Gemischte Gefühle: Audi Urban Summit
www.audi-urban-future-initiative.com

Wie sieht die Zukunft der Städte aus? Düster (Ridley Scott) oder luftig, grün, paradisisch (Frank Lloyd Wright)? Der Blick auf die Gegenwart und die Prognosen auf zukünftige Zeiten großer Stadträume beschäftigt nicht bloß die Architekten sondern auch die Unternehmen dieser Welt. Insbesondere die Automobilindustrie, denn sie kann keine Autos vom Band rollen lassen, wenn die Bandgeschwindigkeit größer ist, als die auf den hoffnungslos verstopften Straßen. Was aber machen, wenn immer noch „Dynamik und Individualität“ geliefert werden soll, mit denen in der übervollen Stadt aber kein Staat mehr zu machen ist? Rupert Stadler, Vorstands­vorsitzender bei Audi möchte zweierlei: Erstens – weil er selbst in einer solchen übervollen Stadt nicht leben will – müsste man die Städte verändern. Und zweitens: die Autos. So lud er 2010 zum Audi Urban Future Award, in welchem innovative internationale Architekturbüros Visionen von automobiler Zukunft entwarfen, in welchen der vierrädrige Protagonist ganz anders vorkommt.

Dem Wettbewerb folgten weitere Veranstaltungen wie jetzt der in Frankfurt am Main im direkten Vorfeld der IAA organisierte Audi Urban Summit, zu welchem die VW-Tochter noch einmal zum Gedankenaustausch aufforderte. Der im Rahmen der von Stylepark kuratierten Initiative durchgeführte Kongress generierte weitere Statements so genannter Keynote-Speaker, die in anschließenden Workshops mit Architekten, der Politik und Journalisten vertieft wurden. Gab es ein Ergebnis? Wurde eines erwartet?

Das Auto der Zukunft verbrennt kein Benzin mehr. Es wird gas- und/oder stromgetrieben sein. Und – Revolution! – es soll eine Schnittstelle werden zwischen öffentlichem und privatem Raum, zwischen Realität und Virtueller Welt (z. B. Web 2.0). Es soll integraler Bestandteil der gesamten städtischen Mobilität werden, sich also den Verkehrsraum gleichberechtigt mit allen teilen. Aus Sicht von Audi (Rupert Stadler) wird das Auto allerdings „immer emotional“ bleiben müssen; jedenfalls so emotional, wie mancher heute sein iPad anschaut, anfasst, auffasst.

Also Gestaltung. Wie die aussehen könnte, davon gab es am Vorabend der Summit-Veranstaltung einen Vorgeschmack im Audi-Pavillon (Arch.: Schmidhuber + Partner). Hier wurden in bester Lightshow-Manier zwei Technikstudien präsentiert; der „urban concept“ und der offene „urban concept Spyder“. Der bewusste Bezug auf den Elektroautoprototypen von Slaby-Beringer (1919) deutet auf Kontinuität und verweigert die Revolution. Doch was hätte Audi zeigen können in einem Umfeld, in welchem „Adam Riese permanent auf dem Beifahrersitz“ sitzt (Kay Lindemann, Verband der Automobilindustrie)? Hier, auf dem Messegelände in Frankfurt, nicht im „The Squaire“ über dem Fernbahnhof mit Flughafenanschluss, in welchem der Kongress tagte, hätte man ein Statement ganz anderer Art erhofft, die teils provozierenden Aussagen der Award-Teilnehmer, die Rückmeldungen und internen Diskussionen zum Thema „Urbanisierung des Automobils“ (Saskia Sassen) bieten doch Möglichkeiten, zeigen Perspektiven, wie Audi in die Zukunft blicken könnte. Dass die urbanen Konzeptstudien auf vier Rädern nicht mehr zu sein scheinen, als ein Angebot an gutsituierte Sechzehnjährige, muss als vertane Chance betrachtet werden. Messe-Besucher, die hier hätten aufgeweckt (aufgeschreckt?) werden können, staunen allenfalls über zwei sportliche Fahrzeuge, in welche man natürlich keinen Kinderwagen einpacken kann.

So mag man hoffen, dass die Fragen, die Reaktionen auf die Thesen des Kongresses etc. einsickern in das Adam-Riese-Denken der Vorstände. Ansonsten werden wir die Städte der Welt nicht von Audi oder Merce-des befahren sehen, sondern von Endgeräten aus dem Hause Apple und/oder Aldi. Das längst veraltete Kommunikations- und Identifikationsmodell Auto steht vor Bedeutungsverlust oder Bedeutungswandel. Die jetzt noch Ungeborenen werden allein über einen klug und nachhaltig eingeläuteten Wandel die so genannten Premium-Marken als solche noch erkennen können; und dann vielleicht auch konsumieren. Be. K.

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