Was tun mit leerstehenden Kirchen?

Ausstellung im Museum der Baukultur NRW vom 1.9.-6.10.2024

Dieses Problem betrifft viele Gemeinden in Deutschland: Mit schrumpfenden Mitgliederzahlen sind viele Kirchengebäude von Leerstand und Abriss bedroht. Zugleich stellen sie ein wichtiges baukulturelles Erbe für unsere Gesellschaft dar, mit denen viele Menschen emotionale Erinnerungen verbinden. Dies spiegelt sich auch in den oft konfliktbehafteten Umnutzungsprozessen von Kirchen wider. Das Museum der Baukultur NRW rückt von 1.9. bis 6.10.2024 in der Ausstellung „Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels“ deshalb Menschen in den Mittelpunkt, die sich mit Kirchentransformationen beschäftigen. Präsentiert wird die Ausstellung in der Heilig-Geist-Kirche in Essen-Katernberg.

Unsere Gesellschaft benötigt mehr denn je Orte für sozialen Austausch und gesellschaftliche Identifikation, teilt das Museum der Baukultur NRW mit. Kirchengebäude bieten sich dafür besonders an – stiften sie doch durch ihre Architektur Identität im Stadtraum, ermöglichen Menschen Raum für Austausch, Spiritualität sowie Einkehr und besitzen einzigartige Atmosphären sowie emotionale Qualität. Damit erzeugen Kirchen etwas Neues, einen „Vierten Ort“, der über die Funktion als Treffpunkt für die Gemeinschaft (die sogenannten Dritten Orte) hinausgeht.

Die Kreuzeskirche Essen wird sowohl für Gottesdienste als auch Veranstaltungen genutzt
Foto: Christian Huhn

Die Kreuzeskirche Essen wird sowohl für Gottesdienste als auch Veranstaltungen genutzt
Foto: Christian Huhn

In der Ausstellung illustriert das Museum der Baukultur NRW in Form von Video-Interviews die Bandbreite, die Vielfältigkeit und Komplexität der an den Umnutzungsprozessen beteiligten Personen sowie ihre Haltungen. Wie geht ein Architekt den Umbau an, was denkt ein Gemeindemitglied beim letzten Gottesdienst, wie begleitet eine Pfarrerin die Umnutzung, wo setzt ein Immobilienentwickler an? Dabei geht es auch um Dialog, Zusammenarbeit und Kompromissfindung.

Das Kirchgebäude von St. Rochus in Jülich steht unter Denkmalschutz und wird seit dem Verkauf als  Fahrradgeschäft samt Werkstatt genutzt
Foto: Felix Hemmers

Das Kirchgebäude von St. Rochus in Jülich steht unter Denkmalschutz und wird seit dem Verkauf als  Fahrradgeschäft samt Werkstatt genutzt
Foto: Felix Hemmers

26 Beispiele umgenutzter Kirchen in NRW

Einen weiteren Schwerpunkt der Ausstellung bilden bereits umgenutzten Kirchen aus Nordrhein-Westfalen. Vorgestellt werden insgesamt 26 Projekte in Fotos und Texten, zum Beispiel die Dreifaltigkeitskirche Köln (heute ein Aikido-Dojo), die Friedenskirche in Bochum (heute Q1 Stadtteilzentrum), St. Rochus in Jülich (heute Fahrradgeschäft) oder die Kreuzeskirche in Essen (heute Mischnutzung für Gottesdienste und Veranstaltungen). Durch diese Beispiele wird die inhaltliche und architektonische Bandbreite von Transformationen sichtbar. Zudem liefert die Ausstellung Informationen, unter anderem zum Denkmalschutz, zur Rolle der Kommunen oder zum Kirchenrecht.

Bereits 2013/2014 wurde die Friedenskirche Bochum zum Stadtteilzentrum Q1 mit Cafeteria, Gruppenräumen, Jugendbereich, Büros und Veranstaltungssaal umgebaut
Foto: Christian Huhn

Bereits 2013/2014 wurde die Friedenskirche Bochum zum Stadtteilzentrum Q1 mit Cafeteria, Gruppenräumen, Jugendbereich, Büros und Veranstaltungssaal umgebaut
Foto: Christian Huhn

„Kirchen als Vierte Orte“ will einen Impuls geben und eröffnet Dialoge über die Zukunft nicht mehr liturgisch genutzter Räume. Begleitende Diskussions- und Workshopveranstaltungen bringen dazu die lokalen und angrenzenden Gemeinden, Anwohnerinnen, Vereine und andere Gruppen in Kontakt und stoßen den Austausch an.

3000 Kirchen allein in NRW betroffen

Das Museum der Baukultur NRW präsentiert die Ausstellung vor dem Hintergrund, dass ein massiver Wandel die Kirchen und ihre Gemeinden erfasst hat: Zwischen 30 und 50 Prozent der Kirchengebäude in Deutschland werden in den kommenden Jahrzehnten leerstehen. Von den ungefähr 6000 Kirchen in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel fallen laut Mitteilung des Museums bis zu 3000 aus der Nutzung. Sind diesem Trend die kirchlichen Institutionen bis vor wenigen Jahren nicht oder kaum begegnet, erhöhe sich aktuell der Handlungsdruck zum Umgang mit dem Bestand deutlich.


Kirchen als Vierte Orte – Perspektiven des Wandels

Laufzeit: 1. September bis 6. Oktober 2024

Ausstellungsort: Heilig-Geist-Kirche, Essen-Katernberg, Meybuschhof 9, 45327 Essen

Öffnungszeiten: mittwochs bis freitags: 15-20 Uhr; samstags und sonntags: 10-18 Uhr, Eintritt frei

Eröffnung: Sonntag, 1.9.2024, 11 Uhr

Führungen: Do., 12.9.24, 19 Uhr; So., 22.9.24, 12 Uhr; Sa., 28.9.24, 12 Uhr

Begleitveranstaltungen: Do., 5.9.24, 19 Uhr: Das Kirchenmanifest; Do., 26.09.24, 19 Uhr: Die städtebauliche Dimension

Weitere Informationen: Kirchen als Vierte Orte

www.zukunft-kirchen-raeume.de

Über Baukultur Nordrhein-Westfalen

Baukultur Nordrhein-Westfalen initiiert, organisiert, vernetzt und kommuniziert aktuelle baukulturelle Themen. Dazu kooperiert Baukultur NRW mit vielen Partnern und unterstützt beispielhafte Projekte Dritter. Mit dem eigenen, mobilen Museum der Baukultur präsentiert und inszeniert Baukultur NRW gesellschaftliche Fragen und Entwicklungen – in NRW und über die Landesgrenzen hinaus. Gefördert wird Baukultur NRW vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen. www.baukultur.nrw

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