Carpe diem mit idealer Beleuchtung
Human Centric Lighting arbeitet für den Menschen und unterstützt ihn

Tag und Nacht, Sommer und Winter – Licht und Dunkelheit geben dem Menschen den Rhythmus vor. Er ist genetisch festgelegt, seitdem sich der Homo sapiens vor rund 200 000 Jahren entwickelte. Vor allem das Licht ist der Taktgeber dieser Zyklen und dirigiert unsere innere Uhr. Mit zunehmender Nutzung von künstlichem Licht wird der natürliche Rhythmus beeinflusst. Beleuchtung ist daher heute Herausforderung und Lösung in einem: Mit Human Centric Lighting rückt die Biologie des Menschen in den Mittelpunkt eines Lichtkonzepts, das auch nicht-visuelle Lichtwirkungen versteht und integriert.

Beleuchtung und Biorhythmus

Licht wirkt auf den Menschen. Das erkannte die Wissenschaft, als sie Anfang des 21. Jahrhunderts den dritten Fotorezeptor im Auge entdeckte: die sogenannten melanopsinhaltigen Ganglienzellen. Während Zapfen und Stäbchen das Sehen am Tag und in der Dunkelheit ermöglichen, steuern diese Rezeptoren unseren Hormonhaushalt und damit auch den Biorhythmus. Nun hält sich der moderne Mensch überwiegend in Innenräumen mit künstlicher Beleuchtung auf und entfernt sich dabei immer weiter von seinem natürlichen Taktgeber, dem Tageslicht. Während aber die Beleuchtungsstärken im Freien selbst bei einem bedeckten Himmel noch mehrere Tausend Lux erreichen können, liegt das Niveau der künstlichen Beleuchtung am Arbeitsplatz deutlich darunter. Moderne Beleuchtungslösungen schaffen hier neue Möglichkeiten.

Eine biologisch wirksame Beleuchtung, auch Human Centric Lighting (HCL) genannt, verbessert entscheidend die Lebensqualität der Menschen: Diese innovative Lichtlösung orientiert sich am Tageslicht und übersetzt die Wirkung durch bedarfsgerechtes, künstliches Licht in Innenräume. Sie unterstützt den Schlaf-Wach-Rhythmus, trägt dadurch zu mehr Vitalität und besserem Schlaf bei. Sie fördert Wohlbefinden, Gesundheit und sorgt so auch für mehr Konzentration und Leis-tungskraft. Circadiane Beleuchtung kann
den modernen, fast rund um die Uhr aktiven Menschen wieder mit seiner inneren Uhr in Einklang bringen.

Der positive Einfluss des Lichts

Ob Früh- oder Spätaufsteher, jung oder alt – auch wenn jeder Mensch ein wenig anders tickt, ist er doch an Tag und Nacht und damit an den circadianen Rhythmus gebunden. Nach dem Vorbild des Tageslichts variiert HCL Beleuchtungsstärke, Flächigkeit, Lichtrichtung, Farbtemperatur, Dynamik und setzt damit relevante Impulse für den Körper.

Wesentlich ist die Lichtfarbe: Licht mit einem hohen spektralen Blauanteil wirkt aktivierend. Nimmt der Blauanteil ab, entspannt sich der Körper. HCL heißt auch, das richtige Licht zur richtigen Zeit. Denn die melanopische Wirkung (siehe Kasten „Kurz erklärt“) ist nach vorangegangener Dunkelheit besonders groß – also am Morgen.

Neben der langfristig wirkenden Tagessynchronisation kann sie auch zur Aktivierung eingesetzt werden: In diesem Fall werden zum Beispiel zur Mittagszeit oder am frühen Nachmittag die Beleuchtungsstärke und die Farbtemperatur für kurze Zeit als Muntermacher erhöht. Am Abend ist eine Aktivierung unerwünscht, dann stimmen warme Lichtfarben und reduzierte Beleuchtungsstärken den Körper auf die Nachtruhe ein.

