Kaltdach warmsaniertFlachdachsanierung oberhalb der Abdichtung
Die Sanierung von Flachdächern in Holzbauweise gelingt mit einem Warmdachaufbau oberhalb der Tragkonstruktion nicht nur wirtschaftlich und effizient, sondern auch tauwassersicher und bautechnisch beherrschbar. PU-Hochleistungsdämmstoffe sorgen für optimale Dämmwerte bei minimaler Aufbauhöhe.
Kaltdachkonstruktionen
Belüftete Flachdächer in Holzbauweise erlebten in den 1980er- und 1990er-Jahren einen kleinen Boom. Heute begegnen sie uns wieder − als Sanierungsfälle auf höchstem Niveau. In die Jahre gekommen, machen diese Konstruktionen vermehrt durch Feuchteschäden auf sich aufmerksam. Die Schadensursache in der defekten Dachabdichtung zu suchen, ist sicher nicht abwegig – schließlich waren einige der damals verwendeten Materialien ebenso wie manche Verarbeitungsweisen weit von heutigen Qualitätsansprüchen entfernt. Doch vor allem sollte immer auch der Faktor „Bauphysik“ in Betracht gezogen werden.
„Hinterlüftung“ war das Zauberwort dieser Zeit. Eine belüftete Luftschicht zwischen Wärmedämmung und Abdichtungsebene sollte ggf. auftretende Feuchte, sei es aus
Diffusion oder Konvektion, sicher und für die Konstruktion unschädlich abführen. Entsprechend locker ging man mit der Ausführung von Luftdichtheitsebene und Dampfbremse um – die Hinterlüftung versprach ja eine unerschöpfliche Sicherheitsreserve.
Tücken der Ausführung
Was in der Theorie so wunderbar zu funktionieren schien, scheiterte sehr häufig an den Tücken der Ausführung: Belüftungsquerschnitte wurden, wenn überhaupt, zu gering bemessen, Pfeile in den Detailschnitten der Ausführungsplanung wiesen der Luft einen komplizierten Weg durch völlig unzureichende Be- und Entlüftungsöffnungen, oft genug auch durch aus den Deckenbalken ausgesparte „Mauselöcher“. Die DIN 4108 aus dem Jahre 1981 versuchte, verbindliche Belüftungsregeln für Flachdächer einzuführen. Die entsprechenden Passagen wurden aber, ebenso wie die gleichlautenden Ausführungen im Regelwerk des ZVDH, längst zurückgezogen
und relativiert. Die heutige DIN 4108-3: 2014 weist ausdrücklich auf die Schwierigkeiten
einer funktionsfähigen Belüftung hin.
Die Auswirkungen für den Dachaufbau können verheerend sein: Ohne funktionierende Hinterströmung wird die belüftete Luftschicht zum unbelüfteten Hohlraum im Kaltbereich, das Kaltdach zum Warmdach. Und das mit einem völlig auf den Kopf gestellten Schichtenaufbau: auf der Außenseite eine
nahezu diffusionsdichte Abdichtung, innen eine Dampfbremse mit zu geringem Diffusionswiderstand sowie fragwürdiger Luftdichtheit − und dazwischen viel Holz. In dieser Konstellation sind Feuchteschäden nahezu vorprogrammiert.
Sanieren – aber wie?
Sanierungsansätze gibt es genug – nur wenige führen jedoch auch tatsächlich zum Ziel
einer dauerhaft schadensfreien Baukonstruktion: Die bloße Erneuerung der Dachabdichtung erreicht weder das nach EnEV vorgeschriebene Wärmeschutzniveau, noch beseitigt sie etwaige systematische Schadensursachen. Ohne flankierende Maßnahmen zur Herstellung der Luftdichtheit sowie eines bauphysikalisch abgestimmten Gesamtaufbaus ist sie im Zweifelsfalle vergebliche Mühe. Die Räume unter einem Flachdach sind in aller Regel genutzt. Eine Ertüchtigung der Luftdichtheitsschicht von innen ist mit der Erneuerung aller Decken sowie in der Folge mit hohen Belas-tungen für Bewohner und Budget verbunden, kommt also nicht infrage. Bleibt nur die Sanierung von oben.
Kalt lassen?
