Förderpreis

Brighton West Pier DebrisJannes Wurps

Entwurf | Im Jahre 2003 wurde der größte Teil des Brighton West Piers durch mehrere Feuer zerstört. Seit 30 Jahren war er bereits geschlossen und schutzlos den Elementen ausgeliefert, da dem West Pier Trust, einer Bürgerinitiative, die heute der Eigentümer des Piers ist, die Gelder für eine Sanierung fehlten. Die Überreste stehen noch immer unter Denkmalschutz, so dass sie nicht vom Strand entfernt werden können. Aber nicht nur der Verlust des Bauwerks ist zu bedauern, ebenso der eines Identität stiftenden Orts für die Stadt Brighton. Daher ging dem Entwurf des neuen West Piers eine intensive Auseinandersetzung in Gesprächen, Filminterviews und Aktionen mit den Menschen und Institutionen voran, die sich in vielfältiger Form mit der Küste Brightons auseinandersetzen.

Die Überreste des alten West Piers bleiben bestehen und werden von dem neuen etwa 700 m langen Pier eingefasst. Die neu hinzugefügten Teile reagieren auf das Wetter. Anstatt sich den harten Witterungsbedingungen, Wind, Regen, Gezeiten und Wellen als Bollwerk entgegen zu stellen, verformt sich der neue filigrane Pier und reagiert flexibel auf sie. Er stellt die zerstörerischen Kräfte des Meers und des Wetters als sinnlich erfahrbares Phänomen dar und verbildlicht ihre Nutzbarkeit als Energiequelle.

So findet sich es ein Segelclub mit segelnder Fassade; ein Schwimmclub, durch den es hindurch regnet; ein Salzwiesengarten, der regelmäßig überschwemmt wird; ein Freilichttheater, das über dem offenem Meer spielt. Die einzelnen Bestandteile des Piers werden als Wellen-, Strömungs- und Windkraftanlagen genutzt, die zwar nicht eine optimale Energieausbeute liefert, sondern vielmehr die Veranschaulichung der wirkenden Kräfte und Energien zur Zielsetzung hat.

Begründung der Jury | Es gelingt dem Verfasser, dem Seebad Brighton durch sein Projekt ein neues, eigenes Charisma und gegebenenfalls eine Zukunft zu geben. Der morbide, durch die Ruinen des alten Piers geprägte Kontext, wird durch verschiedene erzählerische Architekturen und fast mystisch wirkende Landschaftsfragmente zu einem Erlebnisort mit außergewöhnlich poetischer Ausstrahlung umgeformt. Mit einem Strauß malerischer Ideen, die in einem sehr sensiblen und intensiven Dialog mit Ort und Aufgabe entstanden sind, wird der `genius loci´ des Seebades mit seinen Witterungsverhältnissen und den Relikten seiner historischen Badekultur faszinierend herausgearbeitet. Der entstandene Kontext inszeniert durch verändernde Eingriffe und bauliche Interpretationen ortstypische Erlebnisqualitäten neu. Dies gelingt über die künstlerisch wie handwerklich sehr beeindruckend komponierten Bilder. Die Arbeit entwickelt starke Ansätze zu einer phantasievollen neuen Vision für Brighton. Besonders in Zeiten, in denen der globale Tourismus zunehmend in Frage gestellt werden muss, ist die Form der Architektur als Erzählung eine interessante Strategie, um, wie hier überzeugend geschehen, traditionsreiche Erholungsorte in unseren Kulturräumen wirkungsvoll zu regenerieren und so zukunftsfähig zu machen.

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