Buchrezension: Franz Riepl baut auf dem Land
Franz Riepl ist ein Vergessener. Jedenfalls hier, in Deutschland. Das mag mehrere Gründe haben, allen voran möglicherweise der regionale Schwerpunkt seiner Arbeiten, deren größter Teil sich in Oberösterreich befindet. Allerdings hat der am 1. September 1932 in Sarleinsbach geborene, an der TU Wien diplomierte und lange bei Johannes Ludwig in München arbeitende Architekt auch eine langjährige Lehrtätigkeit zu verzeichnen. Von 1980 bis 2000 lehrte er als ordentlicher Universitätsprofessor und zwar am Institut für Landwirtschaftliches Bauwesen und ländliches Siedlungswesen an der TU Graz. Was eigentlich der Grund dafür sein könnte, Franz Riepl auch in diesen Regionen bekannt gemacht zu haben, denn das ländliche Bauen hat auch in Deutschland eine lange, leider nicht immer rühmliche Tradition.
Vor mehr als zehn Jahren schrieb ich hier eine Rezension über Franz Riepls erste große Werkmonografie. Die war von Paulhans Peters und erschien in der Edition Menges. Mit diesen hervorragenden Buch lernte ich diesen Architekten zum ersten Mal und sehr eindrücklich kennen. Und wunderte mich, dass so wenig aus diesem Werk oder immer nur in Übersetzungen im aktuellen Architekturdiskurs zu finden war. Möglicherweise hängt das mit Franz Riepls Hang zum Bodenständigen, zur Langsamkeit des guten, des natürlichen Wachsens zusammen, möglicherweise mit seiner Position, die sich nicht sofort und nachhaltig mit zeitgenössischen Architekturpositionen verhaken will. Ganz sicher aber auch mit Franz Riepls Haltung selbst, der sich nicht nach vorne drängt, obwohl es ihn drängt, das zu tun.
Nun also eine zweite große Arbeit, die allerdings - wie schon die von vor zwei Jahren - weniger das Werk im Blick hat, als den Architekten selbst. Der hier im Gespräch ist mit anderen, die ihn zum Gespräch locken, der im stummen Gespräch ist mit den Fotografien aus seiner Heimat Sarleinsbach, Fotos, die anrühren und betroffen machen ob ihrer Rauheit, ihrer Direktheit und dem Rufen nach einem zweiten Hinschauen, weil der erste Blick so recht nichts freigeben will. Man erinnert sich an Familienurlaube, an diese Gerüche der fremden Häuser in der Fremde, die Widerwillen hervorriefen oder - heute, als Erwachsener - Erinnerungen an die Kindheit, als alles das so fremd war wie schon gesagt.
Mit nun bald 86 Jahren möchte Franz Riepl mit diesem schön gemachten, auf Papier, das seinen Namen verdient, wohlgesetztem Buch ein Schlusswort schreiben. Eine Anrufung, die aus einem langen und arbeitsreichen Architektenleben resultiert und die - auch hier - voller Kindheitserinnerungen steckt, voller Bilder, die bis heute wirken. Auch in uns, wenn wir diesem oder jenem Satz nachgehen, wenn wir uns die stillen Winkel anschauen, die wettergegerbten, schlichten Fassaden der Kinderzeithäuser, die gnädigen Schattenfelder, die weiten Kultururlaubslandschaften. Architekt zu sein, so versteht es Franz Riepl, gelingt nicht einfach so mit Diplom und dann läuft es. Architekt ist wohl nur der, der dorthin gekommen ist, über lange Wege, die Lebenswege und weniger Berufswege sind.
Und wer wie er aus Kindertagen bis heute zehren kann, ohne diese Tage analytisch und damit auch gefährlich zerstörerisch anzuschauen, der geht, wie in diesem Buch geschehen, wohl wieder dorthin zurück, in diese Zeit. Die nur scheinbar stillgestanden ist, wie uns das die Fotografien nahezulegen scheinen. Franz Riepl, der Peter Zumthor Österreichs? Wer weiss. Die "Ästhetik des Selbstverständlichen" hat der Haldensteiner immerhin auch schon geschrieben, bloß unter anderen Titeln. Franz Riepl schreibt vielleicht nicht mehr. Es ist aber auch alles gesagt. Nun also: lesen! Be. K.