Brandschutz in der Stahlrahmen-Modulbauweise
Die Stahlrahmen-Modulbauweise ist aufgrund planbarer Kosten und der schnellen Realisierung auf dem Vormarsch. Doch wie sieht es mit dem Brandschutz aus? Ronny Bellmann, Leiter des Bereichs Technik & Innovation von KLEUSBERG, klärt auf, worauf es ankommt.
Moderne Modulgebäude sind mittlerweile mehr als Alternativen zur konventionellen Bauweise. Sie sind in vielerlei Hinsicht eine zukunftsweisende Bauform. Hochpräzise und passgenaue Vorfertigung der Module, termingerechte Fertigstellung, kalkulierbare Festkosten und dennoch große architektonische Freiheit sind die herausragenden Faktoren. Auch beim Brandschutz und dessen Anforderungen an den Feuerwiderstand für Bauteile und das Brandverhalten von Baustoffen zeichnet sich die modulare Bauweise aus Raumzellen mit Stahlrahmentragwerk aus. Denn einmal freigegeben, ist keine weitere Prüfung erforderlich. Das senkt Aufwand und Kosten für Bauherren, Fachplaner und Architekten.
Doch nun zunächst wichtige Informationen über die Grundlagen und besonderen Anforderungen zum Brandschutz für Modulgebäude aus Stahl.
Modulgebäude aus Stahl – eine Definition
Hochbauten aus modularen Raumzellen mit dreidimensionalem Stahlrahmentragwerk und raumabschließenden Ausfachungen werden industriell im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle zu Gebäuden dauerhafter Nutzung z. B. Büro- und Verwaltungsgebäuden, Schulen, Kindergärten, Sozialgebäuden oder Wohngebäuden montiert. Die Flexibilität der modularen Bauweise ermöglicht nahezu alle Gebäude- und Raumgeometrien.
Gemäß DIN EN 1990:2010-12 „Grundlagen der Tragwerksplanung“ Tabelle 2.1 sind Gebäude und andere gewöhnliche Tragwerke für eine geplante Nutzungsdauer von 50 Jahren unter Berücksichtigung von Dauerhaftigkeitskriterien – z. B. Wahl des Tragsystems oder Eigenschaften des Baugrundes – auszuführen.
Die Bemessung des Stahltragwerkes erfolgt nach allgemein anerkannten Regeln der Technik und die Ausführung durch ein zertifiziertes Stahlbauunternehmen. Die Gründung aus Bodenplatte oder Streifenfundamenten entspricht üblichen Flachgründungen für Hochbauten. Zeitgleich werden die modularen Raumzellen werksseitig vorgefertigt. Ein projektbezogenes Baugrund- und Gründungsgutachten bringt für alle am Bau Beteiligten Planungs- und Kostensicherheit.
Das Stahlrahmentragwerk wird durch die raumumschließenden Bauteile Boden, Wand und Dach aus unterschiedlichen Baustoffen und inhomogenen Bauteilschichten zu einem Raum umschlossen, sodass nach Montage der Raumzellen auf der Baustelle ein luftdicht verschlossener Rohbau entsteht. Montageleistungen von bis zu 600 m2/Tag können aufgrund des rationellen Kopplungskonzepts realisiert werden. Wohn- und Nichtwohngebäude von beispielsweise 10 000 m2 BGF sind innerhalb von drei bis vier Montagewochen rohbauseitig am Bauort hergestellt. Unmittelbar darauf erfolgt der weitere Ausbau des Gebäudes (z. B. Trockenbauarbeiten), die technische Gebäudeausrüstung sowie die Fassaden- und Dacharbeiten.
Zwei wesentliche Faktoren bestimmen den Brandschutz
Brandschutz – bereits das Wort weckt die Vorstellung, dass es sich hierbei um ein äußerst komplexes und kompliziertes Thema handelt. Eigentlich möchten sich der Bauherr oder der Architekt nicht im Detail damit beschäftigen und dies ausgewiesenen Fachleuten überlassen. Dabei sind die Grundlagen und die Ausführungen des Brandschutzes für Modulgebäude aus Stahl überhaupt nicht kompliziert und es lohnt sich, sie näher zu beleuchten.
Grundsätzlich sind zwei wesentliche Faktoren zu berücksichtigen:
- der Feuerwiderstand von Bauteilen und
- das Brandverhalten von Baustoffen.
Wie wird der Brandschutz bei Modulgebäuden konkret realisiert?
