Gründerzentrum aus Beton

FUX – Festigungs- und Expansionszentrum, Karlsruhe

Junge Unternehmen finden seit Kurzem einen Platz im FUX in der Karlsruher Oststadt. Das sechsgeschossige Gebäude von Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten aus Stuttgart ist eine Art veredelter Rohbau mit Loftcharakter, der von Beton in unterschiedlichen Qualitäten geprägt ist.

Das Festigungs- und Expansionszentrum FUX – so der offizielle Name des neuen Stadtbausteins für die Gründerszene in der Karlsruher Oststadt – markiert auf dem knapp 8 ha großen Konversionsgelände des ehemaligen Schlachthofs genau genommen die Grenze zwischen dem bebauten Teil und dem Karlsruher Messplatz, der ganzjährig für Festivals, Jahrmärkte und Veranstaltungen genutzt wird. Insofern bildet das Bauwerk auch einen baulichen Hintergrund für das bunte Treiben auf dem Messplatz mit Fahrgeschäften, Verkaufs- und Essenständen. Den im Jahr 2015 europaweit ausgelobten Wettbewerb für dieses Vorhaben konnten Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten aus Stuttgart für sich gewinnen. Ihr Entwurf besteht aus einem zweigliedrigen, in Höhe und Breite gestaffelten, langgestreckten Gebäuderiegel mit klar strukturiertem Fassadenraster und einem geschlossenen Erdgeschosssockel auf der dem Veranstaltungsgelände zugewandten Seite.

Effiziente Gebäudestruktur

Die recht strenge Strukturierung des Gebäudes, die sich auch im Innenraum deutlich abzeichnet, ist bereits ein wichtiger Teil des gestalterischen Konzepts der Architekten, die eine „dynamische Nutzung“ in dem Gründerzentrum erwarten und mit ihrem Entwurf außerdem an die industrielle Geschichte des Areals erinnern möchten. So war es ihr Anliegen, eine maximale Flexibilität in der Durchmischung der Raumgrößen zu ermöglichen und das FUX schließlich als zeitgenössisches Loftgebäude zu konzipieren, mit einem Raster von 1,25 bzw. 3,75 m, in dem sich alle gewünschten Konfigurationen sinnvoll realisieren lassen.

Das strikte, konstruktive Raster des Bauwerks ist als sechsgeschossiges Raumgerüst aus Stahlbeton mit klarer geometrischer Ordnung entwickelt. Das vereinfacht vor allem die Planung über alle Gewerke und minimiert mögliche Fehlerquellen beim Bau wie auch beim Ausbau mit der Haustechnik. Augenfällig ist, dass die Stahlbetonoberflächen im Innenraum recht roh und materialfarben belassen wurden.

„Für exponierte Betonflächen wird bewusst auf eine hohe Sichtbetonklasse verzichtet. Den Nutzern können nun kostengüns­tige Mietflächen in einem veredelten, unprätentiösen Rohbau mit Loftcharakter angeboten werden“, erläutert die Architektin Liza Heilmeyer. Damit wollen sie einen industriellen Charakter erzeugen, betont noch durch die Verwendung von Halbzeugen, kontrastiert durch einige wenige gezielt gesetzte Akzente in der Möblierung. Die Betondecken werden außerdem für den Einsatz einer Bauteilaktivierung genutzt, deren Beheizung und Kühlung aus geothermischer Wärme und Kälte stammt.

Hochwertige Betonfassade

Dem tragenden Stahlbeton-Rohbau folgt an der Außenwand eine 20 cm dicke Dämmschicht samt 3,5 cm Luftraum. Die äußere Haut schließlich bilden 14 cm starke Betonplatten, die über Edelstahlanker vorgehängt sind. Sie wurden von der Zuber Holding in Crailsheim geliefert, die als bsp-plan für die Planung und als Zuber Beton gleichzeitig für die Herstellung der Betonfertigteile verantwortlich war. Sie optimierten die Fassadenkonstruktion. Dazu Laurenz Zuber, Zuber Holding: ­„Die Ausführung der Fassade wurde von uns als Sonderlösung umgeplant und optimiert. Vor allem durch das Zusammenfassen von Stütze und Riegel in der Fassadenverkleidung zu einem einzigen, quasi O-förmigen Betonelement konnte die Anzahl der Fassadenelemente um rund 65 % reduziert werden, ohne die vom Architekten gewünschte Optik zu beeinflussen.“

Um dennoch das von den Architekten gewünschte, gleichmäßige Stoßfugenbild zu erhalten, wurden die Fertigteile teilweise mit Scheinfugen versehen. Die Ecken sind scharfkantig. An den Gebäude-Stirnseiten werden in den nächsten Jahren Pflanzen emporklettern. Bei allen Fassadenplatten kam die höchste Sichtbetonqualität SB 4 zum Einsatz, wodurch die Außenhaut eine fast samtige Oberfläche erhält – ein Effekt, der durch die bewusste Weißfärbung des Betons noch verstärkt wird. Damit bildet die Außenansicht auch einen Kontrast zur kreativen Industrie-Atmosphäre des Innenraums, in dem die Haustechnik sichtbar an den Betondecken mittels verzinkter Stahlrohre und Kabelpritschen befestigt ist.

