OLM Nature Escape, Sand in Taufers/IT

Autark im Kreis gebaut

Als riesiger Ring mit 95 m Außendurchmesser liegt das OLM-Eco-Aparthotel in der Almlandschaft des Tauferner Ahrn­tales. Diese Großform ist wesentlich landschaftsverträglicher als ein Chalet­dorf. Das 4-Sterne-Superior-Hotel ist vor allem aus regionalen Materialien gebaut und wird energieautark betrieben.

Insgesamt 33 Suiten mit Küche und Arbeitsplatz reihen sich segmentförmig aneinander
Foto: Hannes Niederkofler

Insgesamt 33 Suiten mit Küche und Arbeitsplatz reihen sich segmentförmig aneinander
Foto: Hannes Niederkofler

Das Tauferner Ahrntal in Südtirol ist so naturbelassen, wie man es nur noch selten findet. Ein weiter, sonniger Talboden mit satten Almwiesen in einer Berglandschaft mit 20 Gipfeln, wie die Ortschaft Sanders auf ihrer Website wirbt. Hier liegt das neue Eco-Aparthotel OLM. Olm ist das Südtiroler Wort für Alm, es steht auch für die Unendlichkeit im Lauf der Zeit. Müsste man dem Kreislauf der Natur eine Form geben, es wäre der Kreis. Genau das tut das OLM.

Von jedem Punkt aus kann man ins Freie blicken
Foto: Hannes Niederkofler

Von jedem Punkt aus kann man ins Freie blicken
Foto: Hannes Niederkofler

Der umtriebige Unternehmer Christian Lechner kennt die Gegend gut. Etwas außerhalb von Sand lag dort im kleinen Weiher Walburgen der Prennhof seines Onkels auf 960 m See­höhe. Die Prenn-Bauern hatten eine Viehwirtschaft, hielten ein paar Pferde und betrieben seit den 1970ern auch eine Jugendherberge mit Stockbetten und Aufenthaltsraum. Rund 65 Personen konnten dort übernachten, skifahren, wandern und die Berge erobern. Als die Bauern alt wurden, übergaben sie ihren Hof dem Neffen. Der beschloss, dort ein Hotel der 4-Sterne-Kategorie zu errichten. Das war nur möglich, weil hier schon ein Beherbergungsbetrieb gestanden hatte.

Landschaftsverträglicher als ein Chaletdorf: Das Hotel ist vor allem aus regionalen Materialien gebaut und wird energieautark betrieben
Foto: Hannes Niederkofler

Landschaftsverträglicher als ein Chaletdorf: Das Hotel ist vor allem aus regionalen Materialien gebaut und wird energieautark betrieben
Foto: Hannes Niederkofler

Das neue Hotel durfte maximal 4 200 m² Grundfläche verbrauchen. Lechner beauftragte die Südtiroler Andreas Gruber Architekten (AGA) mit der Planung und Thomas Steiner als Hotelberater, zumal die durchaus komplexe Branche für den Investor noch Neuland war. AGA bauen mit wertigen regionalen Materialien und knüpfen auf zeitgemäße Art an örtliche Traditionen an. Die Architekten hatten bereits die Obomilla Waldchalets realisiert, auch in Sand dachte man ursprünglich an ein Chaletdorf. „Das wäre an diesem Ort unverantwortlich gewesen“, sagt Gruber. „Diese Aneinanderreihung von Volumen hat einen hohen Bodenbedarf, trägt sehr stark zur Zersiedelung bei und bietet dem Gast keine Privatheit.“

Die Oberflächen aus gebürsteter Eiche harmonieren mit Böden, Wänden und Decken
Foto: Hannes Niederkofler

Die Oberflächen aus gebürsteter Eiche harmonieren mit Böden, Wänden und Decken
Foto: Hannes Niederkofler

In die Landschaft integrieren

Der Bauherr sah das genauso. Es ging nicht auf Biegen und Brechen um Wirtschaftlichkeit, im Sommer weidet hier immer noch Vieh, das Hotel sollte sich landschaftlich integrieren. Das Ahrntal steht unter Naturschutz, die Verwurzelung mit dem Almboden, der achtsame Umgang mit den Ressourcen der Erde und der Rhythmus der Natur sind die Leitmotive des Entwurfs. „Man kann 4 200 m2 nicht verstecken, wir wollten keine tradierte Form zitieren“, so Gruber. Das Hotel umschließt in der Großform eines Ringes einen natürlich bewachsenen Innenhof mit 60 m Durchmesser. Der Außendurchmesser dieses Rings beträgt 95 m, der innere 75 m. Sein Volumen schiebt sich leicht in den Hang und nimmt die Umgebung in seine Funk­tion mit auf. Bergseitig ist er ein Geschoss hoch, talseitig zwei, macht maximal 7,50 m. Das Projekt wurde auf Anhieb genehmigt.