LEDs und Leuchten

Ein Multitalent in Sachen Lichtfarbe sind Licht emittierende Dioden (LEDs): Mit einem entsprechenden Modul ausgestattet, kann bereits eine einzige, moderne LED-Leuchte unterschiedliche Weißtöne erzeugen. Besonders flexibel zeigt sich LED-Beleuchtung mit farbdynamischer Steuerung. Damit wird auf einfache wie effiziente Weise der Wechsel von konzentrationsförderndem Licht zu beruhigender Beleuchtung ermöglicht. Licht wird individuell, denn biologische und visuelle Wirkung können auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt und nach Bedarf variiert werden.

Lichtmanagement ist Voraussetzung

Für HCL ist eine dynamische Beleuchtung notwendig – und dafür wird Lichtmanagement vorausgesetzt: Im Tagesverlauf variiert sowohl die Lichtfarbe in der Farbtemperatur von Warmweiß bis Tageslichtweiß als auch die Beleuchtungsstärke. Diese passt sich mit 500 bis 1500 Lux dem circadianen Rhythmus des Menschen an und setzt je nach Tageszeit die richtigen Impulse. Die Beleuchtung wird intelligent gesteuert, sodass die Einstellung der Leuchten stufenlos und kaum wahrnehmbar erfolgt. Optimal ist es, wenn der Mensch bei Bedarf individuelle Vorlieben einstellen kann. Dafür werden Lichtszenen vorab programmiert, die über eine möglichst intuitiv zu bedienende stationäre Steuerung oder eine mobile Fernbedienung zur Verfügung stehen.

Intelligente Lichtmanagementsysteme können einfach in die übergeordnete Gebäudetechnik integriert werden. Das Zusammenspiel von modernen LED-Leuchten, effizienten Lichtquellen und Tageslicht- sowie Präsenzkontrollen ist ein zusätzliches Plus für Nachhaltigkeit. Denn diese Kombination spart Strom, schont Finanzen und natürliche Ressourcen.

In öffentlichen Ausschreibungen wird
inzwischen nicht nur die Energieeffizienz, sondern auch die Qualität einer Beleuchtungsanlage als Entscheidungskriterium
berücksichtigt und bewertet. HCL entwickelt sich damit zu einem wichtigen Aspekt im Lichtkonzept eines Gebäudes: Mit visuellen, emotionalen sowie nicht-visuellen Effekten bietet es höchste Lichtqualität.

Faktoren für die Lichtplanung

Wie jede Beleuchtungslösung muss auch HCL den jeweiligen Sehaufgaben entsprechen. So gilt es, einen Arbeitsplatz – zum Beispiel am Schreibtisch im Büro, an einer Maschine in der Produktion oder in der Schule – optimal auszuleuchten und die Anforderungen zu erfüllen, die in mehreren Normen
(siehe Kasten „Relevante Normen“) festgelegt sind. Besonders komplex ist HCL in Institutionen wie Pflegeheimen oder Krankenhäusern. Denn das biologisch wirksame Licht fördert nicht nur Leistung und Wohlbefinden der Mitarbeiter, sondern soll darüber hinaus zur Genesung der Patienten beitragen – eine biologisch wirksame Beleuchtung muss also allen visuellen Ansprüchen genügen. HCL will daher detailliert geplant sein.

Grundsätzliche Anforderungen an die Beleuchtung sind in den Normen DIN 5035 „Beleuchtung mit künstlichem Licht“ und in DIN EN 12464-1 „Licht und Beleuchtung – Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen“ definiert. Sie geben Wartungswerte für lichttechnisch relevante Größen vor und bestimmen die Gütemerkmale einer Beleuchtung: Für gute Sehleistung werden die Beleuchtungsstärken einer Beleuchtungsanlage auf die jeweiligen Sehaufgaben abgestimmt. Direkt- und Reflexblendung gilt es zu vermeiden. Für Sehkomfort sorgen eine gleichmäßig im Raum verteilte Leuchtdichte und gute Farbwiedergabeeigenschaften der Lichtquellen. Das Licht darf nicht flimmern. Außerdem wird einfallendes Tageslicht berücksichtigt. Für Arbeitsplätze sind in Deutschland außerdem die Vorgaben der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) A3.4 „Technische Regeln für Arbeitsstätten – Beleuchtung“ zu beachten.

