BDB Student:innen-Förderpreis 2024 ist vergeben!

Förderpreise für den Nachwuchs? Aber immer! Denn allein für die Auslobung eines – dann auch noch gut dotierten – Nachwuchsförderpreises erhält der Auslober einen Einblick in das, was demnächst für das eigene Handeln, die Schärfung und Ausrichtung des Profils relevant ist. Der BDB Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure lobte seinen Förderpreis in diesem Jahr bereits zum 23. Mal aus, eine schöne Sache, die durchaus auch Arbeit ist, sich in jedem Fall aber auszahlt!

Wie schon ein paar Mal in der Vergangenheit des abschließenden Bewerbungsverfahrens traf sich die interdisziplinär besetzte Jury in „ihrem“ Raum mit Ausblick ins Grüne im Hauptgebäude der Architekturfakultät Berlin am Ernst-Reuter-Platz. Eine Ebene höher, im erweiterten Foyer, wand sich eine vielgliedrige Schlange von Stelltafeln über die Flure, Hängeflächen für die in diesem Jahr 335 eingereichten Arbeiten – Rekord!

Doch bevor sich die Jurorinnen auf den Weg nach oben machten, wurde – nach der Wahl des Juryvorsitzenden – die auf knapp über 200 Arbeiten reduzierte Auswahl digital angeschaut, von den Juroren erstbewertet und anschließend der Runde vorgestellt. Es folgten erste Ausscheidungen, Rückholungen und teils bereits sehr engagiert geführte Diskussionen, die bis in den Abend reichten.

Am Folgetag ging es dann um ein weiteres Reduzieren auf vielleicht 20 Arbeiten, aus denen schließlich – und spätestens hier standen alle oben in der Ausstellung – 6 Auszeichnungen und ein Sonderpreis gekürt wurden. Dazu kamen vier Anerkennungen. Ob damit die Besten der Besten die Gewinner stellen? In der sehr dichten Auswahl- und Diskussionsarbeit ist sicher auch die eine oder andere der eingereichten Arbeiten untergegangen, die zu diskutieren, zu verteidigen oder herauszuheben auch eher möglich gewesen wäre, wäre sie stärker präsentiert worden.

Wieder einmal wurde bewusst: Wer seine Sache nicht visuell vermitteln kann, kann nur noch auf das Glück der seltenen Momente rechnen, in der eine mit Bildern, Grafiken und Texten geflutete Jury einmal sekundenlang den Atem anhält… was nicht oft vorkam!

Dennoch, die Gewinnerteams haben es sich verdient. Der mit insgesamt 5 200 € sehr gut dotierte Förderpreis des BDB, der Studierenden der Fachrichtungen Architektur, Bauingenieurwesen und Stadtplanung eine einmalige Plattform bietet, erreichte auch in diesem Jahr wieder einmal die jungen Talente, die sich ein Verband als tatkräftig am Mitbauen Aktive und als Mitglieder nur wünschen kann.

Was besonders war

Eine Besonderheit in diesem Jahr: Mit insgesamt 335 eingereichten Arbeiten erfreute sich der Wettbewerb einer vorher nie dagewesenen Beteiligung! Das freute den Auslober. Ebenfalls besonders war der Tenor der Arbeiten, der derart am aktuellen Baudiskurs hing, dass sich Teile der Jury bereits wehmütig zeigten: Wo sind die gut in Szene gesetzten Fantasien von einem Bauen jenseits des real Gebauten? So gab es kaum Skizzen, wenig Renderings, die Raum- oder Gestalt­atmosphäre vermitteln wollten, keine Hidden Places, keine kuscheligen Elfenbeintürme oder Schneckenhäuser. Offenbar ist die Notwendigkeit vom „Umbau“, vom „Im Bestand arbeiten“ beim Nachwuchs angekommen. Und das in einer überraschenden Vielfalt, einer nachdenklich machenden Variantenbreite und durchaus auch querab von manchen Umbau-Klischees. Und damit ist die Botschaft klar: Wenn dieser Nachwuchs einmal das Planen und Bauen übernehmen wird, haben sich die Gewichtsklassen verändert, müssen sich Politik und Verbände darauf einstellen, dass sie ein Gegenüber haben, das einfach auch mal energisch anders denkt. Gut so!