Jedes Gebäude wird durch den Hersteller in regelmäßige Modulraster in Abhängigkeit der fertigungs- und transporttechnischen Randbedingungen aufgeteilt. Von Vorteil ist eine regelmäßige Stützenstellung im Grund- und Aufriss. Es entstehen Einzelmodule in ein- oder mehrreihiger Anordnung mit bis zu 20 m Länge, 4,50 m Breite und 4,25 m Höhe. Üblicherweise werden Gebäude bis zur Hochhausgrenze und bis zu sechs Geschossen errichtet.
Die Bemessung des räumlichen Rahmentragwerks, bestehend aus äußeren vertikalen Längs- und Querrahmen und innere Querrahmen aus Rahmenriegeln im Bereich der Zwischenstützen, erfolgt nach den „Technischen Regeln für die Tragwerksplanung im Stahlbau“. Die Gebäudeaussteifung ist durch die Aufteilung in gekoppelte und selbsttragende Einzelmodule aus einem Rahmentragwerk und Dachverbandsfelder gegeben.
Brandschutz der tragenden Bauteile
Im Sinne des Brandschutzes bestehen die global tragenden und aussteifenden Bauteile des Gebäudes aus einem nichtbrennbaren Baustoff (Stahl). Der Nachweis des Feuerwiderstands der tragenden Stützen und Träger kann durch eine Bemessung im Brandfall oder geeignete Tabellenverfahren auf Normebene bzw. nach allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen (AbP) nachgewiesen werden.
Um wirtschaftliche Materialquerschnitte zu realisieren, werden die Träger mit Brandschutzmaterialien bekleidet, da die Tragfähigkeit von Stahl ab 400 °C abnimmt und auf ungeschützte Bauteile nach 30 Minuten Brandeinwirkung nach Einheitstemperaturkurve (ETK) zirka 820 °C einwirken. Die Resttragfähigkeit des Stahls beträgt dann nur noch 10 % bezogen auf die Normtemperatur von 20 °C.
Wie raumabschließende Bauteile für Boden und Dach geschützt werden
Boden- und Dachrahmen eines Moduls werden mit Stahlprofilen im definierten Abstand nach statischen Anforderungen versehen, durch Plattenwerkstoffe oder Trapezbleche abgedeckt, erforderliche Dämmstoffe aus Mineralwolle eingebracht und brandschutztechnisch bekleidet. Je nach Brandschutzanforderung können diese Bauteile ausschließlich nichtbrennbar oder mit einer in Bauteilebene durchgehenden Schicht aus nichtbrennbaren Baustoffen ausgeführt werden. Der Nachweis des Feuerwiderstandes – Tragfähigkeit und Raumabschluss – der Decken und des Daches kann nach allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnissen für Bauarten erfolgen. Die Bauteile Decke bzw. Dach werden ebenfalls von unten und oben brandschutztechnisch bekleidet.
Der Schutz von Außen- und Innenwänden
Die Außenwände und inneren Trennwände werden in der Regel nichttragend in Trockenbauweise ausgeführt und brandschutztechnisch wirksam bekleidet sowie mit Mineralwolle gedämmt. Klassifizierte nichttragende Wände sind immer raumabschließend und werden nur 1-seitig vom Brand beansprucht. Der Nachweis des Feuerwiderstands kann normativ nach DIN 4102-4:2016-05 oder durch allgemeine bauaufsichtliche Prüfzeugnisse für Bauarten belegt werden. Dies gilt auch für Wände besonderer Anforderung, z. B. Brandwände.
Anschlüsse von Stahltragwerk und nichtragende Anschlüsse
Die Anschlüsse des tragenden räumlichen Stahltragwerks sind durch die Heißbemessung nachgewiesen. Die nichttragenden Anschlüsse in Trockenbauweise Wand/Wand sind in DIN 4102-4:2016-05 dargestellt und können für den Bereich Wand/Decke übertragen und zusätzlich aus Prüfberichten zu Brandversuchen (nach Einheitstemperaturkurve) bewertet werden.
Das Schutzziel bei der Vorfertigung und im Ausbau
Im Rahmen der Vorfertigung und des Ausbaus werden Fenster und Türen mit und ohne Feuerwiderstandsanforderungen, Treppen und Flure, Aufzüge sowie Bauteile der Technischen Gebäudeausrüstung und Elektroinstallationen für die Nutzung des Gebäudes eingebaut. Das alles erfolgt unter Beachtung des brandschutztechnischen Schutzziels „REI“ für Tragfähigkeit (REI = R/Résistance), Raumabschluss (E/Étanchéité) und Wärmedämmung (I/Isolation) der beanspruchten Bauteile.
