„Bildungshaus“ irgendwann? Ein Wettbewerbsentscheid
„Bildung“ war immer schon das Pfund, mit dem sich wuchern ließ und so wird es auch in Zukunft sein. Mit „Bildung“ steht und fällt die berufliche und gesellschaftliche Zukunft eines jeden Einzelnen. Um „Bildung“ zu vermitteln gibt es Schulen, man könnte auch sagen Lernorte, an welchen Wissen und manchmal auch Bildung vermittelt wird. Was Bildung ist, kann hier nicht erklärt werden.
Vielleicht erklärt sich der Begriff demnächst in Wolfsburg, dort soll in den kommenden Jahren ein „Bildungshaus“ gebaut werden; ein wenig unterhalb des aktuell sanierten
Theaters von Hans Scharoun, jedenfalls in dessen Sichtweite und ebenfalls prominent platziert am Stadteingang. Im „Bildungshaus“ sollen auf rund 16 500 m² Fläche die VHS, die Stadtbibliothek, das Medienzentrum und die Oberstufe der von Volkswagen finanzierten Neuen Schule zusammengefügt werden. Und einen innovativen und natürlich „vernetzten“ Lernort begründen.
Es gab einen zweiphasigen Planungswettbewerb im vergangenen Jahr. Die Jury wählte aus insgesamt 112 Entwürfen drei aus, die in dem daran anschließenden Verhandlungsverfahren ausgearbeitet wurden. Gewonnen hat nun das in Helsinki ansässige Architekturbüro Esa Ruskeepää Architects mit den Berliner Landschaftsarchitekten Fugmann Janotta Landscape Architecture. Die beiden Mitbewerber für den Neubau am Klieversberg waren Schaltraum Dahle – Dirumdam – Heise Partnerschaft von Architekten mbB, Hamburg (mit HinnenthalSchaar LandschaftsArchitekten, München, und Werner Sobek Stuttgart, Stuttgart), sowie prosa architekten, Darmstadt (mit Rehwaldt Landschaftsarchitekten, Dresden und Fast + Epp GmbH, Darmstadt).
Das siegreiche Team aus Finnland überzeugte die Jury mit einem Entwurf, „der in seiner städtebaulichen Positionierung und architektonischen Anmutung der hohen Bedeutung für die Stadt vollauf gerecht wird.“ Die außergewöhnliche Bepflanzung im und am Haus wird durch Tita Giese Pflanzenprojekte aus Düsseldorf erarbeitet. Der auslobenden Stadt, in Person Oberbürgermeister Klaus Mohrs, war der Entwuf mit der dynamischen Dachlandschaft vor allem sympathisch, weil hier der Mensch im Mittelpunkt der Architektur stehe. „Das Bildungshaus an diesem besonderen Ort in Wolfsburg und in der Nachbarschaft großer Architekten wie Hans Scharoun und Alvar Aalto entwerfen zu dürfen ist eine große Ehre für mich“, freut sich Esa Ruskeepää.
Da mit der Schaffung eines „Bildungshauses“ das angestammte Haus der Bildung obsolet wird, gestattet sich die Stadt, Planungs- und vielleicht auch Realisierungphase am Klieversberg parallel zur Nutzungsänderung für den Kultbau an der Porschestraße zu bearbeiten. Das ehemalige Kulturzentrum (KuZ hießen die damals) und heutige Alvar-Aalto-Kulturhaus beherbergt bis heute unter anderem die Stadtbücherei und ehemals die VHS. Was mit diesem Kulturbau geschehen wird sollen Gutachten, Bürgerworkshops und andere zielorientierte Verfahren ermitteln. Und natürlich sind Aalto-Stiftung, Aalto-Gesellschaft und der Denkmalschutz mit im Boot.
Klar ist aus Sicht der Stadt, dass die eine der wenigen Stadtperlen weiterhin einem kulturellen Nutzen erhalten bleiben soll. Und ebenso, dass das Gebäude öffentlich bleiben muss. Angestrebt ist zudem eine Vielfalt von Nutzern, was man vielleicht auch der pragmatischen Erkenntnis verdankt, dass der berühmte Finne eine Architekturlandschaft entworfen hat, die von einer Institution alleine nicht mit der nötigen Intensität bespielt werden kann.
Der mutige wie kraftvolle Entwurf des weniger berühmten Finnen ist noch nicht im Rat beschlossen (Objektbeschluss steht erst Mitte 2017 an!), 2016 sind Wahlen. Beiden Finnen wird man Glück wünschen wollen, Wolfsburg (wie vielleicht jede Stadt?) kann von Bildungsbauten dieser Qualitäten gar nicht genug besitzen. Be. K.