Jetzt schon für Workshop bewerben

Ein bisschen schräg? Oder ganz schön schräg? In Hamburg gab es einmal eine Seefahrtschule. Prominent an der Rainvilleterrasse in der Elbsilhouette der Hansestadt gelegen. 2005 musste diese Institution schließen, Seefahrt ist heutzutage ein Termin-, weniger ein Abenteuergeschäft. Dann ging es los, alle, die Geld hatten und Geld erwarteten, wollten kaufen. Es gab Architektenwettbewerbe. Für das Gelände – das Gebäude aus dem Jahr 1935 des Architekten Hans Meyer durfte ruhig verschwinden – wurden Luxuswohnungen geplant; mit dem üblichen Kulturmäntelchen dabei. Doch es regte sich politscher und stadtbürgerlicher Widerstand gegen den Ausverkauf des Öffentlichen, Ende 2011 wurde der Bau unter Denkmalschutz gestellt. Im gleichen Jahr kaufte das Immobilienunternehmen „Team Hamburg“ Grundstück mit Gebäude gemeinsam mit der gmp-Stiftung. Die Stiftung wird hier mit der privaten Academy for Architectural Culture (aac) einziehen, die „Team Hamburg“ baut auf dem ehemaligen Parkplatz der Schule 50 Eigentumswohnun­gen (Michel Kagan Achitecture & Associés, Paris). Mit Elbblick. Zur Akademie kommt noch ein Café/Restaurant der gehobenen Oberklasse mit Elbblick. 2013 sollen Um- und Neubaumaßnahmen abgeschlossen sein, dann kann die aac, keine 1 000 m Luftline vom Hauptsitz von gmp, ihre Arbeit an diesem historischen und durchaus privilegierten Ort aufnehmen. Die Gebühren für einen Workshop liegen zurzeit bei 3 000 €, die möglicherweise, nach eingehender Eignungsprüfung, von der Stiftung übernommen werden.

Schräg erscheint nach alledem die Themenauswahl für den aktuell laufenden Workshop: Unter dem Titel „Urban Exchange: Hamburg – Shanghai. Architecture for the Demands of Today’s Urban Population“ thematisiert er die, wie der Veranstalter schreibt, „alarmierende urbane und gesellschaftliche Tendenz, die sowohl die Entwicklung asiatischer Metropolen als auch den Wandel europäischer Städte bestimmt. Sie bewirkt, dass ärmere Bevölkerungsschichten im Wettbewerb um adäquaten, bezahlbaren innerstädtischen Wohnraum unterliegen und einem ökonomisch dominierten Verdrängungsprozess anheimfallen.“ Hier müsste also der Workshop bei der „Rettung“ der Seefahrtschule ansetzen, die in den Jahren ihres Leerstandes (und beginnenden Verfalls) öffentlicher Raum für alle Hamburger und ihre Gäste war; auch, die nicht zahlten.

Wer sich für die Workshops der Stiftung interessiert und den Ort kennenlernen möchte, der seit mehr als zwei Generationen zum Stadtbild der Stadt Hamburg gehört, sollte sich bald bewerben. Die Auswahlverfahren sind anspruchsvoll und mit entsprechendem Vorlauf zu planen.

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