Warum brauchen wir eine Experten-Laien-Kommunikation in der Architektur?
Laien müssen erfahren, was Architektur leisten kann – das ist heute von größerer Bedeutung als je zuvor, stehen wir doch vor riesigen Herausforderungen wie dem Klimawandel, der Corona-Pandemie oder dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Bauplanung kann dafür Lösungsimpulse liefern oder ist, wie beim Klimaschutz, selbst der entscheidende Hebel. Die Herausforderung für Bauplaner*innen besteht darin, ihre Lösungsansätze gut zu präsentieren. Nur so können sie in der breiten Öffentlichkeit Akzeptanz und Unterstützung dafür finden.
Andersherum gilt: Bauplaner*innen müssen Laien zuhören und deren Bedürfnisse in die passende Form bringen. Dafür ist auch ein Austausch der Expert*innen untereinander über die Disziplinen hinweg vonnöten. Der BDB hat es sich als größter gemeinsamer Verband von Architekt*innen und Bauingenieur*innen zur Aufgabe gemacht, den Dialog zwischen allen Fachbereichen zu fördern. Das gelingt beispielsweise durch den fachlichen Austausch auf Veranstaltungen, seit der Corona-Pandemie auch vermehrt digital. Auf dem alle zwei Jahre stattfindenden „Baumeistertag“ kommen die im BDB versammelten Berufsgruppen zusammen. Auch beim jährlichen „BDB-Dialog“, bei regelmäßigen Sitzungen auf Landes- und Bezirksebene, aber auch in thematischen Arbeitsgruppen treffen sich die verschiedenen Gewerke und bringen ihre Ansichten ein. In der AG „BIM/Digitalisierung“ beispielsweise diskutieren Architekt*innen, Ingenieur*innen, Stadtplaner*innen und andere Fachplaner*innen die aus ihrer Sicht jeweils relevanten Punkte digitaler Planungsmethoden. So wird ein gegenseitiges Verständnis gefördert und das behandelte Thema als Ganzes weiterentwickelt.
Wie lässt sich Architektur vermitteln? Mit welchen Medien arbeitet der BDB?
Architektur und Baukultur sind für Laien oft nur schwer greifbar. Das benötigte Vorwissen ist zu umfangreich und komplex, um im Vorbeigehen erfasst werden zu können. Dem kann mit kontinuierlicher Medienpräsenz begegnet werden. Bauplaner*innen müssen in der Wahrnehmung der Menschen so selbstverständliche Expert*innen werden, wie es Ärzt*innen während einer Pandemie, Feuerwehrleute nach Brandkatastrophen oder Ernährungsberater*innen beim Thema gesunde Lebensweise sind. Ihr wollt wissen, wie man klimagerecht plant und baut? Fragt die Planungsbranche!
Darum bauen wir ein Netzwerk aus Expert*innen auf, die baufachliche Themen kommunizieren sollen. Sie sprechen über die Digitalisierung, klimagerechtes Bauen, die Stadtplanung, die Ausbildung kommender Planer*innen oder berufspolitische Rahmenbedingungen. Sie sollen ihre Expertise den Medien und damit den Menschen zugänglich machen.
Um das Fachwissen unserer Architekt*innen, Bauingenieur*innen, Tragwerkspezialist*innen, Stadtplaner*innen und Sachverständigen nach außen zu kommunizieren, nutzen wir unter anderem die „klassischen“ Social-Media-Kanäle Facebook, Twitter und LinkedIn. Über General-Interest-Medien versuchen wir, eine breitere Öffentlichkeit zu erreichen. Anfang des Jahres zum Beispiel schilderte eines unserer Mitglieder*innen in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel, wie in Berlin zukünftige stadtplanerischen Aufgaben bewältigt werden können. Um solche Konzepte vermitteln zu können, müssen Expert*innen die Sprache der Laien sprechen, also auch auf dieser Ebene ihre Blase verlassen.
Zudem werden mit unseren Preisen für Architektur- und Ingenieurbauwerke, wie dem Balthasar Neumann Preis oder dem Student*innenförderpreis, ausgezeichnete Arbeiten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Und welche Zielgruppe wird erreicht?
Über die Fachpresse erreichen wir zunächst die Expert*innen selbst. Sie nehmen Architekturvermittlung aus Interesse oder zur Fortbildung an. Auch organisieren BDB-Büros am Tag der Architektur Führungen für die interessierte Öffentlichkeit. Im Rahmen des Architekturfestivals „WIA – Women in Architecture 2021“ organisieren außerdem zwei Architektinnen Führungen über den Europacity Kunstcampus in Berlin.
Wir machen an Hochschulen auf unseren Architekturwettbewerb für Studierende aufmerksam und erreichen so die zukünftige Generation der Planer*innen. Im beruflichen Netzwerk LinkedIn versammeln sich viele, die im Planungsbereich Lai*innen sein mögen, jedoch auf anderen Gebieten Expert*innen sind. Hier lohnt der Austausch, auch weil sich so baukulturelle Themen in andere Zielgruppenkreise tragen lassen.
Breitere Zielgruppen erreichen wir am besten mit Beispielen aus ihrem Alltag, wie im Nichts endende Radwege oder im Entwurf vergessene Rauchmeldesysteme. Das hilft, auch bei Lai*innen ein Bewusstsein für die enorme Relevanz der Bauplanung zu schaffen.
Eine der Grundfunktionen des BDB ist zudem die Architekturvermittlung gegenüber politischen Entscheidungsträger*innen. Diese sind nicht immer Architektur-Expert*innen und auf Fachwissen angewiesen, z. B. wenn es um die Förderungen gewisser Bautypen oder baurechtliche Vorgaben geht. So stellt der BDB das interdisziplinäre Fachwissen seiner Mitglieder regelmäßig dem Bauministerium oder dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zur Verfügung, zuletzt bei der Neugestaltung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) oder dem neuen Gebäudeenergiegesetz (GEG). Dabei kommt es nicht nur darauf an, die Gesetzgebung im Sinne der Fachplaner*innen zu gestalten, sondern einen möglichst großen, positiven Einfluss auf die gebaute Umwelt und damit auf das Leben aller Menschen auszuüben.
Welche Erfahrungen macht der BDB bei der interdisziplinären Zusammenarbeit zwischen Architekt*innen und Ingenieur*innen?
Auf Länderebene und vor Ort in den Bezirksgruppen helfen sich die Fachdisziplinen untereinander, lernt Jung von Alt und andersherum. Auch wir haben festgestellt, dass die durch das Corona-Virus verursachte Verschiebung der Kommunikation ins Digitale hier durchaus für eine Wiederbelebung gesorgt hat, als sich die ersten Ressentiments gegen Video-Konferenz und Co. gelegt hatten.
Auch im Bundesverband arbeiten Architekt*innen und Ingenieur*innen zusammen. Sie sitzen beim Verfassen von berufspolitischen Positionspapieren, der Gestaltung von Leitfäden für die BIM-Nutzung in kleinen Planungsbüros oder der Erarbeitung klimagerechter Baukonzepte immer gemeinsam am Tisch. Es kommt von Beginn an alles zusammen, was auch im fertigen Gebäude eine Einheit ergeben muss.
Thomas Bussemer, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim BDB