Gute Frage, viele Antworten
Haben Sie davon schon gehört: vom Recht, in der Stadt zu schlafen? Oder davon, dass Obdachlosigkeit verboten ist? Was können wir uns unter „Eine Stufe besser als die Straße“ oder was unter: „Wer ist der nächste?“ vorstellen? Es geht um die zunehmende Obdachlosigkeit in der Welt; darum, warum immer mehr – und zwar sehr viel mehr – Menschen aus ihren Wohnungen müssen und damit dem Draußensein ausgeliefert sind. Ganze Familien richten sich dort ein, wo sie Schutz vermuten, an einem Ort, der zum Leben außerhalb des zunehmend priviligiert erscheinenden Alltagslebens taugt.
Das Thema ist ein unerfreuliches, darum ein vielfach verdrängtes. Doch die Lagerstätten nehmen zu, drängen sich auf, manchem erscheinen sie mitleiderregend, anderen aufdringlich, vielen irritierend und manchen gar ihre Ästhetik störend, abstoßend: unter Brücken, vor Klimaschächten, in Parks, Hauseingängen. Dort ist es vielleicht trocken, mehr aber auch nicht. Wohnungslosigkeit hat in den kapitalistischen Gesellschaften – also auch den sogenannten sozialistischen – systemerhaltende Relevanz: Wer nicht mitkommt, fliegt raus. Können ArchitektInnen dagegen planen?
Vielleicht, der vorliegende Essayband zum Thema, der im Rahmen einer Ausstellung im Architekturmuseum der TU München entstand, zeigt Projekte von PlanerInnen, die auf die Lage der Wohnungslosen mit Architektur reagieren. Dass diese Projekte dem, was in dem Band vorher thematisiert, was hinterfragt und festgestellt wurde, nicht annähernd entsprechen können, zeigt – zumindest dem Rezensenten –, dass gute Architektur immer gute Architektur ist, egal, ob für die Priviligierten oder die, die man auf die Straße geschickt hat. Dass Einzelbauten das Problem der Wohnungslosigkeit nicht lösen, dass die Wohnungslosigkeit eine Aufgabe ist, der sich die Gesellschaft insgesamt annehmen muss, das wird mit dieser Publikation klar. Dafür danke! Be. K.