Die Jury / die Preise

Die interdisziplinär besetzte Jury tagte unter dem Vorsitz von BDB-Präsident Christoph Schild und setzte sich wie folgt zusammen: Prof. Frank Kasprusch (Universität Kassel), Dr. Elena Wiezorek (Vizedirektorin Bundesstiftung Bauakademie), Dr. Patricia Horst (Uni Siegen), Benedikt Kraft (stellv. Chefredakteur DBZ Deutsche BauZeitschrift), Anna Lenz und Lisa Stadtmüller (Preisträgerinnen Student:innen-Förderpreis 2023) und Jonathan Heid (BDB-Berater für Studierende). Jury und BDB gratulieren den diesjährigen Preisträger:innen sehr herzlich zu ihrem Erfolg!⇥Benedikt Kraft/DBZ

Im Bereich Gebäude wurden gleichrangig ausgezeichnet:

„Einfach (Um-) Bauen: Studentenstadt Freimann“ Felix Bodenmüller, TU München

Jury, im Auszug: Die Arbeit beschäftigt sich mit der Transformation des Haus 12 in München. Der Leerstand aus der Nachkriegszeit mit 428 Wohneinheiten wird auf seinen Wert hin analysiert und die Struktur gänzlich erhalten und mit einfachen Maßnahmen ertüchtigt und ergänzt. Ein wunderbares Beispiel dafür, wie mit wenigen Eingriffen die Bausubstanz aufgewertet und Leerstand reaktiviert werden kann, ganz unter dem Motto Reparatur und Addition statt Abbruch.

„Palimpsest – Eine Hülle für die unsichtbaren Spuren eines Ortes“ Anastasia Pusch, Bergische Universität Wuppertal

Jury, im Auszug: Ein Hochbunker aus Zeiten des Nationalsozialismus überschreibt im Frankfurter Ost End die Geschichte der alten Friedberger Syna­goge. Diese wurde in den November-Pogromen 1938 vollkommen niedergebrannt. Mit der brutalen Überschreibung (Palimpsest) sollte Geschichte ausgelöscht, vergessen gemacht werden. Der Verfasserin gelingt es nun sehr eindrücklich, die physisch existenten, die verborgenen und die geistigen Spuren des Ortes mittels einer erneuten, sehr subtilen Überschreibung sichtbar und lesbar zu machen. Dass die Nutzung großer Teile offen bleibt, unterstreicht das Ephemere wie zugleich die Kontinuität der gebauten Umwelt.

Drei Anerkennungen im Bereich Gebäude an Moritz Reh, Paul Fleckenstein, Universität Kassel, für die Arbeit „Torhaus Werkstätten“, sowie an Maximilian Schirmer, FH Münster, für „Wandelbar Wohnen – Ein Parkhaus wird Wohnraum“, und an Jan Schwaiger, FH Potsdam, für „Obdach – Umnutzung Galeria Karstadt“.

Auszeichnungen im Bereich Konstruktionen:

„WikiTräger+“ Tobias Baumann, Dominik Pelz, Sebastian Messmer, Christian Flaig, HTWG Konstanz

Jury, im Auszug: Die preisgekrönte Arbeit zeichnet sich durch ihr innovatives Tragsystem aus und bietet eine zukunftsorientierte Lösung. Der WikiTräger+ ist ein Rahmenträger mit einem besonderen Design, das durch formoptimierte Holzbauteile realisiert wird. Durch Schwalben- und Steckverbindungen erlangt die Konstruktion ihre Tragfähigkeit und kann somit ohne Schrauben, Nägel oder Leim eine Spannweite von 16,8 m ermöglichen. Womit sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Aspekte adressiert werden.

- Eine Anerkennung im Bereich Konstruktionen geht an die Arbeit „Another Skin“ Ansgar Keller, ETH Zürich.

