Erwartung, eine HaltungDer Solar Decathlon Europe in Madrid ist entschieden
¿Solar qué? So hieß es in Madrid auf die Frage nach dem Weg zum ersten Solar Decathlon Europe. Solar was? Während Fachleute aus Europa und den USA den Wettbewerb der solaren Wohnhäuser genau verfolgen, geht der Trubel vor allem am Madrilener und den vielen Touristen der Stadt vorbei. Verständlich, denn die sechs Millionen Einwohner der Region sind entweder der Wohnimmobilienthemen überdrüssig oder waren mit der WM beschäftigt. Rund 190 000 Interessierte besuchten das solare Dorf, nur knapp die Hälfte der Besucherzahlen in Washington.
Seit 2002 entwickelte sich der Solar Decathlon von einem studentischen zu einem immer aufwändigeren und prestigeträchtigeren Wettstreit. Eine 18-köpfige Jury bewertet die Häuser nach zehn Kriterien, die wichtigsten sind Architektur, Raumklima, solare Techniken, Ausstattung und Energiebilanz. Zwei Jahre arbeiten die Studenten an den Häusern, dabei entstehen Profihäuser, in denen jede Menge Technik und Know-how steckt. Das ist vor allem den Fachleuten aus kooperierenden Instituten, dem Fraunhofer zum Beispiel, und aus den Forschungsabteilungen der großen Firmen geschuldet. Diese stellen Material und auch Mitarbeiter zur Verfügung, die sich zumindest zeitweise ganz dem Wettbewerb widmen. Nicht selten unterstützen an die hundert Partner und Sponsoren die bis zu 50 Teilnehmer eines Studententeams. Alleine an der PR arbeiten bis zu zehn Studenten, dazu kommen Fotografen, Texter und Imagefilmproduzenten. Das ist mehr, als sich eine mittelständige Firma leisten würde, ein echter Kraftakt für ein 74 m² großes Wohnhaus – auf rund 1 Mio. € inklusive schätzt zum Beispiel das Team Berlin seinen Protoypen.
Doch das Siegerhaus ist ein Imagegewinn, wie das Surplushaus von Darmstadt (Sieger im SD 2009) beweist. Es tourte durch deutsche Städte, präsentierte die Universität und die kooperierenden Firmen an prominenten Plätzen wo Werbung sonst teuer bezahlt oder nicht möglich wäre. Und auch in den USA kennt man nun den German Passivhausstandard. Vor allem dort, nicht im solaren Dorf, werden Passanten zu möglichen Kaufinteressenten. Eine schlechte Platzierung macht sich nicht gut, Experimentelles ebenso wenig. Nicht nur der Druck, aufs Treppchen zu kommen, auch der, bei Passanten wahrgenommen zu werden, wächst mit den Investitionen und den Sponsoren. Und so bemühen sich die Teams mit kleinen Imagebroschüren, guter Laune und sogar mit Dirndl und Lederhose um Sympathiepunkte. Verkaufen, das perfektionieren die Studenten hier; zuweilen besser als jeder Staubsaugervertreter.
Keine Frage, der Wettbewerb fördert die Entwicklung von neuen Produkten, bringt die Technik energieeffizienten Bauens voran, lehrt die Studenten mehr als es ihr Studium tut – Synergien gibt es viele, Erwartungen aber auch. Rosa Grewe, Barcelona