Raum für Kreativität

Hinter alledem steckt der Anspruch, für die Nutzer kostengüns­tige Mietflächen in einem veredelten, unprätentiösen Rohbau zu schaffen. Vor allem Unternehmen der Kultur- und Kreativbranche, die ihre Gründungsphase erfolgreich absolviert haben, wünscht sich die Bauherrin, die Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG, für die rund 3 300 m². Zumindest was das räumliche Angebot mit Caféteria, Coworking-Bereichen, gemeinschaftlichen Seminarbereichen und Mieterbüros sowie  was die gestalterische Atmosphäre angeht, ist es den Planern von Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten gelungen, eine zurückhaltende, dennoch inspirierende, räumliche Basis zu erzeugen, um sich nun in der Folge das Gebäude quasi prozesshaft anzueignen. Die unterschiedlichen Betonflächen sind dabei ein wichtiger gestalterischer wie konstruktiver Baustein im Entwurf.

Nicht zuletzt konnten die Planer durch die Optimierung der Flächen und Kubaturen, die Auswahl weniger, industrieller Materialien sowie durch ein angemessenes Technikkonzept (so wenig wie möglich, soviel wie nötig) die ehrgeizigen Vorgaben des Budgets einhalten. Bleibt nun also zu hoffen, dass diese Rahmenbedingungen und die dafür veranschlagten Mieten von den potentiellen Mietern angenommen werden. Übrigens: Der Name „FUX – Festigungs- und Expansionszentrum“ hat sich aus dem Arbeitstitel „Wachstums- und Existenzfestigungszentrum“ entwickelt und wurde in einem Namenswettbewerb unter einer Vielzahl von Vorschlägen ausgewählt. Schlau wie ein Fuchs eben. ⇥Thomas Geuder, Stuttgart

Baudaten

Objekt: FUX – Festigungs- und Expansionszentrum

Standort: Alter Schlachthof 33, Karlsruhe

Typologie: Gründerzentrum / Bürogebäude

Bauherr: Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG

Nutzer: Wirtschaftsförderung Karlsruhe, verschiedene Firmen und Start-ups

Architekten: Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten, Stuttgart,

www.bhundf.com

Team: Timo Sprengel, Mykola Holoviznin, Pilar Gordillo

Bauleitung: Konstantin Biek

Bauzeit: Februar 2017 – April 2019

Fachplaner

Tragwerksplaner: Mayr Ludescher Ingenieure, Stuttgart,

www.mayr-ludescher.com

TGA-Planer (HLS): Paul Gampe + Partner, Esslingen,

www.pgp-ingenieure.de

TGA-Planer (E): Ingenieurgesellschaft Jergler, Rheinstetten

Bauphysik/ Energieplaner: Bobran Ingenieure, Stuttgart,

www.bobran-ing.de

Brandschutzplaner: AGB Ingenieurbüro für Brandsicherheit, Bruchsal, www.brandschutz-agb.de

Planung Fertigteilfassade: bsp-plan GmbH & Co. KG, Crailsheim,

www.bsp-plan.de

Projektdaten

Grundstücksgröße: 3 800 m²

Nutzfläche: 2 800 m²

Technikfläche: 80 m²

Verkehrsfläche: 800 m²

Brutto-Grundfläche: 3 800 m²

Brutto-Rauminhalt: 14 250 m³

Baukosten (nach DIN 276)

Gesamt brutto: 7,6 Mio €

Energiebedarf

Primärenergiebedarf: 73 kWh/m²a nach EnEV 2016

Endenergiebedarf Wärme:

28 kWh/m²a nach EnEV 2016

Endenergiebedarf Strom:

13 kWh/m²a nach EnEV 2016

Jahresheizwärmebedarf:

23,8 kWh/m²a nach PHPP/EnEV 2016

Hersteller

Betonfertigteile: Zuber Beton GmbH, www.zuber-beton.de

Rohbau Beton: Moser GmbH & Co. KG, www.moser-bau.de

Fassade: Schüco International KG, www.schueco.com

Sonnenschutz: WAREMA Renkhoff SE, www.warema.de

Absturzsicherung Edelstahlnetze: Jakob Deutschland, www.jakob.com; Carl Stahl GmbH, www.carlstahl.de

Leuchten: Trilux GmbH & Co. KG, www.trilux.com

Ein kluger, strenger, funktionaler, transparenter, flexibler und räumlich spannender Bau als Raumgerüst konzipiert. Die exponierten Betondecken sind sehr gut für den Einsatz einer Bauteilaktivierung geeignet.

⇥DBZ Heftpartner Bruno Fioretti Marquez, Berlin

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