Das Interior Design stammt von March Gut aus Linz
Foto: Hannes Niederkofler

Das Interior Design stammt von March Gut aus Linz
Foto: Hannes Niederkofler

Der Ring wird aus zwei verschobenen Kreisen gebildet, wodurch er sich im Norden bei den Parkplätzen verbreitert. Das verhilft Foyer, Rezeption und Restaurant zu mehr Präsenz und Tiefe. Hier beginnt innenseitig das lange, schmale Sportbecken geradlinig seine Bahn durch den runden Naturbadeteich zu ziehen. In seinen Wasserflächen spiegelt sich das Hotel. „Es hat keine schöne und keine hässliche Seite, von jedem Punkt aus sieht man ins Freie.“

Holz, Stein und Handwerk aus der Region

Idyllisch: Sportbecken, Indoor-Sauna und Ruhebereich
Foto: Hannes Niederkofler
Idyllisch: Sportbecken, Indoor-Sauna und Ruhebereich
Foto: Hannes Niederkofler

De facto wurde das Thema der Chalets in die Großform integriert. Insgesamt 33 Suiten mit Küche und Arbeitsplatz reihen sich segmentförmig aneinander, jede erweitert sich an ihrer raumhohen Nurglasfront zur geschützten Loggia. Diese sind entweder introvertiert zur inneren Gartenlandschaft oder extrovertiert in die umgebenden Almen orientiert. Bis an den Rand der Loggien vorgezogene Zwischenwandscheiben und schräggestellte Fassaden garantieren absolute Privatheit. Jede Suite ist zur Gänze aus Massivholz und als autonome, vorgefertigte Einheit in die Tragstruktur gestellt. Dem Beton wurde Granulat aus regionalen Steinen beigemischt, dadurch passt er farblich zur Umgebung. Den Putz hat man in der Aushärtungsphase gewaschen, sodass der Schieferquarzit-Zuschlag aus einem nahen Steinbruch sichtbar wird.

Insgesamt 33 Suiten mit Küche und Arbeitsplatz reihen sich segmentförmig aneinander
Foto: Hannes Niederkofler

Insgesamt 33 Suiten mit Küche und Arbeitsplatz reihen sich segmentförmig aneinander
Foto: Hannes Niederkofler

Das Interior hat AGA in Zusammenarbeit mit der Linzer Design-schmiede MARCH GUT konzipiert, es wurde von einer örtlichen Tischlerei maßgefertigt. Die Oberflächen aus gebürsteter Eiche harmonieren mit Böden, Wänden und Decken. Letztere sind zementgebunden und gewähren ausreichend Brandschutz, es gibt Fußbodenheizung, dicke Teppiche aus Schafwolle dämpfen den Schall. Außerdem wärmen sie Füße und Herz.

Lageplan, M 1 : 5 000

Lageplan, M 1 : 5 000

Der Eingang liegt gleich beim Parkplatz im ersten Stock. Rezeption, Foyer, Restaurant und Bar bilden eine Art großzügiger Plaza zum Versammeln und Speisen, es gibt einen Tisch für 20 Personen, eine Schauküche, für den Steinofen nutzte man Findlinge aus dem Aushub. Jede Suite bildet ein Segment dieses Rings, jede öffnet sich mit einer vollverglasten Panoramaseite zu einer Loggia, jede ist anders. Einige orientieren sich nach außen zur Natur hin, andere nach innen zur gestalteten Gartenlandschaft. Kein Ausblick ist gleich, jeder hat seinen eigenen spezifischen Reiz, es gibt sie in drei Größen, die meisten haben sogar eine eigene kleine Sauna.

Metapher für das Mühlrad

Es ist eine Form mit Wiedererkennungswert und Bezug zur Landschaft. „Metaphorisch steht es auch für das Mühlrad“, sagt Andreas Gruber. In den Kematen gibt es viele Mühlen. Die runde Form führt dazu, dass wirklich jeder Blick anders ist, und sie hat etwas Unendliches: Die Suiten werden von Umgängen erschlossen, die zuerst entlang des äußeren und dann nach einem Durchstich entlang des inneren Kreisradius erfolgen. Man könnte theoretisch immer im Kreis gehen. „Der Weg durch das Hotel ist auch geprägt von den Eindrücken, die uns die Landschaft gibt.“

Querschnitt, M 1 : 800

Querschnitt, M 1 : 800

Das OLM-Ressort ist von Kopf bis Fuß auf Umwelt eingestellt und wird sehr ganzheitlich betrieben. Das beginnt bei der Energie und reicht über den Einsatz regionaler Baumaterialien bis hin zum Graukäse aus der Nachbarschaft. 130 Bohrpfähle, die im angrenzenden Feld 120 m tief in die Erde ragen, nutzen die Erdwärme, Solarpaneele auf der gesamten Dachfläche und eine Wärmepumpe sorgen für eine hervorragende Energie­bilanz. „Das OLM nature Escape ist wahrscheinlich das erste energieautarke Hotel, das seine positiven Energieüberschuss in das regionale Stromnetz einspeisen kann“, sagt Andreas Gruber. „Wenn unser Pool im Winter raucht, muss der Gast kein schlechtes Gewissen haben.“ Genutzt werde die Energie der Erde und der Sonne. An die 1,5 Mio. Euro investierte Lechner in das Energiekonzept.

Erdgeschoss, M 1 : 800

Erdgeschoss, M 1 : 800

„Wir wollten das Ressort nicht als Insel sehen“, sagt Gruber. „Es soll auch einen Mehrwert für die umgebenden Bauern schaffen.“ Nahrungsmittel bezieht man vor allem von deren Landwirtschaften, das kleine Geschäft zur Selbstversorgung ist vor allem mit Produkten aus Südtirol bestückt.

Die Resonanz ist viel besser als erwartet: Im November 2023 war Eröffnung, einige Gäste kamen schon zum dritten Mal. Anfänglich war das Restaurant nur zwei Mal die Woche offen, längst ist es ein kulinarischer Fixpunkt im Ahrntal.

Obergeschoss, M 1 : 800

Obergeschoss, M 1 : 800

Projektdaten

Objekt: OLM Nature Escape, www.olm.it

Standort: Unterwalburgen 21, Kematen, 39032 Sand in Taufers, Südtirol, Italien

Architektur: Andreas Gruber Architekten, www.architektgruber.com

Interior: MARCH GUT, Linz/AT, marchgut.com

Eröffnung: November 2023

Zimmerzahl: 33 Suiten

Grundfläche: 4 200 m²

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