Beton_Mauer_Haus

Ferienhaus, Ullastret (Girona)/ES

In der Region Girona im Norden Kataloniens steht ein lang gestrecktes Ferienhaus aus Beton. Für den Neubau haben die Architekten Harquitectes die historische Grundstücksmauer abbauen lassen und die Mauersteine in die Betonkonstruktion des Hauses integriert. Nach dem Ausschalen wurde die Straßenseite der Außenwand bossiert, sodass die alten Mauersteine wieder zum Vorschein kamen. Betonschicht für Betonschicht wurde in viel Handarbeit gegossen, um das Haus so in die Topographie des Geländes einzufügen.

In dem kleinen katalonischen Ort Ullastret haben die Architekten Harquitectes ein Ferienhaus geschaffen, für das sie eine historische Grundstücksmauer abbauten und die Mauersteine in die Betonkonstruktion des Hauses integrierten. Nun wirkt die Straßenfront des Neubaus so, als ob die alte Mauer niemals abgerissen worden sei. Auf diese Weise ist das lang gestreckte Haus aus Beton perfekt in den Ort und das Gelände eingepasst.

Haus als Mauer

Die historische Steinmauer markierte jahrelang das Grundstück, das sie einmal komplett umfasste. Nur die Kronen der Bäume im Garten überragten sie. Weil die Mauer einem Ausbau der Straße im Wege stand, sollte sie abgerissen werden. Statt sie einfach wegzulassen und ein neues Haus mitten auf das Grundstück zu setzen, beschlossen die Architekten, die Mauer zum Thema zu machen. Denn das Team von Harquitectes aus Sabadell bei Barcelona möchte immer nur solche Bauwerke schaffen, die sich durch ihre Materialität und Bauweise in den Ort einfügen und die mit ihrer Struktur auf die Umgebung und die Nutzer eingehen. In Ullastret ist für eine Familie ein lang gestrecktes L-förmiges Haus aus Sichtbeton entstanden, das sich zum Garten hin mit großen Glasfronten öffnet und das der Topografie des Grundstücks folgt.

Experiment Beton

Die Bauweise sei tatsächlich ein Experiment gewesen, ­erklären die Architekten. Zunächst wurde die alte Steinmauer Stein für Stein abgetragen, die Steine wurden zwischengelagert. Anschließend begannen die Schalungsarbeiten für die neue Außenwand. In Halbmeter-Schritten wurde so Schicht für Schicht betoniert. Für eine Schicht goss man zunächst 20 cm Beton und platzierte anschließend die Steine der alten Mauer darin von Hand. Die Betonmischung bestand jeweils aus Kalkmörtel, aus Sand (Erde) vom Grundstück und einem Leichtzuschlag aus Blähglas, der zur Isolierung dient. Durch das schichtweise Vorgehen konnte das Bauunternehmen genau auf die Topografie eingehen. Eine der großen Herausforderungen bei diesem Projekt war, dass sehr viel Handarbeit nötig war. Die Architekten erinnern sich, dass die Handwerker sich diesen Herausforderungen gerne gestellt hatten und immer sehr motiviert waren. Auch die Schalungen der Wandöffnungen wurden von Hand gefertigt.

Nachdem die Wände komplett bis nach oben betoniert worden waren, entfernte man die Schalungen. Um die Mauer entlang der Straßenseite wieder wie eine Steinmauer wirken zu lassen, folgte dann der letzte Arbeitsschritt: Die Außenseite wurde bossiert, also von den Handwerkern mit Steinmeißeln abgeklopft, sodass die Steine aus dem Beton wieder in Erscheinung traten. Diese Bauweise kennen wir bereits von Betonbauten des Brutalismus, wo Sichtbetonwände bossiert wurden, um Strukturen zu schaffen, z. B. bei Bauten von Paul Rudolph auf dem Campus der Yale-Universität, New Haven/USA.