Im Bereich Städtebauliche Planungen wurden gleichrangig ausgezeichnet:

„Stadtgebirge – Hochpunkte der gesunden Stadt Berlin“ Fiona Wittmann, Sophie Wenske, Lilli Bieler, Anna-Katharina Isfort und Mara Dürig, FH Potsdam

Jury, im Auszug: Die Arbeit hinterfragt, welche Rolle die städtebaulich prägenden Kirchengebäude in Zeiten schrumpfender Kirchengemeinden für die Stadtgemeinschaft haben können. Die Verfasserinnen schlagen vor, diese als Erholungs- und Gemeinschaftsorte für die Stadt von Morgen zu entwickeln. Neben einer umfangreichen Analyse des Standortnetzwerkes werden mehrere konkrete Kirchengebäude aus Berlin im Quartierskontext dargestellt. An exemplarischen Standorten veranschaulichen schematische Entwürfe die Umgestaltungen der Gebäude und ihrer Umgebungen unter dem Leitbild der gesunden Stadt bis zur detaillierten Auswahl der Baumaterialien. Die Jury würdigt mit der Preisverleihung die vielschichtige Bearbeitung einer sozialpolitischen wie städtebaulichen Herausforderung in Verbindung mit einem visionären Zukunftsleitbild.

„Traum/a Einfamilienhaus“ Vivian Graute und Isabell Gierok, Hochschule München:

Jury, im Auszug:  Die Grundidee der Arbeit, die sich dem Traum EFH in kuratierender Haltung annimmt, ruht auf der Vergemeinschaftung privater Grundstücke und der Schaffung einer Siedlergenossenschaft. Umverteilung und Genossenschaftsanteile sind aus Sicht der Verfasserinnen der Schlüssel, bereits bestehende EFH-Siedlungen durch konsensuales Nachverdichten lebendig zu halten. Eine Utopie? Vielleicht, ganz sicher aber auch ein notwendiges Denken, das hier in ein nachvollziehbares Layout gemündet ist.

„Berliner Küchen“ Manuel Rademaker, Ida Steffen, Marvin Winkens und Jan Schwartz, FH Potsdam

Jury, im Auszug: Dem Trend der städtischen Vereinzelung setzt die Arbeit eine Idee entgegen, die in der Jury zu durchaus kontroverser Diskussion führte: Kann man planen, dass die überall präsenten Küchen in den vielfachen Einzelhaushalten zugunsten der Gemeinschaft aufgegeben werden? Die Verfasser sagen ja, und haben mit ihrem ungewöhnlichem, angemessen plakativem wie mutigem Ansatz nachvollziehbar gemacht, dass der auch als „utopisch“ seitens der Jury charakterisierte Ansatz die Stadtplanung der nächsten Zukunft mitsteuern könnte.

Mit einem Sonderpreis wurde ausgezeichnet:

„Zirkulärität Bauglas – Mögliche Umsetzung im Rahmen des Abrisses des IWZ Deutz“ Anna Philipps und Ikram Khattabi, TH Köln

Jury, im Auszug: Wie etwas voranbringen in der Entwicklung des Baugeschehens? Man kann Referenzen realisieren oder Prototypen, oder – was seltener ist im Bereich studentischen Arbeitens an einer TH beispielsweise – man schreibt über ein Thema. Ist also bilderfern, aber grafikenstark in der Forschung, mitten im Diskurs zum Kreislaufwirtschaften beispielsweise. Die Verfasser haben sich des Themas Flachglas im Zusammenhang Wiederverwendung, Eignung Zirkularität, Möglichkeiten/Chancen angenommen. Sie liefern uns eine klare Orientierung im Zirkularitätsdiskurs und stellen unter Beweis, dass wir Studierende immer wieder dazu anstiften müssen, sich einem Thema nicht nur entwurflich zu widmen, sondern auch auf der theoretisch forschenden Seite. Der „Sonderpreis“ könnte hier als „Preis für etwas Besonderes“ stehen.

www.baumeister-online.de
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