Drohnentechnologie – Automation aus der Luft

Können unbemannte Flugkörper auch zur Mengenermittlung von einfachen Baukörpern eingesetzt werden und so Abrechnungsverfahren vereinfachen? Diese Frage stellte sich ein Team der Universität Duisburg-Essen. Die Erfahrungen aus einem Pilotprojekt zeigen: Es gibt erste positive Ergebnisse – und weiteren Forschungsbedarf.

Der Drohneneinsatz hat sich in der Baubranche als ein gängiges technisches Tool etabliert und ist keine wirkliche Innovation mehr. Dennoch lohnt es sich, die Anwendungsmöglichkeiten weiter genauer zu betrachten. In den vergangenen Jahren gab es bereits Bestrebungen, mittels diverser Pilotprojekte den Drohneneinsatz zu untersuchen und besonders mit Fokus auf Vermessungen mit Hilfe von Drohnen für BIM-Standards zu durchleuchten. Es zeigte sich, dass die Einsatzmöglichkeiten vielseitig und effektiv sein können, das Potenzial hingegen nicht gänzlich ausgeschöpft ist. Hierzu folgt ein grober Überblick. Der Einsatz geht längst darüber hinaus, einfache Fotos und Videos von Baustellen aufzunehmen. Mit verschiedener Vermessungssoftware ist es möglich, weitergehende Informationen aus den Baustellenüberflügen zu gewinnen, Daten individuell zur Verfügung zu stellen, um sie spezifisch aufzubereiten. Die Drohne kann für alle am Bau Beteiligten ein relevantes technisches Hilfsmittel sein, da die Drohnentechnologie in allen Lebenszyklusphasen des Bauwerks Daten aufnehmen und zu relevanten Erkenntnissen führen kann. Beispielsweise kann die Drohne bereits in der Anfangsphase eines Bauprojekts wesentliche Informationen für die PlanerInnen produzieren und somit eine bessere Aufbereitung für Planung und Kommunika­tion mit Behörden und BauherrInnen ermöglichen.

Die Methode findet sich insbesondere in der Geo­däsie wieder und ist dort gängige Praxis. Hierbei ist jedoch Vorsicht geboten, da in der Welt der Vermessungstechnik rege Diskussionen über die Genauigkeit von Drohnenvermessungen geführt werden. Die Meinungen über die Sinnhaftigkeit gehen stark auseinander, da je nach Art der Drohne der Aufwand, die Kosten und die Genauigkeit entsprechend stark variieren. Grundsätzlich sind zwei Verfahren zur Datenaufnahme zu unterscheiden, wobei beide Ansätze das gleiche Ziel verfolgen – die Generierung einer Punktwolke. Ent­weder basiert die Anwendung auf einer hoch­auflösenden Kamera oder die Drohne wird mit einem LiDAR-System (Laser-Scanner) ausgestattet. Der Unterschied besteht hinsichtlich der Genauigkeit, der Datenmenge und des Preises. Bei der kamerabasierten Methode wird eine Genauigkeit zwischen +/- 1 cm bis 5 cm erreicht, bei der Lasermethode liegen die Genauigkeiten bei  +/- 5 mm bis 15 mm. Dabei ist zu bedenken, dass bauausführende Unternehmen und meist auch die BauherrInnen eine andere Erwartungshaltung bezüglich der aufgenommenen Daten haben als es in der Vermessung üblich ist. Besonders bei der Mengenermittlungen und -abrechnungen werden Toleranzen bis zu einem gewissen Grad akzeptiert.

Zu unterscheiden sind im Weiteren die Einsatzgebiete. Die Baubranche ist vielfältig – somit auch die Anzahl potenzieller Anwendungsorte für das Baugeschehen. Wird die Bauindustrie zur Vereinfachung in Hochbau und Tiefbau getrennt, lässt sich deutlich erkennen, dass der Einsatz der Drohne im Tiefbau während der Bauphase zunehmend mehr Anwendung findet. Dies ist jedoch der Tatsache geschuldet, dass bei der Nutzungsanalyse die Datenverarbeitung der Drohnen ‚sichtbare‘ und großflächige Objekte besser scannen können, während die Drohnentechnologie im Hochbau noch nicht die Möglichkeit bietet, Innenräume ­digital aufzunehmen. Im direkten Vergleich lassen sich im Straßenbau alle relevanten Größen messen, die in Leistungsbeschreibung und -verzeichnis vertragsrelevant sind. Somit kann geschlussfolgert werden, dass die Datenaufnahme, -aufbereitung sowie -verarbeitung für linienförmige Bauwerke und/oder Gebäude mit einer geringeren Komplexität zum jetzigen Zeitpunkt am ehesten den „Stand der Technik“ dieser Technologie darstellen.

