Danny Goes WestDas CJM – Contemporary Jewish Museum, San Francisco
Die enorme Zeitspanne, die zwischen Wettbewerb, Beauftragung und Fertigstellung eines Bauwerks liegen kann, ist für den weitgereisten Daniel Libeskind eine wohlbekannte Konstante. Sie bietet unter anderem die Möglichkeit, sein gesamtes polemisches und rethorisches Repertoire auszuspielen und sich medial als Star zu positionieren. Während um den Master Plan des World Trade Centers mit allen Waffen gekämpft wird, verlief die gesamte Planungs- und Bauphase des als Direktauftrag vergebenen Contemporary Jewish Museums CJM in San Fransisco unproblematisch, zog sich aber dennoch über 10 Jahre hin.
Im Vergleich zu Libeskinds Denver Art
Museum, das eine Tour de Force sondergleichen darstellt und neben dramatischen, photogenen Perspektiven und schrägen Wänden nur schwer bespielbare Räume aufweist, ist das CJM ein eher zahmes Projekt. Ähnlich wie beim jüdischen Museum in Kopenhagen hatte es Libeskind in San Francisco mit historischer Bausubstanz zu tun. Das von Willis Polk 1907 im Classical Revival Style gebaute Umspannwerk ersetzte seinerzeit den vom großen Erdbeben 1906 zerstörten Vorgängerbau. Knapp 100 Jahre später sieht es wieder ganz nach Erdbeben aus, oder genauer gesagt, nach einer Explosion. Da die denkmalgeschützte Ziegel- und Terracottafassade unantastbar und das 37-geschossige Four Seasons unmittelbar längs der Rückseite angrenzt, musste Libeskind durchs Dach stoßen; was der eher kommerziellen und farblosen Umgebung zumindest eine architektonische Überraschung – ja womöglich sogar „Sensation“ – beschert.
Was von außen als gelungen oder unangemessen, als kühn oder dreist anmuten mag, führt aber spätestens im Inneren wieder zu zwanghaften Raumzuschnitten und Stolperkanten, was Libeskind als Interpretation der hebräischen Buchstaben „chet“ und „yud“ zu deuten weiß. Der großartigen Halle mit ihrem originalen Stahldach hätte der Respekt gut getan, mit dem z. B. Herzog & de Meuron die noch viel gewaltigere Turbinenhalle in Londons Tate bedachten. Denn Ausstellungsräume sollen ja in erster Linie ausstellen –und zwar nicht nur sich selbst oder gar den Architekten. Frank F. Drewes, San Francisco