Doch nicht nur die Außenmauer des Ferienhauses in Ullastret besteht aus Beton. Die gesamte Tragkonstruktion des eingeschossigen, nicht unterkellerten Hauses ist betoniert. Innen sind die tragenden Wände glatt geschalte Sichtbetonwände. Innen zeigt auch die „Außenmauer“ ihre glatte Schalungsseite.

Struktur und Energie

Von der geschlossenen Außenseite öffnet sich das Haus mehr und mehr zum Garten. Der Grundriss ist in verschiedene Zonen unterteilt, die die privateren Bereiche von den Gemeinschaftszonen trennt. In einer Art „Korridorzone“ befinden sich Bäder oder „betonierte Nischen“, die als Ablageflächen oder zum Sitzen dienen. Die Fassade zum Garten besteht aus raum­hohen Glasfronten, die im Sommer komplett geöffnet werden können und so für die Durchlüftung und Kühlung des Hauses sorgen. Geschlossen wirken sie im Winter wie ein Wärmepuffer. Sie lassen die Sonnenstrahlen tief einfallen, sodass die innen liegenden Betonwände die Sonnenwärme speichern und langsam wieder abgeben können. Das Haus arbeitet nahezu zu 100 % mit der Nutzung „passiver“ Energien beschreiben die Architekten ihr ökologisches Konzept. Vorteil ist natürlich die Lage in einer Region, in der es kaum Frost gibt und in der es auch nur selten länger regnet. Sollten die Temperaturen doch einmal längere Zeit fallen, hat das Haus auch einen Kamin und einen Ofen, der mit Biomasse betrieben wird.

Auf die Frage, was ihnen vom Bauprozess in Erinnerung geblieben und was das Besondere an dem Haus sei, antworten die Architekten, dass das schwer zu sagen sei. Das Haus sei langsam aber stetig gewachsen und es habe keine großen Überraschungen gegeben. Aber als es dann schließlich fertig war, war die größte und schönste Erfahrung, die realisierte Idee vom Wohnen und Leben auf einer großen Veranda – und zwar in dem Moment, wenn alle Fenster weit geöffnet sind. Dieses Gefühl, kombiniert mit der Wahrnehmung der Topografie, macht es zu einer ganz speziellen Architektur, die genau zu diesem Ort passt. „Das Haus ist auf dem Grundstück angekommen“. Susanne Kreykenbohm, Hannover

Ein Haus, das als Zaun fungiert, komplett mit tragenden Wänden gebaut. Der Beton ist hier archaisch und monolithisch mit den wiederverwendeten Steinen der alten Mauer ver­mischt.« ⇥DBZ Heftpartner Bruno Fioretti Marquez, Berlin

Baudaten

Objekt: Ferienhaus in Ullastret/ES

Standort: Ullastret (Girona)/ES

Typologie: Wohnhaus

Bauherr und Nutzer: privat

Architekt: Harquitectes, Sabadell (Barcelona)/ES (David Lorente, Josep Ricart, Xavier Ros, Roger Tudó), www.harquitectes.com

Mitarbeiter (Team): Montes Fornés, Maya Torres

Generalunternehmer: Burgos Gasull SL, La Bisbal d‘Empordà (Girona)/ES, www.burgosgasull.com

Bauzeit: Mai 2016 – Juli 2017

Projektdaten

Grundstücksgröße: 1 106 m²

Nutzfläche: 242 m²

Brutto-Grundfläche: 330 m²

Brutto-Rauminhalt: 990 m³

Baukosten

Gesamt brutto: 428 000 €

Hauptnutzfläche: 1 769 €/m²

Brutto-Rauminhalt: 432 €/m³

Energiebedarf

Primärenergiebedarf: ca. 22,34 kWh/m²a

Jahresheizwärmebedarf: ca. 2,37 kWh/m²a

Hersteller

Fenster: Iscletec, www.iscletec.com

Isolierung(Blähglas): Poraver, www.poraver.com

Türen: Fusteria Serradell, www.fusteriaserradell.com

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