Abfallumladeanlage in Hamm

In Kooperation mit dem Bauunternehmen Beton- und Monierbau GmbH konnte ein Pilotprojekt zur Verifizierung des erstrebten Drohnenpotenzials mit und ohne Anwendung der BIM-Methodik rea­lisiert werden. Die Kernthematik des Projekts lehnte sich an die Forschungsfrage an, wie der Einstieg für Unternehmen in die BIM-Methodik mit besonderem Fokus auf diverse BIM-Tools in Verbindung mit dem Einsatz von Drohnen gestaltet werden kann. Hierfür wurde ein einfaches Inge­nieurbauwerk gewählt, um in kürzester Zeit ein BIM-Modell aus den Planungsdaten zu erstellen (2D-to-BIM). Zudem sollte mit Hilfe der Punktwolke ein As-built-Modell entstehen (Scan-to-BIM-Verfahren), um mögliche Abweichungen zwischen dem Soll- und Ist-Zustand weitestgehend zu erkennen. Dabei sollte erprobt werden, inwieweit der photogrammetrische Ansatz durch die Drohne für die Punktwolke eine Erfassung der einzelnen Bauwerke ermöglicht, d.h. mit welcher Genauigkeit bestimme Konstruktionen erfasst und im CAD-Programm für eine Modellierung des BIM-Modells implementiert werden können. Weiterhin galt es, der Abrechnung besondere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Hierfür war entsprechend zu ermitteln, inwieweit die Drohne dafür einsetzbar ist und welche wesentlichen Arbeitsprozesse übernommen werden können.

Das hier untersuchte Bauwerk stellte aufgrund seiner einfachen Konstruktion keine große Herausforderung für die Untersuchung baubetrieblicher Fragestellungen dar. Daher lag der Fokus auf den Variantenuntersuchungen für die Verfahren ‚Scan-to-BIM‘ und eine abgeleitete automatisierte Abrechnung. Zudem sollte mit Hilfe der evaluierten Erkenntnisse die Handhabung mit BIM und die Einführung der Technologie im Unternehmen strukturiert und transparent dargestellt werden. Die geringe Komplexität des Bauvorhabens gewährt ein besseres Verständnis für die Thematik ‚BIM und Digitalisierung‘, mit dem Ziel, Kompetenzen aufzubauen, ohne dabei den Betrieb des Unternehmens zu überfordern. Ein Schlüsselbegriff hierfür ist die digitale Automation: mit wenig Aufwand mehr Effizienz erreichen. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Weg von herkömmlichen Methoden zu Digitalisierungen stets mit einem gewissen Aufwand verbunden ist.

Automation und Drohneneinsatz

Generell ist unter Automation die Vereinfachung und Übernahme von relevanten Arbeitsschritten und -prozessen zu verstehen. Doch wie lässt sich die Automation in Verbindung mit Drohneneinsätzen gestalten? Bei näherer Betrachtung bietet die Funktionalität der Drohne zahlreiche grundsätzliche automatisierte Verfahren an. Wesentlich ist dabei die Unterscheidung nach dem Automatisierungsgrad, so müssen einige Funktionen, zum Beispiel die Erstellung der Punktwolke, mit der Implementierung der Daten händisch in der Software zugefügt werden. Auch hierfür gibt es bereits automatisierte Ansätze mit bestimmen Cloud-Lösungen. Folgende Prozesse konnten mit Hilfe diverser Feldversuche auf der Baustelle vollständig bis teilweise automatisiert werden:

– Automatisierte Datenaufnahme für die Punktwolke mittels autonomer Flüge

– Erstellung der Punktwolke durch Cloud-Lösung

– Aufmaß und Mengenermittlung innerhalb der Punktwolke

– Baudokumentation und Baufortschrittskontrolle innerhalb einer cloudbasierten und drohnengestützten Plattform

