Architekturphantome
Seit einem Jahr hat der BER, Flughafen bei Berlin, geplant und in Teilen realisiert von gmp Architekten, Hamburg, geöffnet. Aber was heißt das eigentlich? Kann man ihn jetzt besichtigen, wie man die Pyramiden besichtigt? Fliegt tatsächlich ein Flugzeug – oder gar mehrere – von dort und auch irgendwohin? Ein paar Milliarden hat die Fluganlage im Südosten Berlins die SteuerzahlerInnen gekostet, die ArchitektInnen selbst witzelten bei einem der letzten Presserundgänge, man könne das Haus auch zum Autohaus umwandeln, beispielsweise. Wobei der Bautyp „Autohaus“ in diesen Zeiten auch eher Phantomcharakter annimmt.
Der Fotograf Matthias Hoch hat nun von 2017 bis 2020 die Möglichkeit gehabt, das riesige Haus mit seiner Kamera zu besuchen und Bilder zu machen. Von einem Zustand, der irgendwie dazwischen ist, zwischen fertig und noch-nicht-fertig, zwischen Euphorie und Depression, zwischen Mittagspause und Mitternachtswachgang. Keine ArbeiterInnen sind zu sehen, dafür Räume, die noch Schutzfolien zeigen, Fertiges und im Fertig-werden Begriffenes. Auch Arbeiten, die auf Revision schließen lassen, Bauschäden, die nach dem Fotografen ein Gutachter fotografien wird … Aber wahrscheinlich war der schon da.
Trotz aller Chronologie in der Reihung der Bilder stellt sich beim Betrachten der Fotografien der Eindruck eines Dornröschen-Schlafs ein, nur, dass dieser Schlaf nicht dem Fluch einer gekränkten Hexe zu verdanken ist, sondern einem überforderten Management-System, Ehrgeiz und Profilierungsdrang und vielleicht auch mangelhafter Planungskommunikation.
Begleitet von einem literarischen Pendant auf eigenem Papier (Kathrin Röggla) und einem die Fotoarbeiten erläuternden Text (Thomas Weski), ebenfalls eigenes Papier, wird, sollte man irgendwann eine Reise vom BER aus unternehmen, der Blick auf das Gebaute mit diesen Bildern hier im Kopf ein anderer sein. Einer, der hinter, unter die Flächen geht, einer, der aber auch der Schönheit der Phantome und des Schwebezustands im Unfertigen nachtrauern könnte. Be. K.