Monografie in Bibelformat
„Ein Buch, wie unsere Bauten“, so kommentieren Baumschlager Eberle ihre eigene, aktuellste Publikation: ein Schwergewicht, ein Bibelformat geradezu, aktuell bei Birkhäuser erschienen. Diese auf den ersten Blick schwierige und man könnte sagen, gewagte Analogie, bestätigt sich dann aber doch, das Buch ist sorgfältig und präzise gemacht, von anspruchsvoller Gestaltung, ein klassisch zeitloses Druckwerk, das mit Papier, Typo und Abbildungstechnik ebenso gekonnt arbeitet wie die (meisten) Texte und Fotografien (Claudia Kleins Fotoessay setzt dem trocken klaren Werk der ArchitektInnen einen Unschärfekontrast gegenüber, der das Gebaute dynamisiert).
Eigentlich ein Werkverzeichnis, öffnet das Buch die ArchitektInnen-Welt von Baumschlager Eberle ganz allgemein, teils fast schon privat, teils aber auch über ausreichend tiefe Essays zu wesentlichen Aspekten einer Architekturhaltung, die das Büro eben auszeichnet. Hervorzuheben sind da ganz sicher der Beitrag von N. John Habraken zum Open Building wie der von Gerhard Hausladen und Elisabeth Endres zu Ressourceneffizienz und Baukultur. Die Interviews mit Dietmar Eberle lassen den Menschen und Architekten deutlicher werden, die eingeladenen Wegbegleiter wie Kristin Feireiss oder Vittorio Magnago Lampugnani schauen ein wenig zu sehr auf ihren eigenen Part, den sie in der Beziehung zum Büro in der Vergangenheit spielten.
Dass der Mitherausgeber Eberhart Tröger hier die meisten Texte, insbesondere die Interviews übernommen hat, engt den an sich weit gewollten Blick ein wenig auf eine Sicht ein; ein kleines Manko in dieser derart auf Weite zielenden Publikation.
Das Werkverzeichnis erzeugt zweierlei Reaktion. Einmal ist man überrascht, dass das Büro unglaubliche 600 und mehr Projekte gestemmt hat! Dann – und das ist der Zahl geschuldet – erscheint die Darstellung der Projekte als zu knapp, die meisten werden lediglich über ein kleines sw-Foto, ohne Angabe, ob Wettbewerb, mit welchem Ergebnis etc. gelistet. Darüber hinaus, und in diese Chronologie jeweils zeitgenau eingefügt, gibt es ausführlichere Darstellungen von 39 ausgewählten und 14 „wichtigen“ Projekten, die mit längeren Texten (der verantwortlichen Partner), mit Farbfotos und Plänen aus dem Projektefluss hochschnellen.
Das alles macht – mit einem kleinen Anhang zu Vitae, Publikationen etc. – die Monografie im Gutenbergbibelformat zu einer Büromonografie, wie sie kaum besser gemacht werden könnte. Winziges Fragezeichen am Ende: Man wird in diesem gewaltigen Werk lange suchen müssen, um den Namen Carlo Baumschlager zu finden, der 2010 die Bürogemeinschaft verließ und seitdem eigene Wege geht. Irgendwo in der Literaturliste kann man ihn finden, so, als wäre er eigentlich nicht mehr vorhanden. Dieses Ausklammern auch aus den durchaus persönlichen Gesprächsanteilen in dem Buch, gibt mir zu denken, hinterlässt einen faden Beigeschmack in dieser ansonsten so selbstbewusst auftretenden Dokumentation. Be. K.