Die bauordnungsrechtliche Einstufung – Grundlage auch für Stahlrahmen-Modulbau
Die öffentlichen Bauvorschriften für die Herstellung und Errichtung von Gebäuden gelten auch für Modulgebäude aus Stahl; für den Brandschutz insbesondere die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Gebäude nach der Musterbauordnung (MBO) 2016 i. V. mit der Musterverwaltungsvorschrift (MVVTB) 2017 bzw. der jeweiligen eingeführten Landesbauordnung (LBO).
Zum vorbeugenden Brandschutz zählt der bauliche Brandschutz, der durch die Einstufung von Gebäuden in Gebäudeklassen sowie Anlagen und Räume besonderer Art und Nutzung (Sonderbauten) allgemein festgelegt wird (§ 2 Abs. 3 + 4 MBO). Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens sind der Brandschutznachweis respektive das Brandschutzkonzept für das Gebäude zu erstellen und die bauordnungsrechtlichen Anforderungen an den baulichen Brandschutz festzusetzen.
Die Einstufung von Baustoffen und tragenden Bauteilen
Gemäß § 26 MBO wird das Brandverhalten von Baustoffen in nichtbrennbar, schwerentflammbar oder normalentflammbar und die Feuerwiderstandsfähigkeit in feuerbeständig, hochfeuerhemmend und feuerhemmend unterschieden.
Bei tragenden und aussteifenden Bauteilen muss die Standsicherheit im Brandfall, bei raumabschließenden Bauteilen der Raumabschluss und die Isolation (Widerstand gegen die Brandausbreitung) für die Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils nachgewiesen und zusätzlich nach dem Brandverhalten seiner Baustoffe unterschieden werden.
Wie der bauliche Brandschutz nachzuweisen ist?
Seit dem 01. Juli 2013 benötigen Bauprodukte, die im Europäischen Wirtschaftsraum gehandelt werden sollen und für die eine harmonisierte europäische Norm vorliegt, eine CE-Kennzeichnung und die damit verbundene Leistungserklärung. Mit Einführung der MBO 2016 wird differenziert in CE-gekennzeichnete Bauprodukte und Bausätze, nationale Bauprodukte und nationale Bauarten.
Eine weitere Gliederung erfolgt in den vier Teilen der MVVTB. Teil A gliedert sich nach den Grundanforderungen für Bauwerke gem. Anhang I der EU-BauPVO; für Modulgebäude aus Stahl insbesondere Teil A 1 – mechanische Festigkeit und Standsicherheit sowie Teil A 2 – Brandschutz und dem Teil C 4 für Bauarten, die nur eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses nach § 16a Abs. 3 MBO bedürfen.
Die Bemessung für Stahltragwerke
Gemäß A 1.2.4 gilt für die Ausführung von Stahltragwerken – insbesondere solchen, die nach allen Teilen von DIN EN 1993 bemessen werden – die Technische Regel DIN EN 1090-2:2011-10. Die Übereinstimmung mit den Anforderungen der Norm ist nachzuweisen durch die Erstprüfung einer notifizierten Stelle, einer werkseigenen Produktionskontrolle des Herstellers, die laufende Überwachung und die stichprobenweise Überprüfung sowie einem Eignungsnachweis (Schweißzertifikat) für geschweißte Bauteile und Tragwerke.
Die Bemessung im Brandfall ist für Stahltragwerke gemäß DIN EN 1993-1-2:2010-12 auszuführen und fällt in den Anwendungsbereich der harmonisierten europäischen Norm EN 1090. Die ausreichende Tragfähigkeit tragender und aussteifender Bauteile (das reine Stahltragwerk gewährleistet keinen Raumabschluss) erfolgt rechnerisch unter Brandeinwirkung nach Einheitstemperaturkurve (ETK) in Verbindung mit der Anwendungsregel DIN 4102-4:2016-05. Gemäß A 2.1.4 MVVTB ist z. B. für die bauaufsichtliche Anforderung “feuerhemmend“ eine Tragfähigkeit im Brandfall von ≥ 30 min rechnerisch für die Stahlkonstruktion nachzuweisen. Die Prüfung/Bescheinigung des Standsicherheitsnachweises im Brandfall erfolgt durch den Prüfingenieur/Prüfsachverständigen nach § 66 Abs. 3 MBO.
Die Klassifizierung von baulichen Anlagen, an die Anforderungen hinsichtlich des Brandschutzes gestellt werden, ist in Anhang 4, Kapitel 4 der MVVTB geregelt.
