Der Mehrwert ist oberstes Ziel Ein Gespräch mit Dr.-Ing. Gerd Maurer, Geschäftsführer ATP architekten ingenieure, München
Gerd Maurer: Eigentlich ist BIM kein schwieriges Thema. Wir sprechen hier ja nur von einem Werkzeug. Ein Werkzeug für integrale Planung. Es hilft und unterstützt ein Team bei der Planung von Gebäuden. BIM in die Welt zu bringen ist genau so schwierig wie damals die Einführung von CAD in die Planerbüros, wo noch traditionell mit Tusche gezeichnet wurde. Aber wenn man einmal erlebt hat, wie hiermit Qualität verbessert werden kann, dann wird man das nicht mehr missen wollen.
Sicherlich ist es so, dass die Anwendung von BIM ein Management benötigt. Und zwar ein Management der Datenstruktur und der Planungsabläufe in der gemeinsamen BIM-Modellbearbeitung. Wenn der workflow passt sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Und: Sie müssen ein BIM-Modell ja heute gar nicht verwenden!
Durchaus. Es gibt Bauherren, insbesondere in der Industrie, die grundsätzlich die Verwendung von BIM-Modellen verlangen, teils auch von ganz spezifischen Software-Produkten. Interessanterweise aus der Erfahrung der Automobilindustrie heraus, was aber auch nachvollziehbar ist, die Automobilhersteller sind es ja gewohnt, integral zu denken und zu planen. Bei der öffentlichen Hand ist diese Art integraler Planung zumindest angedacht.
Die Schwierigkeit in der Verwendung von BIM, dem digitalen Gebäudemodell, liegt darin, dass man sich Gedanken machen muss über die Organisation eines solchen Modells. Dass man eine Struktur findet, in der man arbeitet und an die man sich stringent halten muss.
Wir haben in der Regel einen Projektleiter, der für das Ganze zuständig ist, und einen Modell-Verantwortlichen, der sich um das BIM-Modell kümmert, es modelliert und darauf schaut, dass die Daten zusammen passen.
Muss er nicht zwangsläufig sein. Wir haben Architekten, die das machen, wir haben aber auch technische Zeichner, die sich da hinein entwickelt haben und die diesen neuen Beruf des Modellierers ausüben.
Also grundsätzlich gilt bei uns und ich denke in jedem anderen Büro auch die Prämisse, dass der Mehrwert für den Bauherren das oberste Ziel ist. Andererseits darf man die Effizienzgewinne in der eigenen Planung ja nicht vergessen! Wir wollen effizienter arbeiten und die gleichzeitige Bearbeitung durch Architekten, Tragwerksplaner und Haustechniker erst ermöglichen. Das heißt, wir haben auch eine Effizienzsteigerung. Zum Beispiel die Simulationen von Tragwerk, thermischem Verhalten, Tageslicht etc. ermöglichen es uns, die Resultate aus der Bauphysik gleich wieder in die Planung der Architektur einfließen zu lassen. Damit haben wir einen Effizienzgewinn in der Planung. Last but not least darf aber der Gestaltungsanspruch nicht unter dem Werkzeug leiden.
Nein. Jedes Projekt ist für sich ein Unikat. Die Einheitlichkeit bezieht sich nur auf die Struktur der Daten, dass man also konsequent in der gleichen Systematik arbeitet. Aber der Entwurf für sich ist immer ein kreativer Entwurf des Architekten, aber auch des Tragwerkplaners.
Und ein intelligentes Energiemodell.
Die Detailausbildung ist so, dass man auf etablierte Details zurückgreift. Man spricht hier auch von Bauteilfamilien. Hierin aber kann man jederzeit Anpassungen vornehmen. Das geht aber noch weiter. In einem zweiten Schritt, nachdem die Übergabe der Ausführungsplanung an die ausführenden Firmen vollzogen ist, fügen diese dann ihre Werkstatt- und Montagepläne ins BIM-Modell ein. Dabei sind diese Pläne so angelegt, dass die Firmen hier durchaus auch ihre eigene Handschrift zeigen können.
Der Austausch der Daten unter den Projektbeteiligten bei BIM ist sicherlich immer noch ein große Herausfoderung. Grundsätzlich haben wir bei ATP als Gesamtplaner den Vorteil, dass wir uns innerhalb einer Datenwelt bewegen. Im Austausch mit anderen Planungsbeteiligten, Fachplanern oder ausführenden Firmen, haben wir die Philosophie, dass wir Open-BIM betreiben, wir also unser digitales Modell den Partnern zur Verfügung stellen.
Das ist sicher ein zentrales Problem, das wir ja auch schon aus der CAD-Welt kennen. Es gibt aber technische Möglichkeiten, die unterschiedlichen digitalen Daten zusammenzuspielen.
Mit akzeptablem Aufwand. Es gibt aber auch ein einheitliches Austauschformat, das IFC-Austauschformat [IFC=Industry Foundation Classes; Be. K.]. Damit haben wir eine Möglichkeit, aus unterschiedlichen Programmen heraus mit einer Datenstruktur zusammenzuarbeiten.
Vielleicht ist das eine Erklärung, dass die von der HOAI vorgegebene und zementierte Arbeitsteilung der Planung dazu geführt hat, dass sich hier nicht die Kultur der integralen Planung so entwickeln konnte wie beispielsweise in Großbritannien oder Skandinavien.
Wir bearbeiten seit etwa vier Jahren alle Projekt mit BIM-Modellen.
Wir machen selbst das kleinste Projekt mit BIM, und sei es ein Vordach. Bei uns ist die Kultur der integralen Zusammenarbeit inzwischen so eingespielt, dass wir immer ein digitales Planungsmodell erstellen.
Die Entwicklung ist noch nicht am Ende. Aus den Möglichkeiten, die sich aus den Modellen ergeben, ergeben sich neue Herausforderungen in der Gleichzeitigkeit der Planung zum Beispiel. Wir sind hier auf einem guten Weg aber längst nicht am Ende des Weges, den wir gemeinsam mit den Software-Herstellern noch gehen werden.
Ich kann mir hier kein Ausschlusskriterium denken … Sicherlich wäre BIM hier nicht gleich zu Beginn des Entwurfsprozesses zwingend.Aber gerade in den frühen Projektphasen schätzt man die Möglichkeiten.
Täglich. Weil es unser Werkzeug ist. Zudem ist das Modell auch eine Art von Informationssystem. Alle Informationen können sowohl vom Projektleiter aber eben auch vom Geschäftsführer herausgezogen werden.
(lacht) Nein. Aber es ist schon so, dass man nach Jahren der Arbeit mit BIM auch an diese Art der Planung glaubt. Aber, wie schon gesagt, Planung mit BIM sollte niemals ein Selbstzweck sein.
Mit Dr.-Ing. Gerd Maurer sprach DBZ-Redakteur Benedikt Kraft am 24. Juni 2014 in den barocken Räumen der Würzburger Residenz.