– Scan-to-BIM-Methode mit drohnengestützter Punktwolke zu einem 3D-BIM-Modell, unterstützend mit dem 3D-Mesh-Verfahren

Die Besonderheit der Drohnentechnologie liegt in der Geschwindigkeit der Datenerfassung und der bis zum jetzigen Zeitpunkt möglichen erzielbaren Qualität. In dem zuvor genannten Pilotprojekt dauerte das Überfliegen des gesamten ­Areals 30 bis 40 Minuten – und dies vollkommen autonom. Die dadurch gewonnenen Daten ließen sich zu einer Punktwolke generieren, die für alle späteren Prozesse relevant ist und als Basis dient.

Schlussendlich entsteht aus dem Abgleich der Rea­lität, ein geometrischer Körper, auch ‚Digital Twin‘ genannt, indem sich verschiedene Größen (m, m² und m³) ermitteln lassen. Hinsichtlich einer Mengen­ermittlung für die baubetrieblich konforme Abrechnung sind dadurch alle relevanten Maße wie Linien­-, Flächen- und Raummaß ermittelbar, jedoch ohne Berücksichtigung der nach Norm und VOB gerichteten Regeln der Abrechnung. Zusätzlich ist das Ergebnis einer drohnengestützten Punktwolke flächendeckend, was bedeutet, dass in dem gescannten Bereich alle Bauteile, Schichten und Baugruben abgesteckt und ausgewertet werden können. ­Zudem bietet das Verfahren bei komplexen Bauten mit Formungen und Krümmungen eine unkomplizierte Berechnung und vereinfacht somit das Erstellen von Aufmaßen.

Des Weiteren schaffen die Anwendung der Drohne eine zyklische Aktualität der Punktwolke in den verschiedenen Bauphasen des Projekts. Des Weiteren verschaffen cloudbasierte und drohnengestützte Plattformen in den verschiedenen Stufen des Vorhabens Zeitachsenanalysen. Auf diese Weise können Massenbewegung, Lieferungen und Einbauten nachverfolgt und dokumentiert werden. Dabei liegt die Besonderheit darin, dass dies ortsunabhängig geschehen kann – ein wesentlicher Vorteil, wenn mehrere Baustellen begutachtet werden müssen.

Bei der Scan-to-BIM-Methode zeigten sich die ers-ten Problemstellen einer photogrammetrischen Punktwolke mittels einer Drohne, da für die Modellierung der Stahlkonstruktionen die Genauigkeit der Verbindungen und der Positionen der Stützen und Träger nicht symmetrisch, wie im Planungsmodell und in der Realität, abgebildet wurden. Darüber hinaus zeigte die Punktwolke in einigen Details Lücken in den ‚feinen‘ Verbindungskonstruktionen auf, die aber durch sinnvolle Verknüpfungen im geometrischen Modell geschlossen werden konnten. Bei den großflächigen Bereichen ließen sich mit dem Einsatz des 3D-Mesh-Verfahrens schnell und effizient 3D-Körper erstellen.­Besonders relevant wurde das BIM-Modell bei der modellbasierten Abrechnung in Verknüpfung mit dem Leistungsverzeichnis. Hier konnten gemäß den Positionen mithilfe von Abrechnungssoftware VOB-konforme Mengenermittlungen erstellt werden. Generell erwies sich durch die Drohnenanwendung in Verbindung mit der verfügbaren Software, dass sich zahlreiche Arbeitsprozesse digital und automatisiert abbilden sowie ableiten lassen. Die Thematik ‚Scan-to-BIM‘ etablierte sich als guter Einstieg in die BIM-Welt; so konnten bereits Vorteile, wie die der modell- oder punktwolkenbasierten Abrechnung, Baudokumentation und Baufortschrittanalyse, gewonnen werden. Die weiterführenden Ziele sind die Erprobung der Drohnenanwendung auf weitere Anwendungsbeispiele mit komplexeren Bauten. Hierbei ist es entscheidend, den Mehrwert in allen Bauphasen für alle Beteiligten transparent darzustellen, um diesen in weiteren Projekten als Standard zu etablieren.

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