Kathedralen der Kultur, jetzt auf DVD
kathedralenderkultur-derfilm.de

Es gibt ja schon so viele Filme über Architektur, dass man schier verzweifeln möchte. Überblick? Keine Chance. Was nicht schlecht ist, denn wer keinen Überblick hat, dem fällt immer auch etwas ins Auge, das ansonsten unsichtbar bliebe hinter jeder Ordnung.

Der schönste Film über ein Gebäude ist immer noch das reale Erleben eines Gebäudes. Das Sich nähern aus dem Umfeld, das Umkreisen, das – wenn überhaupt möglich – Hineingehen. Das Darinsein. Solche Porträts hinterlassen die tiefsten Spuren, die verlässlichsten Erinnerungen. Was aber, wenn man dafür keine Zeit hat, wenn das Gebäude zu weit weg oder unzugänglich ist? So wie beispielsweise das Halden Gefängnis, ein, wie es im hier besprochenen Film heißt, von der Welt abgeschirmtes Dorf, das der Sicherheitsverwahrung dient? Was aber, wenn man dort gar nicht hinein möchte?

Oder in die Berliner Philharmonie. In die kann man gehen, vor oder nach einem Konzert. Oder mit Führung. Oder das Salk Institut, das Osloer Opernhaus, das Centre Pompidou. Diese könnte man besuchen, aber vielleicht nicht in der Weise, wie das sechs verschiedene Regisseure für uns gemacht haben und uns in jeweils etwa 30 Minuten ihren Favoriten zeigen. Bekannte Bauten allesamt, doch grundverschieden in ihrer Art und Weise, wie sie in der Welt sind.

Man kann in diesem Projekt, das „Kathedralen der Kultur“ heißt und dessen Realisierung wesentlich durch Wim Wender vorangetrieben wurde (er machte den Film über Scharouns Philharmonie) seine Lieblinge neu entdecken. Man kann in sie hineingehen, dorthin, wohin man meistens nicht gelangt. Aufs Dach, ins Archiv, nach Schließung, vor Öffnung. In die Zellen. Jeder der Regisseure gibt in einem kleinen Interview seine Motivation kund, warum er seine Kathedrale wählte. Hauptsächlich, weil das Museum, die Bibliothek oder auch das Gefängnis etwas zu erzählen haben. Das ist Konzept: Die Gebäude erzählen aus ihrer Sicht (Ausnahme: Michael Glawoggers – übrigens letzte – Kamerafahrten durch die gigantische Russische Nationalbibliothek, die er mit Zitaten aus Werken von Gogol bis Dostojewski und der Bibel unterlegt. Glawogger verstarb 2014). Und mit diesen inneren Monologen werden die Häuser zum facettenreichen Spiegel unserer Kultur in Europa und den USA.

Der gerade angesagte 3D-Effekt (Blu-Ray), auf den auch in den Interviews Bezug genommen wird, stört nicht. Jedenfalls nicht bei der gut 2,5 Stunden dauernden Bilderreise, die so kurzweilig, teils so intensiv ist, dass man sich der Zeit kaum bewusst wird.

Verlässlich erinnern wird man sich der Bilder aus Russland, diese grünstichig überirdische Reise durch ein chaotisches Textgebirge, in das hineinzugraben man Kärtchen im Zettelkastengebirge finden und lesen muss, wofür aber wohl kaum noch jemand Zeit aufbringen möchte. Quo vadis, Russland? Be. K.

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