Anfang vom Ende? EuGH zum Bodenaushub als Abfall
Noch immer ist es so, dass Bodenaushub, der im Rahmen eines Bauvorhabens anfällt, regelmäßig als Abfall kategorisiert ist. Das hat zahlreiche Implikationen, die über direkt anfallende Entsorgungskosten auch Deponiebewirtschaftung, Transport, Energieaufwände etc. nach sich ziehen. Das Ideal – lehmigen Boden gleich wieder vor Ort einzubauen – ist eines und immer noch muss um dessen Einsatz über Einzelfallentscheide gekämpft werden.
So hatten viele den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs Ende vergangenen Jahres mit Spannung erwartet, der in einem Klageverfahren in Österreich zwischen einer Bauunternehmung und der zuständigen Bezirksbehörde Graz-Umgebung Klarheit schaffen sollte. Klarheit darüber, ob Bodenaushub immer gleich zu entsorgender Abfall sei, auch dann, wenn er höchsten Güteklassen entspricht.
Mit dem sogenannten „Porr-Urteil“ (AZ C-238/21) also hat der EuGH dieses Einbahnverhalten weitestgehend geöffnet: Bodenmaterial, auch wenn es nicht wieder auf der Baustelle verwendet werden soll, ist nicht mehr automatisch als „Abfall“ einzustufen.
Allerdings: Bodenaushubmaterial gilt erst dann grundsätzlich als Nebenprodukt – und damit von Beginn an nicht als Abfall im rechtlichen Sinne –, wenn es die folgende Anforderungen erfüllt: Seine sichere Verwendung ist gewährleistet, es erfolgt keine weitere Verarbeitung, die über die normalen industriellen Verfahren hinausgeht, der Boden wurde als integraler Bestandteil eines Herstellungsprozesses erzeugt, natürlich müssen alle einschlägigen Produkt-, Umwelt- und Gesundheitsschutzanforderungen erfüllt sein, womit keine schädlichen Umwelt- oder Gesundheitsfolgen zu erwarten sind.
Nicht kontaminierter Bodenaushub der höchsten Qualitätsstufe verliert seine Abfalleigenschaft auch schon vor seinem unmittelbaren Einsatz, wenn er für definierte Zwecke verwendet werden kann, wenn für ihn ein Markt oder eine Nachfrage besteht, er die technischen Anforderungen für den bestimmten Zweck erfüllt. Auch dass er keinerlei Umweltschäden oder eine Gefährdung der Gesundheit auslöst, ist Bedingung. Allerdings müssen Qualitiät und Unbedenklichkeit im Vorfeld gutachterlich geklärt sein.
Das sind noch viele Wenns und Abers, klar ist aber auch, dass das EuGH-Urteil Druck auf Politik und Wirtschaft aufbaut, der in Zusammenhang mit der Ersatzbaustoffverordnung geführten Abfall-Ende-Diskussion neuen Schwung zu verleihen. Auch ist klar, dass die am 1.8.2023 in Kraft tretende Ersatzbaustoffverordnung das Ende der Abfalleigenschaft nicht beendet, eine rechtssichere Regelung hierzu steht noch aus. Dass ein Umdenken im großen Kontext Kreislaufwirtschaft und Kreislaufwirtschaftsrecht einleitet, davon ist nun wohl auszugehen. Be. K.