Von oben schlaufenförmig ins Gefach eingelegte Dampfbremsen stellen nur scheinbar die „richtige Ordnung“ her. Tatsächlich sind diese Lösungen mit großer Vorsicht zu behandeln. Die Deckenbalken werden hierbei nicht nur dreiseitig durch die Folie eingeschlossen, sondern liegen auch mit ihrer Oberseite im tauwassergefährdeten Kaltbereich. Feuchtevariable Dampfbremsen können zu einer funktionsfähigen Lösung beitragen, ein Allheilmittel sind sie jedoch auch nicht. Ihr Diffusionswiderstand liegt auch im „sperrenden“ Zustand weit unter dem der Dachabdichtung. Ein periodischer Tauwasserausfall im oberen Dachbereich, ausgerechnet der Zone mit dem höchsten Holzanteil, ist unvermeidlich. Auch wenn die bei sommerlichen Klimaverhältnissen nahezu diffusionsoffenen Bahnen eine weitaus höhere Austrocknung versprechen, funktioniert die Trocknung nicht in jedem Fall. Letzten Endes gehören diese Lösungen in die Hände von Experten, die den Einzelfall kompetent beurteilen und mithilfe eines hygrothermischen Simulationsprogramms bauphysikalisch nachweisen können. Bleibt immer noch die Schwierigkeit, die schlaufenförmige Dampfbremse im Detail auch tatsächlich luftdicht auszuführen und anzuschließen.
Wärmstens empfohlen!
In der modernen Bauphysik herrscht Einigkeit, dass eine Überdämmung der Tragkonstruktion die Robustheit der Gesamtkonstruktion deutlich verbessert. Sie trägt nicht nur entscheidend zu einem zeitgemäßen Wärmeschutz bei, sondern mildert auch winterliche Temperaturspitzen ab und reduziert so den Tauwassereintrag. Je größer die Überdämmung, umso besser! Beste Ergebnisse sichert ein Warmdachaufbau oberhalb der Holzkonstruktion. Hier werden keine schlaufenförmig verlegten Dampfbremsen benötigt. Die Luftdichtheit wird einfach, sicher und bewährt durch eine flächig auf der Holzschalung verlegte Dampfsperre, gerne auch in bituminöser Ausführung, hergestellt. Anschlüsse und Bahnenstöße sind gut erreichbar und kontrollierbar, die Dämmschicht ist lückenlos und wärmebrückenfrei. Besonders geeignet sind Hochleistungs-Wärmedämmstoffe aus Polyurethan (PU-Hartschaum). Die Vollflächendämmung mit PU-Dämmstoffen hält die Aufbauhöhen selbst bei gutem energetischen Niveau gering und bietet zudem die Möglichkeit der individuellen Gefälleausbildung. Durch die Überdämmung liegt die Holzkonstruktion im warmen Bereich. Bei Temperaturen oberhalb der Taupunkttemperatur kann kein Kondensat entstehen, weder durch Diffusion noch durch Konvektion infolge ungeplanter Luftundichtheiten. Es gilt: Was warm ist, bleibt trocken − was trocken bleibt, hält ein Gebäudeleben lang!
Win-win-Situation
Zusätzliche Dämmschichten im Gefachbereich sind nicht erforderlich und aufgrund der Wärmebrückenwirkung des Holztragwerks ohnehin weniger wirkungsvoll als eine vollflächige Dämmung. Sie können jedoch zu einer Optimierung der Aufbauhöhe sowie zu einem verbesserten Schallschutz beitragen. Bauphysikalisch unkritisch und mit den Mitteln der DIN 4108-3 nachweisbar sind sie bis zu einem R-Wert von ca. 2/3 der Vollflächendämmung. Mit dem luftdichten Anschluss der Dampfsperre an den Baukörper wird jeglicher Luftstrom unterhalb des Warmdachaufbaus sicher unterbunden und die ehemalige Hinterlüftungsebene somit stillgelegt. Die verbleiben-den Hohlräume zwischen den Deckenbalken liegen nun auf der warmen Seite der Konstruktion und sind, mit Temperaturen oberhalb des Taupunkts, sicher vor Tauwasser geschützt. Und dies sogar, wenn durch Fehlstellen der raumseitigen Bekleidung Raumluft in den Balkenzwischenraum gelangen sollte.
Für den konstruktiven Holzschutz im Sinne der DIN 68800-2 ist eine unbehinderte Austrocknung nach innen wünschenswert. Raumseitige Konvektionssperren oder Dampfbremsen sind daher nicht nur unnötig, sondern eher ungünstig. Vorhandene Folien oder Kaschierlagen sollten entfernt oder perforiert werden. Was dem Elektriker sonst verboten ist, darf er hier ungehindert tun − die Gefache für Leitungsführungen und Installationen aller Art nutzen.