Die CE-Kennzeichnung des Tragwerkes nach DIN EN 1090-2:2011-10 erfolgt für die Leistungseigenschaft R = Tragfähigkeit nach Anhang 4, Tabelle 4.1.2.
Brandschutzanforderungen an den Raumabschluss
Zusätzlich werden nach MBO Anforderungen an den Raumabschluss (Widerstand der Bau-
teile gegen die Brandausbreitung) gestellt. Weist das entsprechende Bauteil eine CE-Kennzeichnung auf, ist die Einordnung raumabschließender bzw. tragender raumabschließender Bauteile gemäß Anhang 4, Tabellen 4.2.1 und 4.2.2 geregelt. Die Leistungseigenschaften entsprechen dem Schutzziel REI.
Was ist bei Bauarten ohne CE-Kennzeichnung zu beachten?
Liegt eine Bauart ohne CE-Kennzeichnung nach Teil C 4.1 bis C 4.3 vor, ist Anhang 4, Tabelle 4.2.3 anzuwenden. Die Klassifizierung erfolgt nach der nationalen Norm DIN 4102-2:1977-02 in die Feuerwiderstandsklassen F 30, F 60 oder F 90. Die Anforderungen an Bauteile umfassen neben der ausreichenden Tragfähigkeit auch den Raumabschluss und die Wärmedämmung (Wattebauschtest, keine sichtbaren Flammen und begrenzte Temperaturerhöhung auf der brandabgewandten Seite). Für die nationalen Bauarten nach Teil C 4.1 bis C 4.3 genügt ein allgemeines, bauaufsichtliches Prüfzeugnis für Bauarten. Der Anwender der Bauart hat die Übereinstimmung der Ausführung zu bestätigen; als Übereinstimmung gilt auch eine Abweichung, die nicht wesentlich ist.
Allgemeine Bauartzulassung – eine erhebliche Vereinfachung und Aufwandssenkung
Insgesamt ist zu beachten, dass nicht alle in der Praxis vorkommenden brandschutztechnischen Details durch Normen und Verwendbarkeitsnachweise geregelt werden können, das gilt insbesondere auch für den Stahlmodulbau. Dafür stehen sachkundige Bauingenieure und Architekten, Sachverständige und Prüfanstalten zur Verfügung. Doch dies könnte sich schon bald vereinfachen. Denn im Rahmen der MBO 2016 wurde die Möglichkeit geschaffen, die Allgemeine Bauartzulassung beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin zu beantragen und im Rahmen des Zulassungsverfahrens das Tragwerk, die Flächenbauteile, Anschlüsse, Verbindungen und Einbauteile für Modulgebäude aus Stahl allumfassend zu betrachten. In Abhängigkeit der Gebäudeklasse sind umfangreiche Normbrandprüfungen nach DIN EN 1363 für Bauteile, Prüfung des Brandverhaltens von Baustoffen, Gutachten und Berechnungen erforderlich. Erste Hersteller von Stahlrahmen-Modulgebäuden haben diese Allgemeine Bauartzulassung schon beantragt. Bereits in naher Zukunft können Planer, Architekten und Bauherren mit der Stahlrahmen-Modulbauweise im Hinblick auf den Brandschutz dann Kosten und Zeit in erheblichem Maße sparen und daneben Sicherheit hinsichtlich der anforderungsgerechten Ausführungen gewinnen.
Dieser Beitrag wurde veröffentlicht im DBZ Sonderheft Modulbau 2019. Hier finden Sie Projektberichte, Fachbeiträge und Interviews mit Architekten zum Modularen Bauen.
Das komplette Heft gibt es kostenlos zum Download unter: DBZ Sonderheft Modulbau 2019
Lesen Sie auch DBZ Sonderheft Modulbau 2018: DBZ Sonderheft Modulbau 2018
Das Unternehmen KLEUSBERG, als ein führender Hersteller von Gebäuden in Stahlmodulbauweise, ist nach DIN EN 1090 zertifiziert und betrachtet den Brandschutz des Gebäudes ganzheitlich im Rahmen des unabhängigen Brandschutzkonzepts. KLEUSBERG führt den konstruktiven Brandschutznachweis unter Verwendung normativer Berechnungen, eigener Verwendbarkeitsnachweise für Bauarten und projektbezogener Details und Gutachten aus. Im Hinblick auf die allgemeine Bauartzulassung zählt KLEUSBERG zu den Vorreitern und ist bereits frühzeitig aktiv geworden. Der Modulbauspezialist wird in Kürze damit den Kunden eine deutliche Vereinfachung bieten.