Assoziatives Schauen

In Antiquariaten findet man, so Alexander Brodsky in einem in der hier vorliegenden Publikation abgedruckten Interview, nicht selten aus Lexika herausgetrennte Stiche, frühe Lichtbilder o. ä. Diese aus dem Zusammenhang gelösten Bilder vergleicht er mit den Zeichnungen Peter Märklis, die dieser seit den ersten Projekten in den 1980er-Jahren mit seiner Architektur zusammen anfertigt. Viele 100 Zeichnun­gen auf etwa DIN A4 großen Blättern sind das mittlerweile geworden, einige wenige von diesen wurden in der letzten Märkli-Monografie abgedruckt.

Nun liegt eine große Auswahl daraus gedruckt und mit teils sehr klugen Kommentaren versehen vor. Die kleinformatigen Bilder von Häusern, von Details von Häusern oder auch kleinen Panoramen erscheinen auf den ersten Blick wie die naiven Notizen eines Unentschlossenen, der von dieser zu jener Variante im Ausdruck und im Detail wechselt und nicht so recht vom Fleck zu kommen scheint. Wer allerdings die Arbeiten Märklis vor Augen hat – hier insbesondere für die früheren Zeichnungen das Einfamilienhaus in Sargans – wird Zusammenhänge erkennen. Nicht vordergründig formale oder skizzenhaft entwerferische, eher die Ahnung von einer andauernden Suche nach dem Kern der Architektur. Den am Ende der Suche zu finden sich Märkli keinerlei Illusionen hingibt.

So wird das Durchblättern der „ohne Titel“-Zeichnungen zu einer bereichernden visuellen Reise für den, der Märklis Eigenheiten gut kennt. Dem, der dem Architekten hier zum ersten Mal begegnet, steht die ganze Welt assoziativen Schauens offen. Was für die eigene Arbeit durchaus gewinnbringend sein kann. Be. K.

x

Thematisch passende Artikel:

Ausgabe 8/9/2017

Professionell körnig

Peter Märkli ist ein Verborgener. Vor zwanzig Jahren war er gar ein Geheimtipp, erst seine „La Congiunta” von 1992 brachte den Schweizer Architekten an die Oberfläche der Wahrnehmung aller...

mehr
Ausgabe 10/2013

Kostbare Bibel

Im Rahmen der Architekturbiennale 2012 hatte Valerio Olgiati 41 Architekturgrößen gebeten, ihm für sein Projekt „Pictographs of contemporary Architects” Bildmaterial zuzusenden, das er dann in...

mehr
Ausgabe 02/2020

Wunderbare (Bilder-)Reise

Quirino De Giorgio (1907?–?1997) war ein italienischer Architekt, dessen Werk so ziemlich in Vergessenheit geraten ist; auch in Italien. Der Mann, der neben Wohnhäusern und ganzen Wohnanlagen auch...

mehr
Ausgabe 02/2015

Die Böhms – Bilder einer Familienarchitektur www.realfictionfilme.de, www.boehmarchitektur.de

Wunderbar das: Gottfried Böhm, 93-jähriger deutscher Architekt und Pritzkerpreisträger, sitzt im Riesenrad. Der Mann lächelt, dann: „Toll! Das ist der Ring vom Peter, dahinten. Vom Paul die...

mehr
Buchrezension

Popstars des Internationalen

Es gab genau 10 Hefte, genauer gesagt “Architekturtelegramme” der britischen Architektengruppe Archigram, die zwischen 1961 und 1972 in London erschienen waren. Und die damals bis heute noch ihre...

mehr