Planungshilfe DIN SPEC 67600

Soll die Beleuchtung biologisch wirksam sein, muss die Lichtlösung flexibel Lichtfarbe, Beleuchtungsstärke und Lichtrichtung anpassen können. Planungsempfehlungen für HCL gibt DIN SPEC 67600. Sie berücksichtigt aktuelle Forschungsergebnisse sowie erfolgreich getestete Anwendungen. DIN SPEC 67600 lehnt sich in den Grundsätzen an DIN EN 12464-1 an und informiert darüber hinaus über den Nutzen einer biologisch wirksamen Beleuchtung für unterschiedliche Innenräume – für Arbeitsstätten ebenso wie für Nicht-Arbeitsstätten. Außerdem gibt DIN SPEC 5031-100 Auskunft über den melanopischen Wirkungsfaktor einer Lichtquelle.
Die Planung von HCL verläuft ganzheitlich und bezieht neben der Licht- auch die Raumplanung mit ein. Damit lässt sich sicherstellen, dass alle Gewerke und Materialen bestmöglich aufeinander abgestimmt und auch Aspekte, die zur Nachhaltigkeit beitragen, beachtet werden: Beispielsweise trägt die Nutzung von einfallendem Tageslicht auch bei HCL zur Energieeffizienz bei und hilft zudem, circadiane Effekte zu realisieren. In diesem Zusammenhang sind auch Tages- und Monatsrhythmen sowie die Jahreszeiten und die Ausrichtung von Gebäuden in die Planung mit einzubeziehen.

Wichtig: Licht mit hoher Farbtemperatur

Entscheidend für HCL ist die Lichtfarbe. Die des Himmels variiert zwischen 6 000 und 10 000 Kelvin. Entsprechende Farbtemperaturen müssen auch Lichtquellen in Innenräumen aufweisen. Damit HCL die Fotorezeptoren im menschlichen Auge optimal anspricht, muss die Farbtemperatur der tageslichtweißen Lichtquellen über 5 300 Kelvin liegen. Sie verfügen über einen sehr hohen Blauanteil und sind circadian deutlich wirksamer als warmweißes Licht. Als effizienteste Lichtquelle mit aktivierender Wirkung zeichnet sich die LED aus. Bei der Planung sind die Umgebungsfarben im Raum und die Licht lenkenden Elemente der Leuchten wie Raster, Abdeckung oder Prismen zu beachten: Sie können dazu beitragen, dass das ursprünglich von einer Lichtquelle abgestrahlte Spektrum verfälscht wird und von einer hohen Farbtemperatur deutlich weniger Kelvin im Raumlicht übrig bleiben.

Da die melanopsinhaltigen Ganglienzellen im unteren, nasalen Bereich des Auges besonders empfindlich sind, empfiehlt sich für HCL eine helle, flächige Beleuchtung im oberen Teil des Gesichtsfeldes. Für eine entsprechende Lichtverteilung im Raum sorgen beispielsweise großflächige Fenster, Oberlichter oder Tageslicht lenkende Systeme sowie großflächige Leuchten und Lichtdecken oder auch Leuchten mit großflächigen Indirektanteilen.

Die wesentlichen Wirkprinzipien von HCL sind wissenschaftlich bestätigt: Mit der Erkenntnis, dass Licht ähnlich wie die tägliche Nahrung positive wie negative Aspekte mit sich bringen kann, gewinnt die Gesundheitsprävention an Bedeutung und setzt mit innovativen Lichtsystemen sowie markttauglichen Konzepten neue Impulse.

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