Im Kern getroffen
Dass der Architekt Livio Vacchini (1933–2007) zu den wichtigsten Vertretern der „Tendenza“ gehört, wie der Verlag anmerkt, erscheint weniger aussagefähig für den Mann zu sein, als dass das Homogene und gebrochen Monumentale seiner Bauten bis heute die Architektur in der italienischen Schweiz und darüber hinaus beeinflusst.
Warum das so ist, wird in der vorliegenden Publikation – die erste Monografie in deutscher Sprache – nicht wie oft üblich über das Werk nachvollzogen. Der Autor geht vielmehr dem (Nach)Denken Vacchinis über das Gebaute nach und bezieht sich dabei insbesondere auf dessen kleine Publikation „Capovalori“. Die darin versammelten zwölf Meisterwerke aus der längeren Architekturgeschichte haben dem Architekten als Orientierungspunkt für sein eigenes Werk gedient. Nicht für das noch zu Bauende, sondern für das bereits Realisierte. Seine Reflektionen nimmt der Autor zum Anlass, die Arbeiten Vacchinis über Schlagworte im Kern zu treffen: Prototyp, Binome, Distribution etc. Dazu stellt er Auf- und Grundrisse synoptisch zur Diskussion.
Dass die Leser zur Arbeit über Vacchini und sein Werk eingeladen werden, ist erfreulich, erforderte allerdings eine wesentlich stringentere Typografie, als sie hier ausprobiert wurde. Der Klarheit verpflichteten und auf Artefakte zielenden Architektur des Tessiners arbeitet sie geradezu entgegen, immerzu muss man sich vergewissern, wer hier gerade spricht.
Insgesamt ist die Arbeit, die ein sehr reduziertes Werkverzeichnis enthält, allerdings eine, die großen Appetit auf mehr macht. Auf mehr Vacchini in Worten und Bildern. Immerhin. Be. K.