Am Gutbrod arbeiten: Kunstgewerbemuseum eröffnet

Einem Bau an prominenter Stelle verzeiht man seine „funktionalen Defizite“ weniger leicht, wenn er von Anfang an und bis heute negativ rezipiert wird. Schwingen dagegen Architektenname, internationales Renommee und politscher Wille im positivem Resonanzraum, darf ein Museum wie die Neue Nationalgalerie von Mies beispielsweise funktionale Defizite aufweisen, der Bau wird als anspruchsvoll, herausfordernd und inspirierend bezeichnet.

Ganz anders das vis-a-vis am Kulturforum liegende Kunstgewerbemuseum von Rolf Gutbrod, das schon wärend seiner Entstehungszeit 1967-1985 als „Betonbunker“ bezeichnet wurde und mit dem Anhängen des bis heute so gerne missverstandenen Begriff „Brutalismus“ die totale Ablehnung erfuhr. Das ging soweit, dass Gutbrod als Chefplaner am Kulturforum abgesetzt wurde.

Tatsächlich ist der Bau, der von außen durch eine „Piazzetta“ genannte Parkgaragendecke drangsaliert wird, schlecht erschlossen. Sein Eingang erinnert mehr an den eines universitären Instituts von mittlerer Bedeutung denn an den Zugang zu einem Museum mit wertvoller Sammlung. Drinnen setzt sich der nüchterne Charakter fort, die Ausstellungsmacher haben mit Unübersichtlichkeit, schlechtem Licht und wenig flexiblen Flächen zu kämpfen. Ein Grund, nicht hinzugehen? Ein klares Nein an dieser Stelle würde vom Dünkel desjenigen sprechen, der dem Kunst- und Kulturkonsumenten Zumutungen zumutet. Aber die Museen sind Wirtschaftsunternehmen für eine Stadt. Sie kos-ten Geld und müssen dieses Geld wenigstens auch wieder reinholen (inzwischen wird Kunst aus öffentlichem Besitz auch verkauft, um Defizite beispielsweise in der Vermarktung zu kompensieren).

Also gab es einen Wettbewerb 2004, ausgelobt vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, zur „Behebung von funktionalen Defiziten“. Den hatte das Büro Kühn Malvezzi, Berlin, gewonnen, das nun, Ende 2014, ihre Arbeit präsentierte (über die Behebung des Defizitären berichten wir ausführlich in der kommenden Ausgabe).

Jetzt kam die Meldung, dass der Neubau für Gegenwartskunst am Kulturforum durch den Bund finanziert wird. 200 Mio. € lassen wir uns die „Galerie der Gegenwart“ kosten.

Es geht voran am Kulturforum, die Frage ist nur: wohin? Be. K.

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