das Podium, sechs bis sieben Geschosse hoch in maßstäblicher Anlehnung an die Umgebungsbebauung, vereint unterschiedliche Volumina zu einem unübersichtlich gegliederten Ganzen. Es öffnet sich über Arkaden zur Nord-, zur Zooseite, hier liegt auch die Vorfahrt zum Hotel (Waldorf Astoria).

Das Zoofenster als Dominante neben einer Berlin-Ikone

Überzogen von einer Lochrasterfassade, die teils unterschiedliche Fensterformate aufweist, womit offensichtlich das unübersichtliche Ganze zu größerem Zusammenhalt gezwungen werden soll, gipfelt in der die obersten sieben Geschosse verklammernden Glasfassade, dem "Zoofenster" auf der Ostseite des Hauptturms. Die steinerne Wucht des mächtig aufstampfenden, nicht vertikal, nicht horizontal orientierten, in seinen Details durchaus elegant daherkommenden Ensembles, bedroht die von Egon Eiermann entworfene Berlin-Ikone, die neue Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche (gerade hinter einem Sanierungsmantel verborgen). Der hier ursprünglich einmal geplante Entwurf von Richard Rogers, eine gläserne Hymne auf die schiere technoide Kraft von Architektur, hätte der Kirche zumindest einen Raum auf seiner spiegelnden Fassade geöffnet, das "Zoofenster", das demnächst das "Coming Soon" von Scheiben im Erdgeschoss abkratzen darf, verbirgt, verstellt, verschließt. Als Dominante im öffentlichen Raum wird der Bau Wirkung entfalten, ob das aber die ist, die sich Christoph Mäckler für seine Hochhäuser wünscht, darf bezweifelt werden. Be. K.

Architekturbüro Professor Christoph Mäckler Architekten.
Waldorf Astoria, Berlin.

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